09.03.2015

Zur widerspruchslosen Entgegennahme des zustellenden Schriftstücks durch eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person

In der widerspruchslosen Entgegennahme des zustellenden Schriftstücks durch eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) liegt zugleich die (konkludente) Erklärung, dass der Zustellungsadressat abwesend oder an der Entgegennahme der Zustellung verhindert ist. Der Zusteller muss dann regelmäßig keine weiteren Nachforschungen veranlassen.

BGH 4.2.2015, III ZR 513/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin macht gegen die beiden Beklagten, eine Kommanditgesellschaft und ihre Komplementärin, eine GmbH, als Gesamtschuldner Zahlungsansprüche aus einem Maklervertrag sowie vorgerichtliche Anwaltskosten geltend. Durch Versäumnisurteil des LG vom 29.1.2013 wurden die Beklagten verurteilt, an die Klägerin 114.240 € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten jeweils nebst Zinsen zu zahlen.

Der Postzustellungsurkunden zufolge wurde das Versäumnisurteil am 1.2.2013 unter der Geschäftsadresse "F., G." an beide Beklagten durch Übergabe an die bei der Beklagten zu 1) beschäftigte S zugestellt. Dabei vermerkte der Zusteller jeweils in den Zustellungsurkunden, den Zustellungsadressaten (den Geschäftsführer der Beklagten zu 2) als deren gesetzlichen Vertreter) in dem Geschäftsraum nicht erreicht zu haben.

Mit Telefax vom 26.2.2013 legten die Beklagten Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein. In Bezug auf die fristgerechte Einlegung des Einspruchs machten sie geltend, die Zustellung des Versäumnisurteils sei nicht wirksam erfolgt. Der Zusteller habe die beiden Schriftstücke ohne jede Nachfrage bei der Mitarbeiterin S abgegeben, obwohl der Geschäftsführer der Beklagten zu 2) in den Geschäftsräumen anwesend und zur Annahme der Zustellung bereit gewesen sei. Am 22.2.2013 habe der Geschäftsführer erstmals von dem Versäumnisurteil Kenntnis erlangt.

Das LG verwarf den Einspruch durch Urteil gem. § 341 ZPO als unzulässig. Das OLG wies die Berufung der Beklagten nach § 522 Abs. 2 ZPO zurück. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Nach der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung ist das Merkmal des "Nichtantreffens" des gesetzlichen Vertreters als Voraussetzung für eine Ersatzzustellung in Geschäftsräumen bereits dann erfüllt, wenn der gesetzliche Vertreter als abwesend oder verhindert bezeichnet wird. Ob dies zutrifft, ist unerheblich; insbesondere muss der Zusteller keine eigenen Nachforschungen darüber anstellen, zumal gerichtliche Zustellungen ein Massengeschäft sind und bei juristischen Personen die Ersatzzustellung inzwischen den Regelfall darstellt.

In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung ist das OLG zutreffend davon ausgegangen, dass in der widerspruchslosen Entgegennahme des zuzustellenden Schriftstücks durch eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) zugleich die (konkludente) Erklärung liegt, der Zustellungsadressat sei abwesend bzw. an der Entgegennahme der Zustellung verhindert, und weitere Nachforschungen des Zustellers regelmäßig nicht veranlasst sind.

Soweit in der Literatur vereinzelt - ohne nähere Begründung - eine ausdrückliche Nachfrage des Zustellers verlangt wird, wird dies vom Wortlaut des § 178 Abs. 1 ZPO, der nur voraussetzt, dass der Zustellungsadressat "nicht angetroffen" wird, nicht gefordert; diese Gegenauffassung widerspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschriften über die Ersatzzustellung ("Vereinfachung der Ersatzzustellung").

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