15.04.2013

Zur unzulässigen Werbung einer Postenbörse mit durchgestrichenen "Statt"-Preisen

Die Werbung einer sog. Postenbörse mit durchgestrichenen "Statt"-Preisen ist mehrdeutig und damit irreführend, wenn nicht klargestellt ist, um was für einen Vergleichspreis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt, und wenn nicht alle in Betracht kommenden Bedeutungen der Werbeaussage zutreffen. Der Verbraucher rechnet nicht damit, dass es der Postenbörse bei dem erwartungsgemäß ohnehin sehr niedrigen Preisniveau überhaupt noch möglich ist, einen zunächst verlangten Niedrigpreis nochmals derart eklatant zu senken.

OLG Hamm 24.1.2013, 4 U 186/12
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist eine Warenhandelsgesellschaft aus Bielefeld. Sie importiert Waren unterschiedlichster Art (u.a. Haushaltswaren) und vertreibt sie überregional. Vom Antragsgegner, dem Betreiber einer sog. Postenbörse in Schüttorf, verlangte die Antragstellerin, es zu unterlassen, für angebotene Artikel mit durchgestrichenen, nicht näher erläuterten "Statt"-Preisen zu werben.

Das LG hatte zunächst eine dem Begehren entsprechende einstweilige Verfügung erlassen, diese mit dem angefochten Urteil aber wieder aufgehoben. Es war der Ansicht, die beanstandete Prospektwerbung des Antragsgegners beziehe sich nicht auf Markenware und sei deswegen nicht mehrdeutig und irreführend. Auf die Berufung der Antragstellerin hob das OLG die Entscheidung wieder auf und bestätigte die zuvor erlassene einstweilige Verfügung. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Antragstellerin hat einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner.

Die beanstandete Werbung mit einem nicht näher erläuterten "Statt"-Preis ist irreführend. Sie ist mehrdeutig und kann von einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher in einem den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Sinn verstanden werden. So kann die Werbung einerseits den Eindruck vermitteln, es handele sich bei dem durchgestrichenen "Statt"-Preis um einen früher von der Postenbörse selbst geforderten, nunmehr aber gegenstandslosen Preis. Um solche Preise ging es schließlich auch nach dem Vortrag des Antragsgegners.

Ein Verbraucher kann aber andererseits auch annehmen, bei dem durchgestrichenen "Statt"-Preis handele es sich nicht um einen früheren Preis der Postenbörse, sondern um einen vom regulären Einzelhandel üblicherweise oder früher geforderten Preis. Sog. Postenbörsen bieten nach landläufigem Verständnis u.a. als Wiederverkäufer Restposten, Zweite-Wahl-Ware, Ladenhüter, Auslaufmodelle und ähnliches an, und zwar zu gegenüber dem "regulären" Einzelhandel deutlichst niedrigeren Preisen. Werden nunmehr einzelne der angebotenen Artikel zu Preisen angeboten, die mindestens um 35%, in der Regel um mehr als 50% und sogar bis zu 93% und damit beträchtlich unter dem jeweils durchgestrichenen Statt-Preis liegen, geht der angesprochene "Schnäppchenjäger" davon aus, hier werde ihm vor Augen geführt, welchen enormen Preisvorteil er gerade bei den solchermaßen ausgewiesenen Artikeln gegenüber dem üblichen oder vorherigen Preis des Einzelhandels hat.

Zudem rechnet der Verbraucher nicht damit, dass es der Postenbörse bei dem erwartungsgemäß ohnehin sehr niedrigen Preisniveau überhaupt noch möglich ist, einen zunächst verlangten Niedrigpreis nochmals derart eklatant zu senken. Wird nun mit einer dargestellten Mehrdeutigkeit für die Artikel geworben, muss der Werbende die verschiedenen Bedeutungen der Werbung gegen sich gelten lassen. In diesem Fall muss jede einzelne Angabe wahr sein, andernfalls ist sie - wie hier - unlauter.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM v. 15.4.2013
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