15.06.2015

Zur Veröffentlichung von Bildern in der Nähe von Prominenten abgelichteter nicht prominenter Personen

Der BGH hat sich mit der Frage der Zulässigkeit der Veröffentlichung von Bildern befasst, die eine sich zufällig in der Nähe eines Prominenten befindliche nicht prominente Person identifizierbar zeigen. Der BGH entschied, dass die Veröffentlichung eines Fotos, das einem Millionenpublikum die nicht prominente - identifizierbar abgebildete - Person im Bikini in der Nähe eines Profifußballers zeigte, durch den Anlass der Berichterstattung nicht gerechtfertigt war.

BGH 21.4.2015, VI ZR 245/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen unzulässiger Veröffentlichung eines Fotos in Anspruch, das sie in Badekleidung (Bikini) auf einer Liege am Strand von El Arenal auf Mallorca zeigt. Die Print-Ausgabe der Zeitung "BILD", deren Herausgeberin die Beklagte zu 1) ist, berichtete am 10.5.2012 über einen Raubüberfall auf den Profifußballer A in El Arenal ("Am Ballermann"). Darin heißt es u.a.: "Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir Star A (25) in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat."

Diesem Artikel war das beanstandete Foto beigefügt, das im Vordergrund A am Strand von El Arenal vor einer Mülltonne zeigt, in die er einen Eimer leert. In dem Bildabschnitt, der die Mülltonne zeigt, findet sich der Text: "Strohhut, dunkle Sonnenbrille: A. am Strand von El Arenal. Vorbildlich entsorgt er seinen Abfall". Im Hintergrund sind mehrere Personen auf Strandliegen zu sehen. Am rechten Bildrand, auf der Liege unmittelbar hinter A, ist die Klägerin in einem Bikini zu erkennen. Ein Artikel mit demselben Berichtsgegenstand und einem größeren Ausschnitt desselben Fotos wurde bis zum 9.5.2013 im Internet-Portal www.bild.de veröffentlicht, das von der Beklagten zu 2) betrieben wird.

Die Klägerin nahm zuletzt die Beklagte zu 1) wegen des in der Print-Ausgabe veröffentlichten Fotos auf Unterlassung und wegen der Veröffentlichung des Fotos im Internet-Portal der Beklagten zu 2) beide Beklagten auf Unterlassung und Entfernung von der Webseite in Anspruch. Ferner begehrte sie von der Beklagten zu 1) wegen der Veröffentlichung in der Print-Ausgabe und von der Beklagten zu 2) wegen der Veröffentlichung im Internet die Zahlung einer angemessenen Entschädigung.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG gab dem Unterlassungsbegehren statt, hinsichtlich des im Internet veröffentlichten Fotos jedoch nur gegenüber der Beklagten zu 2). Die weitergehende Berufung wies es zurück. Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten hatten vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aus § 1004 und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22, 23 KUG zu Recht bejaht.

Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen nach gefestigter BGH-Rechtsprechung nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen ist. Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Die Verbreitung ohne Einwilligung des Abgebildeten ist nur zulässig, wenn das Bild dem Bereich der Zeitgeschichte oder einem der weiteren Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KUG zuzuordnen ist und berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).

Vorliegend hat die Klägerin in die Veröffentlichung der Fotos nicht eingewilligt. Das Foto ist auch nicht dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen. Der hierfür maßgebliche Begriff des Zeitgeschehens darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Unterhaltende Beiträge sind davon nicht ausgenommen.

Danach ist die Beurteilung des OLG, die Veröffentlichung eines Fotos, das einem Millionenpublikum die - identifizierbar abgebildete - Klägerin im Bikini zeigt, sei durch den Anlass der Berichterstattung nicht gerechtfertigt, nicht zu beanstanden. Die veröffentlichten Bilder zeigen die Klägerin in einer erkennbar privaten Situation, die in keinem Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis steht. Das Foto hatte mit dem Umstand, dass der bekannte Fußball-Star A am "Ballermann" überfallen und ausgeraubt wurde, offensichtlich nichts zu tun. Außer der zufälligen Anwesenheit besteht keine Verknüpfung zwischen der als "Urlauberin" gezeigten Klägerin und dem - unterstellt - als Ereignis der Zeitgeschichte zu qualifizierenden Raubüberfall.

Das OLG hat auch ohne Rechtsfehler eine unmittelbare oder analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG ausgeschlossen. Nach der Vorschrift ist die Veröffentlichung eines Bildnisses ohne Einwilligung der abgebildeten Person grundsätzlich zulässig, wenn die Person nur als "Beiwerk" neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheint. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift kann hiervon nur dann ausgegangen werden, wenn die Abbildung einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit das Bild prägt und nicht selbst "Beiwerk" ist. Hier bezog sich die Abbildung aber in erster Linie auf A. Das Strandleben am "Ballermann" bildete lediglich den Hintergrund des Fotos. Auch eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG kommt nicht in Betracht; es fehlt bereits an einer Gesetzeslücke als Voraussetzung einer analogen Anwendung.

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