Zur Zulässigkeit von Rabatt- und Bonussystemen von EU-Versandapotheken
BGH 26.2.2014, I ZR 72/08Die Beklagte in den Verfahren mit den Az. I ZR 72/08, I ZR 119/09 und I ZR 120/09 war eine in den Niederlanden ansässige Apotheke, die im Wege des Internet-Versandhandels Medikamente für den deutschen Markt anbietet. In dem Verfahren I ZR 77/09 richtete sich die Klage gegen drei in NRW ansässige Apotheken, die für den Einkaufsservice einer in den Niederlanden ansässigen Versandapotheke werben. In dem Verfahren I ZR 79/10 war die Beklagte ein großes deutsches Versandhandelsunternehmen, das mit einem Einleger in seinem Katalog für eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke warb, die Boni für die Einlösung von Rezepten versprach.
Bei den Klägern handelte es sich um Betreiber von inländischen Apotheken, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs sowie zwei Apothekerverbände. Diese hatten die Verhaltensweise der Beklagten u.a. wegen Verstoßes gegen die im Arzneimittelrecht für verschreibungspflichtige Arzneimittel geltenden Preisbindungsvorschriften beanstandet. Sie nahmen die Beklagten auf Unterlassung der Ankündigung oder Gewährung der Boni bzw. Empfehlung der niederländischen Versandhandelsapotheke in Anspruch. Die Berufungsgerichte gaben den Klagen - außer in der Sache I ZR 77/09 - statt.
Der I. Senat hatte die Frage, ob deutsches Arzneimittelpreisrecht auch für den Apothekenabgabepreis verschreibungspflichtiger Arzneimittel gilt, die im Wege des Versandhandels von einer in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässigen Versandapotheke im Inland in den Verkehr gebracht werden, in der Sache I ZR 72/08 bejahen wollen, sich hieran aber durch eine Entscheidung des BSG gehindert gesehen. Der deshalb angerufene Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat entschieden, dass die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellen, ausländische Versandapotheken, die verschreibungspflichtige Arzneimittel im Inland an Endverbraucher abgeben, deutschem Arzneimittelpreisrecht zu unterwerfen.
Die Gründe:
Auf Grundlage des Beschlusses des Gemeinsamen Senats konnte abschließend entschieden werden. In den Sachen I ZR 72/08, I ZR 119/09 und I ZR 120/09 brauchte nur noch über die Kostentragung entschieden werden, nachdem die Parteien in der mündlichen Revisionsverhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Infolgedessen waren den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da ihre Rechtsmittel keinen Erfolg gehabt hätten, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre.
In der Sache I ZR 79/10 war die Revision der Beklagten zurückzuweisen. In der Sache I ZR 77/09 war auf die Revision der Klägerin das der Klage stattgebende Urteil erster Instanz wiederherzustellen. Insofern war in dem zugrundeliegenden Sachverhalt nicht entscheidend, dass die niederländische Versandapotheke die Verbraucher, die bei ihr verschreibungspflichtige Arzneimittel bestellten, bei dem beanstandeten Geschäftsmodell nicht direkt, sondern unter Einschaltung der Beklagten belieferten, da die hinsichtlich des Erfüllungsorts getroffene Regelung ersichtlich der Umgehung des deutschen Arzneimittelpreisrechts diente.
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