Zur Veröffentlichung von Hygienemängeln in einer Gaststätte auf behördlicher Internetseite
OVG Rheinland-Pfalz 13.2.2013, 6 B 10035/13.OVGEine Kommune hatte auf ihrer Internetseite das Ergebnis einer lebensmittelrechtlichen Kontrolle bei einer namentlich genannten Gaststätte veröffentlicht. Danach sei der Betrieb am 8.11.2012 in einem stark vernachlässigten Hygienezustand gewesen. Bei einer Nachkontrolle am zwölf Tage später sei die Gaststätte wieder weitestgehend sauber gewesen. Die Stadt berief sich dabei auf die im Jahr 2012 neu geschaffene Vorschrift des § 40 Abs. 1 a Nr. 2 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFBG). Diese Vorschrift verpflichtet die zuständige Behörde zur Information der Öffentlichkeit unter Nennung des Lebensmittels und des Lebensmittelunternehmens, wenn der hinreichend begründete Verdacht besteht, dass in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt gegen Vorschriften verstoßen wurde, die der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen.
Das VG gab dem Eilantrag des Gaststättenbetreibers statt und untersagte die Veröffentlichung der festgestellten hygienischen Mängel. Es war der Ansicht, die einschlägige Vorschrift ermächtige nicht zur Information über generelle Hygienemängel, sondern nur zur Veröffentlichung des Namens eines unter Verstoß gegen hygienerechtliche Vorschriften in Verkehr gebrachten Lebensmittels (Produktwarnung). Hier seien jedoch lediglich hygienische Mängel der Nebenräume und des Küchenumfeldes festgestellt worden.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Stadt blieb vor dem OVG erfolglos.
Gründe:
Die Stadt muss die hier gegenständliche Veröffentlichung auf ihrer Internetseite unterlassen.
Zwar kann - entgegen der Auffassung des VG - eine Information über Hygienemängel nach § 40 Abs. 1 a Nr. 2 LFBG grundsätzlich auch dann erfolgen, wenn Lebensmittel nicht unmittelbar unter Verwendung von hygienisch mangelhaften Gerätschaften und Arbeitsplatten bearbeitet werden, sondern lediglich das Umfeld des Verarbeitungsprozesses nicht den hygienischen Anforderungen entspricht. Schließlich besteht bei Lebensmitteln, die in einem solchen Umfeld hergestellt werden, ein deutlich erhöhtes Risiko für eine nachteilige Beeinflussung etwa durch die Verunreinigung mit Schimmelpilzsporen oder Mikroorganismen über die Raumluft oder das Personal bei unzureichender Handhygiene.
Allerdings konnte im vorliegenden Eilverfahren nicht hinreichend verlässlich geklärt werden, ob die Vorschrift des § 40 Abs. 1 a Nr. 2 LFBG mit europäischem Unionsrecht unvereinbar ist, weil sie eine Information der Öffentlichkeit unabhängig vom Vorliegen aktueller Gesundheitsgefahren vorschreibt. Insofern war über den Eilantrag aufgrund einer Abwägung zu entscheiden zwischen dem Interesse des Antragstellers daran, vorläufig von einer Veröffentlichung des Ergebnisses der Kontrolle abzusehen, und dem Interesse der Allgemeinheit an einer solchen Veröffentlichung. Diese fiel hier zugunsten des Antragstellers aus.
Schließlich könnte durch die Veröffentlichung seine wirtschaftliche Existenz in Frage gestellt werden. Die Veröffentlichung diente auch nicht dazu, die Verbraucher vor noch andauernden Gesundheitsgefahren zu warnen. Es bestanden gegenwärtig auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass trotz der zwischenzeitlichen Mängelbeseitigung in absehbarer Zeit erneut erhebliche Hygienemängel in der Gaststätte des Antragstellers zu erwarten sind.