Zur Untreue durch verweigerte Freigabe von Sicherheiten
OLG Celle 18.7.2013, 1 Ws 238/13Der Antragsteller hatte im Januar 2013 Strafanzeige gegen die Beschuldigten wegen Untreue gem. § 266 Abs. 1 StGB zum Nachteil der im September 2008 mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelösten Fenster und Türen-Werk GmbH Co. KG (GmbH & Co. KG), deren Kommanditist er war, erstattet. Er warf den Beschuldigten vor, im Jahr 2008 als Vorstandsmitglieder zweier Banken, die der GmbH & Co. KG Darlehen und Kontokorrentkredite gewährt hatten, trotz wiederholter Aufforderung und entgegen den vertraglichen Vereinbarungen die Freigabe von Sicherheiten verweigert zu haben, obwohl eine außergewöhnlich hohe Übersicherung im Umfang von 500 bis 1000 % vorgelegen habe.
Die Staatsanwaltschaft lehnte die Aufnahme vom Ermittlungen nach §§ 152 Abs. 2, 170 Abs. 2 StPO ab, da ein Anfangsverdacht aus Rechtsgründen nicht bestehe. Die dagegen erhobene Beschwerde des Antragstellers wies der Generalstaatsanwalt als unbegründet zurück. Auch der Antrag auf gerichtliche Entscheidung blieb vor dem OLG erfolglos.
Die Gründe:
Zwar war der Antragsteller gem. § 172 Abs. 1 S. 1 StPO antragsbefugt, da er bei unterstellter Begehung der den Beschuldigten zur Last gelegten Vergehen der Untreue Verletzter wäre. Die Rechtsprechung, dass bei Untreuehandlungen zu Lasten einer GmbH nur diese als unmittelbar Betroffene einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 StPO zu stellen befugt ist, nicht jedoch ihre Gesellschafter, ist nicht auf die GmbH & Co. KG übertragbar. Schließlich besitzt die KG - anders als die GmbH - keine eigene Rechtspersönlichkeit, so dass eine Schädigung des Gesamthandsvermögens durch ein Vermögensdelikt zugleich und unmittelbar das Vermögen der Gesellschafter berührt.
Allerdings war der Antrag unbegründet. Es bestanden bereits aus Rechtsgründen keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beschuldigten durch das ihnen zur Last gelegte Verhalten den Straftatbestand der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB erfüllt hatten. Zwar wies der Antragsteller darauf hin, dass der BGH im Fall einer "relativ und absolut ungewöhnlich hohen Übersicherung" entschieden hatte, dass der Sicherungsnehmer "bei Verwertung des Sicherungsguts vor allem dem Vertrauen des Sicherungsgebers auf wirtschaftlich sinnvolle Verwertungsmaßnahmen und auf Abführung des die gesicherte Forderung überschreitenden Erlöses Rechnung zu tragen hat". Das traf jedoch nicht auf den vorliegenden Fall zu.
Das den Beschuldigten angelastete Verhalten stellte keine tatbestandsmäßige Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht dar. Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwalt hatten insofern zutreffend darauf abgestellt, dass nur eine gravierende Pflichtverletzung zur Verwirklichung des Untreuetatbestands herangezogen werden darf. Das BVerfG hatte in seiner Grundsatzentscheidung vom 23.6.2010 (2 BvR 2559/08 u.a.) zu § 266 Abs. 1 StGB das von Verfassungs wegen gebotene Ziel der Auslegung durch die Rechtsprechung dahin formuliert, die Anwendung des Untreuetatbestands auf Fälle klarer und deutlicher (evidenter) Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken und dabei ausdrücklich die "jüngere" Rechtsprechung, die eine Pflichtverletzung i.S.v. § 266 StGB nur dann bejaht, wenn sie gravierend ist, befürwortet.
Die nachträglichen Erkenntnisse über die Einbringlichkeit von Altforderungen durch ein Inkassounternehmen belegten insofern nicht, dass die damalige Beurteilung durch die Beschuldigten, die auf das ersichtlich unzureichende Forderungsmanagement der GmbH & Co. KG abstellte, evident falsch war und nur der Verschleierung der Übersicherung diente. Dies galt selbst dann, wenn bereits damals die jetzt dargelegte Erfolgsquote von 15 % absehbar gewesen wäre. Ebenfalls nicht evident falsch war es, nur die erstrangigen Grundschulden mit ihrem Nominalwert anzusetzen und bei den nachrangigen Grundschulden (bis hin zu Rang 30) deutliche Abschläge bis hin zum Wert Null vorzunehmen.
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