16.07.2013

Zur Unwirksamkeit einer Entgeltklausel sowie weiterer AGB für Pfändungsschutzkonten

Der BGH hat im Anschluss an seine beiden Urteile vom 13.11.2012 (XI ZR 500/11 und XI ZR 145/12) erneut über eine Entgeltklausel sowie darüber hinaus erstmals auch über weitere AGB für die Führung eines Pfändungsschutzkontos entschieden. Dabei hat der BGH u.a. eine Bestimmung über die Kontoführung auf Guthabenbasis sowie eine Klausel, wonach die Ausgabe einer Bank- oder Kreditkarte nicht möglich ist, als unwirksam angesehen.

BGH 16.7.2013, XI ZR 260/12
Der Sachverhalt:
Der klagende Verbraucherschutzverband macht gegenüber der beklagten Bank im Wege der Unterlassungsklage die Unwirksamkeit der im Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten enthaltenen Entgeltklausel sowie weiterer Bedingungen für ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) geltend.

Die Beklagte weist in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis im Abschnitt "Preise für Dienstleistungen im standardisierten Geschäftsverkehr mit Privatkunden" für von ihr angebotene Girokontenarten ("Kontopakete") mit jeweils unterschiedlichen Leistungsbestandteilen verschiedene Monatsgrundpreise aus, nämlich (jeweils ohne "Familien"- oder "Berufseinsteigerbonus")

  • 1. "Das Junge Konto" - kostenlos
  • 2. "AktivKonto" - 4,99 €
  • 3. "PlusKonto" - 7,99 €
  • 4. "BestKonto" - 9,99 €.

In der hieran anschließenden Rubrik "Pfändungsschutzkonto" heißt es u.a.:

"Es wird ein mtl. Grundpreis von 8,99 € berechnet. Die Kontoführung erfolgt grundsätzlich auf Guthabenbasis. Die Ausgabe einer Bank Card oder einer Kreditkarte sowie die Nutzung des Karten- und Dokumentenservices sind nicht möglich. Die weiteren Leistungen entsprechen denen des AktivKontos und sind der oben stehenden Übersicht zu entnehmen. Soweit Leistungen des AktivKontos nicht in dessen monatlichem Grundpreis enthalten sind, werden für diese Leistungen gesondert ausgewiesene Preise auch beim Pfändungsschutzkonto gesondert berechnet."

Der Kläger beanstandet diese Regelungen zum P-Konto in vierfacher Hinsicht, nämlich

  • den mtl. Grundpreis von 8,99 € für die Führung des P-Kontos,
  • die Bestimmung über die Kontoführung auf Guthabenbasis,
  • die Klausel, wonach beim P-Konto die Ausgabe einer Bank Card oder einer Kreditkarte sowie die Nutzung des Karten- und Dokumentenservices nicht möglich ist, sowie
  • die beim P-Konto vorgesehene gesonderte Bepreisung von Leistungen, die nicht im mtl. Grundpreis des AktivKontos enthalten sind.

Das LG wies die Unterlassungsklage ab; das OLG gab ihr in vollem Umfang statt. Die hiergegen gerichtete Revision der beklagten Bank hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Alle vier streitigen Regelungen benachteiligen die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sind daher gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Die Entgeltklausel über den mtl. von 8,99 € unterliegt, wie das OLG in Übereinstimmung mit den BGH-Urteilen vom 13.11.2012 (XI ZR 500/11 und XI ZR 145/12) zutreffend angenommen hat, nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle. Es handelt sich nicht um eine kontrollfreie Preisabrede, weil das P-Konto keine besondere Kontoart mit selbständigen Hauptleistungspflichten darstellt, sondern ein herkömmliches Girokonto ist, das aufgrund einer den Girovertrag ergänzenden Vereinbarung zwischen dem Kreditinstitut und dem Kunden "als Pfändungsschutzkonto geführt" wird (§ 850k Abs. 7 ZPO). Die Führung eines P-Kontos stellt auch keine zusätzliche, rechtlich nicht geregelte Sonderleistung der Bank dar; diese erfüllt vielmehr eine ihr durch § 850k Abs. 7 ZPO auferlegte gesetzliche Pflicht.

Der danach eröffneten Inhaltskontrolle hält die angegriffene Entgeltklausel nicht stand, weil die Berechnung eines zusätzlichen Entgelts für die Führung des Girokontos als P-Konto - hier in Gestalt eines insbes. gegenüber dem AktivKonto um 4 € höheren mtl. Grundpreises - mit wesentlichen Grundgedanken von § 850k Abs. 7 ZPO nicht zu vereinbaren ist. Ein P-Konto muss zwar weder kostenlos noch zwangsläufig zum Preis des günstigsten Kontomodells des betreffenden Kreditinstituts geführt werden. Der Aufwand für die Kontoführung, zu der das Kreditinstitut gesetzlich verpflichtet ist, darf aber nach dem Willen des Gesetzgebers nicht durch ein zusätzliches Entgelt gegenüber einem normalen Girokonto mit entsprechenden Leistungen auf den Kunden abgewälzt werden. Das ist jedoch bei der hier streitigen Klausel sowohl im Vergleich zum AktivKonto als auch - unter Berücksichtigung der beim P-Konto gesondert entgeltpflichtigen Leistungen - im Vergleich zu den übrigen "Kontopaketen" der Fall.

Die darüber hinaus beanstandeten Klauseln über die Führung des P-Kontos auf Guthabenbasis sowie zu der beim P-Konto fehlenden Möglichkeit der Ausgabe einer Bank Card oder einer Kreditkarte halten ebenfalls nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB der Inhaltskontrolle nicht stand. Sie können bei der gebotenen "kundenfeindlichsten Auslegung" so verstanden werden, dass bei der Umwandlung eines bestehenden Girokontos in ein P-Konto die Berechtigung des Kunden zur Inanspruchnahme eines mit der Bank vereinbarten Dispositionskredits bzw. einer Überziehungsmöglichkeit oder zur Nutzung einer ihm zur Verfügung gestellten Debitkarte oder Kreditkarte automatisch - also ohne die insoweit von Rechts wegen erforderliche (wirksame) Kündigung der zugrunde liegenden Kreditvereinbarung oder des Kartenvertrages - entfallen soll. Ein solcher kündigungsunabhängiger "Beendigungsautomatismus" würde die Kunden der Beklagten ebenfalls entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Im Grundsatz die gleichen Erwägungen führen zur Unwirksamkeit auch der Bestimmung über die beim P-Konto fehlende Möglichkeit der Nutzung des Karten- und Dokumentenservices. Hier soll ebenfalls, soweit der Kunde aufgrund des von ihm bislang gewählten "Kontopakets" zur Inanspruchnahme dieser Leistung berechtigt war, anlässlich der Umwandlung in ein P-Konto der mit dem Kunden vereinbarte Vertragsinhalt automatisch zum Nachteil des Kontoinhabers verändert werden. Die Klausel über die dem AktivKonto entsprechende gesonderte Berechnung von Leistungen schließlich ist unwirksam, weil sie für Inhaber anderer "Kontopakete" wiederum in unzulässiger Weise die Berechnung eines zusätzlichen Entgelts für die Führung des Girokontos als P-Konto zur Folge hat

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 123 vom 16.7.2013
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