06.10.2015

Zur Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs

Eine Schiedsvereinbarung, die alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, die diesen Gesellschaftsvertrag, das Gesellschaftsverhältnis oder die Gesellschaft betreffen, mit Ausnahme von Beschlussmängelstreitigkeiten einem Schiedsgericht zur Entscheidung zuweist, muss, um wirksam zu sein, auch dann nicht die in der BGH-Entscheidung "Schiedsfähigkeit II" aufgestellten Anforderungen erfüllen, wenn es sich bei der fraglichen Streitigkeit um eine die Auslegung des Gesellschaftsvertrags betreffende Feststellungsklage handelt.

BGH 16.4.2015, I ZB 3/14
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin und die Antragsgegner zu 1) bis 4) sind oder waren Gesellschafter der Antragsgegnerin zu 5), einer GmbH. Auf einer Gesellschafterversammlung im März 2011 war auf Antrag der Antragstellerin gegen die Stimmen der Antragsgegner zu 1) bis 4) die Errichtung eines Beirats beschlossen worden, was laut Gesellschaftsvertrag auch erlaubt war. Die hiergegen erhobene Beschlussmängelklage der Antragsgegnerin zu 1) auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses blieb erfolglos.

Die Antragstellerin hat daraufhin gegen die Antragsgegner zu 1) bis 5) Schiedsklage erhoben und die Feststellung begehrt, dass der Beirat der Antragsgegnerin zu 5) für die Zustimmung zu im Einzelnen aufgeführten Geschäftsführungsmaßnahmen der Gesellschaft zuständig sei und Beschlüsse des Beirats zu diesen Angelegenheiten der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen nach Köpfen bedürften. Das Schiedsgericht hat diesem Begehren entsprochen.

Die Antragstellerin hat sodann beim OLG beantragt, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären. Dem trat die Antragsgegnerin zu 1) entgegen. Das OLG erklärte den Schiedsspruch für vollstreckbar. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin zu 1), mit der sie die Zurückweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung und die Aufhebung des Schiedsspruchs erstrebt hatte, blieb vor dem BGH ohne Erfolg.

Gründe:
Die in der von der Rechtsbeschwerde angeführten Entscheidung für Beschlussmängelstreitigkeiten aufgestellten Anforderungen an eine Schiedsvereinbarung gelten nicht für Streitigkeiten der hier in Rede stehenden Art.

Der BGH hat im Urteil "Schiedsfähigkeit II" vom 6.4.2009, (Az.: II ZR 255/08) unter Aufgabe seiner früheren Entscheidung "Schiedsfähigkeit I" (Urt. v. 29.3.1996, Az.: II ZR 124/95) angenommen, dass Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung der Wirkungen der § 248 Abs. 1 S. 1, § 249 Abs. 1 S. 1 AktG grundsätzlich kraft einer dies im Gesellschaftsvertrag festschreibenden Schiedsvereinbarung oder einer außerhalb der Satzung unter Mitwirkung aller Gesellschafter und der Gesellschaft getroffenen Individualabrede "schiedsfähig" sind, sofern und soweit das schiedsgerichtliche Verfahren in einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Weise - d.h. unter Einhaltung eines aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Mindeststandards an Mitwirkungsrechten und damit an Rechtsschutzgewährung für alle ihr unterworfenen Gesellschafter - ausgestaltet ist.

Zu den Beschlussmängelstreitigkeiten gehören Anfechtungs-, Nichtigkeitsfeststellungs- und positive Feststellungsklagen entsprechend §§ 241 ff. AktG, nicht dagegen - wie hier - "einfache" Feststellungsklagen unter den Gesellschaftern nach § 256 ZPO. Eine Schiedsvereinbarung, die alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, die diesen Gesellschaftsvertrag, das Gesellschaftsverhältnis oder die Gesellschaft betreffen, mit Ausnahme von Beschlussmängelstreitigkeiten einem Schiedsgericht zur Entscheidung zuweist, muss, um wirksam zu sein, auch dann nicht die in der BGH-Entscheidung "Schiedsfähigkeit II" aufgestellten Anforderungen an eine Schiedsvereinbarung für Beschlussmängelstreitigkeiten erfüllen, wenn es sich bei der fraglichen Streitigkeit um eine die Auslegung des Gesellschaftsvertrags betreffende Feststellungsklage handelt. Es entspricht der ständigen BGH-Rechtsprechung, dass allgemeine Feststellungsklagen nur inter partes und nicht erga omnes wirken.

Letztlich entzieht die Vereinbarung einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Schiedsspruchs zur Einleitung eines Abhilfeverfahrens wegen eines Verstoßes des Schiedsgerichts gegen den Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör einer Partei nicht den notwendigen Rechtsschutz und ist daher nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die Vereinbarung der Zustellung eines Schiedsspruchs durch Einschreiben mit Rückschein ist auch dann nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Ausgestaltung des schiedsgerichtlichen Verfahrens nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn der Schiedsspruch bevollmächtigten Rechtsanwälten zuzustellen ist.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück