Zur Unentgeltlichkeit der Tilgung einer fremden Schuld
BGH 17.10.2013, IX ZR 10/13Der Kläger ist Verwalter in dem auf einen Eigenantrag vom 6.9.2007 am 1.11.2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der W-GmbH (Schuldnerin). Der Beklagte war als Arbeitnehmer bei einer Schwestergesellschaft der Schuldnerin, der WW-GmbH beschäftigt. Im Anstellungsvertrag hatte er sein Einverständnis damit erklärt, zeitlich befristet auch in Partnerfirmen der Arbeitgeberin eingesetzt zu werden.
Im Februar und März 2007 erbrachte der Beklagte Arbeitsleistungen für die Schuldnerin. Diese zahlte an den Beklagten am 23.2.2007 und am 27.3.2007 jeweils rd. 2.400 € und gab dabei als Verwendungszweck "Gehalt 02 2007 WW" und "Gehalt 03 2007 WW" an. Der Kläger focht die beiden Zahlungen an und verlangt mit der Klage die Rückgewähr von insgesamt 4.800 € nebst Zinsen.
AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Die Gründe:
Mit der vom LG gegebenen Begründung kann die Unentgeltlichkeit der angefochtenen Leistungen nicht verneint werden.
Wird eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es im Hinblick auf die Frage, ob eine Leistung des Schuldners unentgeltlich i.S.v. § 134 Abs. 1 InsO erfolgte, nicht entscheidend darauf an, ob der Leistende selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat; maßgeblich ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Bezahlt der Leistende die gegen einen Dritten gerichtete Forderung des Zuwendungsempfängers, liegt dessen Gegenleistung in der Regel darin, dass er mit der Leistung, die er gem. § 267 Abs. 2 BGB nur bei Widerspruch seines Schuldners ablehnen kann, eine werthaltige Forderung gegen diesen verliert.
Ist hingegen die Forderung des Zuwendungsempfängers wertlos, verliert dieser wirtschaftlich nichts, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann. In solchen Fällen ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung anfechtbar. Vorliegend hat die Schuldnerin den Vergütungsanspruch des Beklagten aus seinem Arbeitsvertrag mit der WW für die Monate Februar und März 2007 erfüllt und damit eine fremde Schuld getilgt. Der Beklagte, der seine Arbeitsleistung für die in Rede stehenden Monate im Wesentlichen schon erbracht hatte, hat diese Leistung unentgeltlich erlangt, wenn seine Lohnforderung gegen die WW wertlos war. Dies wäre etwa der Fall, wenn die WW zum Zeitpunkt der Zahlungen der Schuldnerin zahlungsunfähig und deshalb insolvenzreif war.
Entgegen der Ansicht des LG kann die Entgeltlichkeit der Leistungen der Schuldnerin nicht damit begründet werden, dass der Beklagte gegenüber der Schuldnerin Arbeitsleistungen erbracht hat, die mit den in Rede stehenden Zahlungen vergütet werden sollten. Die Frage der Entgeltlichkeit ist im Zuwendungsverhältnis zwischen dem verfügenden Insolvenzschuldner und dem Leistungsempfänger zu beurteilen. In diesem Verhältnis bestand keine Verpflichtung der Schuldnerin zur Leistung an den Beklagten, welche jene als entgeltlich qualifizieren würde, und auch sonst keine Vereinbarung, nach der die Arbeitsleistungen des Beklagten ein Ausgleich - nicht notwendig eine Gegenleistung i.S.d. §§ 320 ff BGB - für die Leistungen der Schuldnerin waren oder jedenfalls sein sollten.
Nur im Verhältnis zur WW hatte der Beklagte sich damit einverstanden erklärt und dadurch die Verpflichtung übernommen, auf Weisung der WW Arbeitsleistungen auch an die Schuldnerin zu erbringen. Dementsprechend war auch nur die WW ihm zur Lohnzahlung verpflichtet. Nur ihre Zahlungen bildeten das Entgelt für die Leistungen des Beklagten, gleichviel ob er sie gegenüber der WW oder gegenüber der Schuldnerin erbrachte.
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