17.01.2018

Zur unmittelbaren Anwendbarkeit des § 565 BGB zum Schutz des Mieters bei Weitervermietung als Werkswohnung

Eine gewerbliche Zwischenvermietung i.S.v. § 565 BGB kann auch dann gegeben sein kann, wenn der Hauptmieter mit der Weitervermietung der Wohnung selbst keinen Gewinn zu erzielen beabsichtigt, sondern sie als Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern als Werkswohnung zur Verfügung stellt und hierdurch eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt. Diese sind in dem Bestreben zu sehen, für das Unternehmen Arbeitnehmer an sich zu binden und sich Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmen zu verschaffen, die ihren Arbeitnehmern keine entsprechenden Werkswohnungen anbieten können.

BGH 17.1.2018, VIII ZR 241/16
Der Sachverhalt:
Die P-AG vermietete im Jahr 1965 eine Wohnung in Frankfurt a.M. an die M-AG. Diese vermietete die Wohnung (wie in zahlreichen anderen Fällen) als Werkswohnung an einen ihrer Arbeitnehmer, den Beklagten zu 2), und dessen Ehefrau, die Beklagte zu 3), weiter. Die Konditionen des Haupt- und des Untermietvertrages waren jeweils gleich und entsprachen den marktüblichen Bedingungen. Auch Miet- und Betriebskostenerhöhungen wurden in beiden Verträgen in gleicher Weise geltend gemacht. Der Beklagte zu 2) war aufgrund eines Sozialplans der M-AG berechtigt, nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im Jahr 1994 die Wohnung weiterhin als Pensionär zu bewohnen.

Der Kläger ist Rechtsnachfolger der P-AG (auf Vermieterseite). Er kündigte gegenüber der Beklagten zu 1) als Rechtsnachfolgerin der M-AG (auf Mieterseite) den Hauptmietvertrag zum 30.6.2015 und forderte die Beklagten zu 2) und 3) zur entsprechenden Räumung und Herausgabe der Wohnung auf.

Das LG wies die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichtete Klage ab und stellte auf die Widerklage der Beklagten fest, dass der Kläger mit Wirkung ab 1.7.2015 statt der Beklagten zu 1) in den Mietvertrag mit den Beklagten zu 2) und 3) eingetreten ist. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte vor dem OLG ebenso wenig Erfolg wie die vorliegende Revision vor dem BGH.

Die Gründe:
Eine gewerbliche Zwischenvermietung i.S.v. § 565 BGB kann insoweit auch dann gegeben sein kann, wenn der Hauptmieter mit der Weitervermietung der Wohnung selbst keinen Gewinn zu erzielen beabsichtigt, sondern sie als Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern als Werkswohnung zur Verfügung stellt und hierdurch eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt.

Die Bestimmung des § 565 Abs. 1 S. 1 BGB regelt den Fall, dass ein Mieter nach dem Mietvertrag den gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten soll. Sie ordnet insoweit an, dass der Vermieter bei Beendigung des (Haupt-)Mietvertrags in den zwischen dem Mieter und dem Dritten abgeschlossenen Mietvertrag eintritt. Hiermit soll sichergestellt werden, dass bei einer Weitervermietung aus lediglich wirtschaftlichen Interessen dem Endmieter bei Beendigung des Hauptmietvertrages derselbe soziale Kündigungsschutz zur Verfügung steht, den er bei direkter Anmietung gehabt hätte. Eine "gewerbliche" Weitervermietung i.S.v. § 565 Abs. 1 S. 1 BGB setzt dabei eine geschäftsmäßige, auf Dauer gerichtete, mit Absicht der Gewinnerzielung oder im eigenen wirtschaftlichen Interesse ausgeübte Vermietungstätigkeit des Zwischenmieters voraus. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall durch die Weitervermietung der in großem Umfang angemieteten Wohnungen als Werkswohnungen an die Arbeitnehmer der M-AG erfüllt.

Zwar hatte die M-AG seinerzeit die von ihr angemieteten Wohnungen - anders als bei der gewerblichen Zwischenvermietung im klassischen Sinne - nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung (unmittelbar aus der Weitervermietung selbst) an ihre Arbeitnehmer weitervermietet. Aber auch ein Arbeitgeber, der Wohnungen an seine Arbeitnehmer weitervermietet, verfolgt hiermit (zumindest auch) eigene wirtschaftliche Interessen. Diese sind in dem Bestreben zu sehen, für das Unternehmen Arbeitnehmer an sich zu binden und sich Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmen zu verschaffen, die ihren Arbeitnehmern keine entsprechenden Werkswohnungen anbieten können. Dies gilt umso mehr, wenn Wohnraum zu tragbaren Bedingungen für Mieter in einem Ballungsgebiet - wie hier Frankfurt am Main - nicht ohne weiteres zu finden ist. Dieses Verständnis einer "gewerblichen" Weitervermietung steht auch im Einklang mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG).

Im Ergebnis war vorliegend also eine direkte Anwendbarkeit des § 565 BGB zu bejahen, so dass es auf die vom OLG angenommene Analogie nicht ankam. Das OLG hatte die Auffassung vertreten, dass das Untermietverhältnis infolge der Kündigung des Hauptmietverhältnisses in entsprechender Anwendung des § 565 Abs. 1 S. 1 BGB auf den Kläger als Vermieter übergegangen ist, da mangels Gewinnerzielungsabsicht der M-AG zwar keine "gewerbliche" Weitervermietung vorliege die Interessenlage aber hinreichend vergleichbar sei.

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BGH PM Nr. 12 vom 17.1.2018
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