27.01.2016

Zur Verzinsung gem. § 233a Abs. 2a AO bei rückwirkendem Ereignis

Das rückwirkende Ereignis im Hinblick auf eine zunächst beantragte § 7g EStG-Rücklage tritt mit Ablauf des Tages ein, an dem feststand, dass die beabsichtigte Investition nicht mehr im vorgegebenen Zeitraum erfolgen konnte. Nicht entscheidend ist, wann das Finanzamt Kenntnis davon erhält, dass die Investition nicht getätigt wurde und wann die Steuerbescheide geändert werden. Ein anderes Ergebnis würde dazu führen, dass der Steuerpflichtige es in der Hand hätte, den Zinsbeginn zu verzögern, und der unredliche Steuerpflichtige begünstigt würde.

FG Hamburg 7.10.2015, 6 K 161/15
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Zinsfestsetzungen gem. § 233a AO. Insbesondere ist dabei streitig, wann der Zinslauf beginnt. Die Klägerin brachte 2007 einen Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g Abs. 1 EStG i.H.v. 42.000 € für geplante Investitionen der Jahre 2008 bis 2010 in Abzug. Diese Investitionen sind bis zum 31.12.2010 nicht erfolgt.

Das Finanzamt stellte in 2014 fest, dass eine Hinzurechnung gem. § 7g Abs. 2 S. 1 EStG nicht erfolgte, und machte den Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG für das Jahr 2007 rückgängig, indem er den Körperschaftsteuerbescheid 2007, den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2007 und den Gewerbesteuerbescheid 2007 änderte. Neben den geänderten Steuerfestsetzungen für 2007 setzte das Finanzamt gem. § 233a AO Zinsen für die Körperschaft- und Gewerbesteuer fest. Als Beginn des Zinslaufes nahm es den 1.4.2012 an.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Sie ist der Ansicht, das Finanzamt sei zu Unrecht von einem Zinsbeginn ab 1.4.2012 ausgegangen, denn das rückwirkende Ereignis sei nicht bereits am 31.12.2010 eingetreten, sondern erst in dem Jahr, in dem die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrages bewirkt worden sei. Dies sei im Streitfall erst in 2014 der Fall gewesen, so dass der Zinslauf noch nicht begonnen habe.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt ist zu Recht von einem Zinsbeginn 1.4.2012 ausgegangen.

Nach § 7g Abs. 1 EStG kann ein Investitionsabzugsbetrag für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens unter dort näher bestimmten Voraussetzungen gewinnmindernd in Anspruch genommen werden. Soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des Investitionszeitraums hinzugerechnet wurde, ist der gewinnmindernde Abzug rückgängig zu machen. Der Wegfall der Investitionsabsicht in einem Wirtschaftsjahr nach Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags und vor Ablauf der Investitionsfrist des § 7g Abs. 1 EStG lässt die Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag entfallen. Diese knüpfen an das Bestehen der Investitionsabsicht während der gesamten Investitionsfrist an.

Haben die Voraussetzungen im Abzugsjahr vorgelegen und fallen diese später weg, hat dies zur Folge, dass der Abzug im Jahr der Gewinnminderung nachträglich unzulässig wird und rückgängig zu machen ist. Eine Gewinnerhöhung im Jahr des Wegfalls der Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag sieht § 7g EStG nicht vor. Vielmehr regelt die Vorschrift, dass sowohl im Fall des Ausbleibens der Investition als auch im Fall des Nichteinhaltens der Nutzungs- und Verbleibensvoraussetzungen nach der Investition der Abzug im Jahr der Gewinnminderung rückgängig zu machen ist. Demgemäß muss auch im Fall des Wegfalls der Investitionsabsicht die Gewinnminderung im Jahr des Abzugs rückgängig gemacht werden. Der Wegfall der Investitionsabsicht hat damit materielle Rückwirkung auf das Jahr der Gewinnminderung.

Angewandt auf den Streitfall folgt hieraus, dass das rückwirkende Ereignis am 31.12.2010 eingetreten ist, denn mit Ablauf dieses Tages stand fest, dass die beabsichtigte Investition nicht mehr im vorgegebenen Zeitraum erfolgen konnte. Nicht entscheidend ist, wann das Finanzamt hiervon Kenntnis erhält und wann die Steuerbescheide geändert werden, denn die Kenntnis des Finanzamts ist keine Voraussetzung für das rückwirkende Ereignis. Ein anderes Ergebnis würde dazu führen, dass der Steuerpflichtige es in der Hand hätte, den Zinsbeginn zu verzögern. Der unredliche Steuerpflichtige würde begünstigt werden. Ob das BMF-Schreiben vom 15.8.2014 (IV C 6 - S 2139b/07/10002IV a 3 - S 04060a/08/10001) etwas anderes aussagt, konnte vorliegend offenbleiben, weil es für diesen Fall weder eine Regelung trifft, noch für das Gericht bindend wäre.

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