19.07.2013

Zur Zulässigkeit des Vertriebs "gebrauchter" Softwarelizenzen (UsedSoft II)

Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts des Urheberrechtsinhabers ist u.a. davon abhängig, dass der Urheberrechtsinhaber dem Ersterwerber das Recht eingeräumt hat, diese Kopie ohne zeitliche Begrenzung zu nutzen. Ferner kann sich der Nacherwerber einer Kopie des Computerprogramms nur dann mit Erfolg auf eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts an dieser Kopie berufen, wenn der Ersterwerber seine Kopie unbrauchbar gemacht hat.

BGH 17.7.2013, I ZR 129/08
Der Sachverhalt:
Die Klägerin entwickelt Computersoftware, die sie ganz überwiegend in der Weise vertreibt, dass die Kunden keinen Datenträger erhalten, sondern die Software von der Internetseite der Klägerin auf ihren Computer herunterladen. In den Lizenzverträgen der Klägerin ist bestimmt, dass das Nutzungsrecht, das die Klägerin ihren Kunden an den Computerprogrammen einräumt, nicht abtretbar ist.

Die Beklagte handelt mit "gebrauchten" Softwarelizenzen. Im Oktober 2005 hatte sie ihrer Kundschaft "bereits benutzte" Lizenzen für Programme der Klägerin angeboten. Dabei verwies sie auf ein Notartestat, in dem auf eine Bestätigung des ursprünglichen Lizenznehmers verwiesen wird. Danach sei dieser der rechtmäßige Inhaber der Lizenzen gewesen, benutze diese nicht mehr und habe den Kaufpreis vollständig bezahlt. Kunden der Beklagten laden nach dem Erwerb einer "gebrauchten" Lizenz die entsprechende Software von der Internetseite der Klägerin auf einen Datenträger herunter.

Die Klägerin war der Ansicht, die Beklagte verletze dadurch, dass sie die Erwerber "gebrauchter" Lizenzen dazu veranlasse, die entsprechenden Computerprogramme zu vervielfältigen, das Urheberrecht an diesen Programmen. Infolgedessen nahm sie die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

LG und OLG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten setzte der BGH das Verfahren aus und legte dem EuGH einige Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen zur Vorabentscheidung vor. Nachdem der EuGH diese Fragen beantwortet hatte ((EuGH, Urt. v. 3.7.2012 - C-128/11), hob der BGH nun das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Zwar greifen die Kunden der Beklagten durch das Herunterladen der Computerprogramme in das nach § 69c Nr. 1 UrhG ausschließlich dem Rechtsinhaber zustehende Recht zur Vervielfältigung der Computerprogramme ein. Und da die Beklagte ihre Kunden durch das Angebot "gebrauchter" Lizenzen zu diesem Eingriff veranlasst, kann auch sie auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, falls ihre Kunden nicht zur Vervielfältigung der Programme berechtigt sind. Allerdings können sich die Kunden der Beklagten möglicherweise auf die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG berufen, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG ins deutsche Recht umsetzt und daher richtlinienkonform auszulegen ist.

Danach bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms - solange nichts anderes vereinbart ist - nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist. Aus der EuGH-Entscheidung geht außerdem hervor, dass der Erwerber einer "gebrauchten" Softwarelizenz als "rechtmäßiger Erwerber" einer Programmkopie anzusehen ist, der von dem Vervielfältigungsrecht Gebrauch machen darf, wenn das Recht zur Verbreitung der Programmkopie nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG erschöpft ist und der Weiterverkauf der Lizenz an den Erwerber mit dem Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist.

Dabei setzt ein Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie nicht voraus, dass die Beklagte ihren Kunden einen Datenträger mit einer "erschöpften" Kopie des Computerprogramms übergibt. Vielmehr kann ein solcher Weiterverkauf auch dann vorliegen, wenn der Kunde die ihm von der Beklagten verkaufte Kopie des Computerprogramms von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers auf seinen Computer herunterlädt.

Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts des Urheberrechtsinhabers ist nach der EuGH-Entscheidung allerdings von einer Reihe von Voraussetzungen abhängig. Dazu gehört auch, dass der Urheberrechtsinhaber dem Ersterwerber das Recht eingeräumt hat, diese Kopie ohne zeitliche Begrenzung zu nutzen. Ferner kann sich der Nacherwerber einer Kopie des Computerprogramms nur dann mit Erfolg auf eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts an dieser Kopie berufen, wenn der Ersterwerber seine Kopie unbrauchbar gemacht hat. Im weiteren Verfahren muss das OLG deshalb nach entsprechendem Vortrag der Parteien prüfen, ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 126 vom 18.7.2013
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