Zur Zahlung an nachrangigen Grundpfandgläubiger zu Lasten eines damit einverstandenen vorrangigen Grundpfandgläubigers
BGH 20.3.2014, IX ZR 80/13Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückzahlung von rd. 31.000 €, die er zur Ablösung einer Restkaufpreishypothek an diese gezahlt hat. Er ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Dieser hatte am 10.10.2007 von der Beklagten zum Kaufpreis von 1,275 Mio. € ein Grundstück mit Hotelbetrieb erworben. Die Immobilie war mit einer erstrangigen brieflosen Grundschuld der Volksbank über 1,295 Mio. € und einer zweitrangigen Restkaufpreishypothek über 300.000 € zugunsten der Beklagten belastet.
Die Eigentumsumschreibung war nach Zahlung von 975.000 € erfolgt. Auf den danach noch offenen Kaufpreis von 300.000 € hatte der Insolvenzschuldner weitere 17.000 € erbracht. Der Kläger verkaufte das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 1.6.2011 freihändig zu einem Preis von 603.000 €. Der Kaufpreis reichte nicht aus, um die mit der erstrangigen Grundschuld besicherte Forderung zu befriedigen, die am 16.7.2010 mit rd. 1,343 Mio. € valutierte. In § 3 Nr. 3 des Kaufvertrages hatte sich der Kläger verpflichtet, die absonderungsberechtigten Gläubiger und sonstigen Grundschuldgläubiger abzulösen.
Nachdem sich die Beklagte dem Kläger gegenüber geweigert hatte, die Löschungsbewilligung für ihr Grundpfandrecht zu erteilen, einigte sie sich mit der Volksbank über die Ausgestaltung der Treuhandaufträge für die Löschungsbewilligungen dergestalt, dass ein Kaufpreisanteil von rd. 31.000 € an sie fließen konnte, den die Volksbank entsprechend weniger erhielt. Der Kläger, an den der Kaufpreis vertragsgemäß insgesamt zu entrichten war, zahlte diesen Betrag an die Beklagte unter dem Vorbehalt der Rückforderung.
Das LG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Das OLG wies die Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Bereicherungsanspruch wegen einer Leistung ohne rechtlichen Grund gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB zu.
Nach gefestigter BGH-Rechtsprechung sind Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters unwirksam, welche dem Insolvenzzweck der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger (vgl. § 1 S. 1 InsO) klar und eindeutig, also offensichtlich zuwiderlaufen. Vorliegend kann eine Insolvenzzweckwidrigkeit nicht angenommen werden. Die Zahlung an die Beklagte erfolgte auf den Kaufvertrag, aus dem noch eine Restkaufpreisforderung von 283.000 € offen stand, die im Insolvenzverfahren lediglich eine Insolvenzforderung darstellte. Insolvenzforderungen können im Insolvenzverfahren nur in Höhe der Quote erfüllt werden. Weitergehende Zahlungen auf Insolvenzforderungen aus der Masse sind offensichtlich insolvenzzweckwidrig, sofern sie nicht anderweitig gerechtfertigt sind.
Mit der gefundenen Lösung war für die Masse kein Nachteil verbunden, weil der zu zahlende Betrag wirtschaftlich ausschließlich zu Lasten der erstrangigen Grundschuldgläubigerin ging und die Masse hierdurch nicht beeinträchtigt wurde. Ein Vorteil für die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger war mit der durch die Löschung der Hypothek der Beklagten möglich gewordenen Durchführung des freihändigen Verkaufs des Betriebsgrundstücks insoweit nicht verbunden, als ein durch den freihändigen Verkauf erzielter höherer Erlös wegen der wertausschöpfenden Belastung durch die erstrangige Sicherheit nicht zu einem Massezuwachs führte.
Die Besonderheit des Falles liegt in dem Umstand, dass die Insolvenzmasse durch die Zahlung der "Lästigkeitsprämie" weder einen Vorteil noch einen Nachteil hatte. Dass die Zahlung wirtschaftlich aus der Masse erfolgt, ist aber der wesentliche Gesichtspunkt für die Insolvenzzweckwidrigkeit einer entsprechenden Verpflichtung oder Verfügung des Insolvenzverwalters. Wird demgegenüber der Bestand der Masse nicht beeinträchtigt, kann die Zahlung auf die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger keinen Einfluss haben.
Dass in der Folge der erstrangige Grundschuldgläubiger eine entsprechend höhere Insolvenzforderung hat, ist unerheblich, weil sich die Insolvenzforderung des nachrangigen Grundpfandgläubigers entsprechend reduziert, die Quote also unverändert bleibt. In einem solchen Fall hat die Masse zudem regelmäßig - wie auch hier i.H.v. 20.100 € - den Vorteil, dass bei freihändigem Verkauf aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung ein Kostenbeitrag der Grundpfandgläubiger an die Masse fließt, der - nach Erledigung der Kosten des Insolvenzverfahrens - den Gläubigern zugute kommt.
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