09.02.2017

Zur Wirksamkeit eines Kommunalkredits mit Abhängigkeit des Zinssatzes von einem Devisen-Wechselkurs

Hat eine Gemeinde mit einer Bank im Jahr 2007 einen Darlehensvertrag über rd. 3 Mio. € geschlossen, dessen Zinssatz von der Entwicklung des EUR/CHF-Wechselkurses abhängt, ist dieser selbst dann nicht sittenwidrig, wenn der Zinssatz derzeit rd. 19 % beträgt. Auf das extreme Ansteigen des Zinssatzes in späteren Jahren kommt es für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit nicht an, da die Bank mit einer solchen, für die Gemeinde so nachteiligen Entwicklung der Währungen nicht rechnen musste.

KG Berlin 8.2.2017, 26 U 32/15
Der Sachverhalt:
Die klagende Gemeinde aus Nordrhein-Westfalen schloss im Jahr 2007 mit der beklagten Bank einen Darlehensvertrag über rd. 3 Mio. €, dessen Zinssatz von der Entwicklung des EUR/CHF-Wechselkurses abhängig ist. Zwischenzeitlich beträgt der Zinssatz 18,99 %.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten mit ihrer Klage die Rückzahlung bereits gezahlter Zinsen von über 1 Mio. € für das gewährte Darlehen. Weiterhin begehrt sie die Feststellung, dass sie aus einem weiteren, 2011 zur Ablösung des früheren Kredits abgeschlossenen Darlehensvertrag nicht mehr zurückzahlen müsse als die reine Darlehensvaluta ohne Zinsen. Die Beklagte erhob daraufhin Widerklage und verlangte von der Klägerin die Zahlung fällig gewordener Zinsen i.H.v. rd. 63.000 €.

Das LG wies die Klage ab verurteilte die Klägerin auf die Widerklage der Beklagten zur Zahlung der Zinsen. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem KG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das Darlehen, für das die Klägerin das Währungsrisiko übernommen hat, war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages im Jahr 2007 nicht sittenwidrig. Auf das extreme Ansteigen des Zinssatzes in den späteren Jahren kommt es für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit nicht an, da die Beklagte mit einer solchen, für die Klägerin so nachteiligen Entwicklung der Währungen nicht rechnen musste. Die Klägerin kann auch keine Anpassung des Zinssatzes an die aktuelle Marktlage beanspruchen, da die Geschäftsgrundlage nicht entfallen ist. Das Risiko der für sie negativen Entwicklung des Zinsniveaus ist vertraglich der Klägerin zugewiesen worden.

Darüber hinaus haftet die Beklagte auch nicht auf Schadensersatz, da sie nicht gegen ihre Beratungspflichten verstoßen hat. Sie hat in den schriftlichen Unterlagen hinreichend darüber aufgeklärt, dass bei einer bestimmten Entwicklung der Währungen sehr schnell mit erheblichen Zinssteigerungen zu rechnen ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Verhandlungen auf Seiten der Klägerin ein Stadtkämmerer geführt hat, bei dem ein gewisses finanzwirtschaftliches Grundverständnis vorausgesetzt werden kann.

Im Übrigen hat die Beklagte der Klägerin zur Umschuldung von früheren Darlehensverträgen mit ursprünglich hohen Zinssätzen drei Alternativen vorgelegt, nämlich ein Darlehensangebot mit einem festem Zinssatz von 5,99 %, ein Angebot mit einem am Wechselkurs EUR/CHF orientierten Ausgangszinssatz von 4,29 % und der Möglichkeit von wechselkursbedingten Zinserhöhungen, aber abgesichert durch eine Kappungsgrenze, und das Angebot über den dann abgeschlossenen Vertrag mit einem relativ niedrigen Ausgangszins von bis zu 3,79 %, aber der (unsicheren) Koppelung an die Währungsentwicklung ohne Begrenzung. Die Klägerin ist bewusst das Risiko einer erheblichen Zinssteigerung eingegangen und hat - letztlich vergeblich - darauf gehofft, der Zinssatz des letztlich abgeschlossenen Darlehens werde dauerhaft niedrig bleiben.

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KG Berlin PM Nr. 10 vom 8.2.2017
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