Zur Zulässigkeit einer Kopplung von Gewinnspiel und Warenabsatz
BGH 12.12.2013, I ZR 192/12Die Parteien sind Hersteller von Lakritz und Fruchtgummi. Die Beklagte warb ab Februar 2011 im Fernsehen mit "GLÜCKS-WOCHEN". Beim Kauf von fünf Packungen zum Preis von etwa je 1 € und Einsendung der Kassenbons bestand die Chance, bei einer Verlosung einen von 100 "Goldbärenbarren" im Wert von jeweils 5.000 € zu gewinnen.
Die Klägerin hält den Werbespot, in dem der Fernsehmoderator Thomas Gottschalk im Supermarkt auf zwei Familien mit Kindern traf, für wettbewerbswidrig, weil er die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausnutze. Sie nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch.
LG und OLG gaben der Klage statt. Das OLG führte zur Begründung aus, dass die Gewinnspielkopplung aufgrund der Umstände des Einzelfalls eine unlautere Geschäftspraktik darstelle. Dabei sei der strengere Sorgfaltsmaßstab des § 3 Abs. 2 S. 3 UWG zugrunde zu legen und auf die Sicht von Kindern und Jugendlichen abzustellen, die durch die Werbung zu einem Kauf über Bedarf veranlasst werden könnten. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Werbung der Beklagten ist nicht wettbewerbswidrig.
Gewinnspielkopplungen können nach § 4 Nr. 6 UWG im Einzelfall verboten sein, wenn sie gegen die berufliche Sorgfalt verstoßen. Für die Beurteilung des Gewinnspiels im Streitfall gilt aber nicht der Sorgfaltsmaßstab des § 3 Abs. 2 S. 3 UWG, da die beanstandete Werbung voraussichtlich und vorhersehbar nicht allein das geschäftliche Verhalten von Kindern und Jugendlichen wesentlich beeinflussen konnte.
Die Produkte der Beklagten sind bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt. Ein an den Absatz dieser Produkte gekoppeltes Gewinnspiel ist daher voraussehbar geeignet, auch das Einkaufsverhalten von Erwachsenen zu beeinflussen. Daher ist vorliegend das Verständnis eines durchschnittlichen Verbrauchers maßgeblich. Auf dieser Grundlage verstößt die beanstandete Fernsehwerbung nicht gegen die berufliche Sorgfalt. Die Kosten der Gewinnspielteilnahme werden deutlich. Es werden auch keine unzutreffenden Gewinnchancen suggeriert.
Der Fernsehspot der Beklagten verstößt auch nicht gegen die speziell dem Schutz von Kindern und Jugendlichen dienenden Vorschriften des Wettbewerbsrechts. Er enthält keine unmittelbare Kaufaufforderung an Kinder (Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG). Er ist auch nicht geeignet, die geschäftliche Unerfahrenheit Minderjähriger in unlauterer Weise auszunutzen (§ 4 Nr. 2 UWG).
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