Zusatz "radionisch informiert" ist irreführend
OLG Karlsruhe v. 19.3.2024 - 14 U 63/23
Der Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt einen Online-Versand Sie bietet über ihre Internetseite Produkte rund um die Schwangerschaft an. Hierbei handelt es sich u.a. um "Babytraum Tee", "Babytraum Globuli für Sie/Für die Frau" sowie "Babytraum Globuli für Ihn/Für den Mann". Der Kläger ist ein Verband, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben u.a. die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs gehört. Er begehrte die Unterlassung verschiedener Werbeaussagen zu Tees und Globuli, die sich am 12.1.2022 auf der Internetseite der Beklagten befanden. Er verwies u.a. darauf, dass die Produkte unstreitig keine Förderung auf die Empfängnis/Schwangerschaft nehmen könnten und eine solche auch nicht förderten und deshalb eine Irreführungsgefahr vorliege.
Auf eine Abmahnung des Klägers vom 14.1.2022 hat die Beklagte am 31.1.2022 hinsichtlich eines Teils der vom Kläger beanstandeten Aussagen eine Unterlassungserklärung abgegeben. Daraufhin verlangte der Kläger gerichtlich die Unterlassung weiterer Werbeaussagen, für die die Beklagte keine Unterlassungserklärung abgegeben hatte.
Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben. Es sah die Werbung an sich nicht als unlauter an, lediglich einige Werbeaussagen habe die Beklagte zu unterlassen. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG die Entscheidung abgeändert und der Klage im vollen Umfang stattgegeben.
Die Gründe:
Der Kläger kann nach §§ 3 Abs. 1, 3a, 8 Abs. 1 UWG i.V.m. Art. 3 Unterabsatz 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG in der Fassung vom 10.12.2015 (a. F.) die Unterlassung der in den Klageanträgen beanstandeten Werbung verlangen.
Der Kläger hat entgegen der Auffassung des LG auch die weiteren gegenüber der Beklagten geltend gemachten Unterlassungsansprüche. Die in Rede stehenden Unterlassungsanträge sind aus §§ 3 Abs. 1, 3a, 8 Abs. 1 UWG i.V.m. Art. 3 Unterabsatz 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (Health-Claim-VO) begründet. Nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 müssen sich nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen und durch diese abgesichert sein. Die Bedingungen für die Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben, die in Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bestimmt sind, konkretisieren im Wesentlichen das Verbot des Art. 3 Unterabsatz 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, nach dem solche Angaben nicht falsch, mehrdeutig oder irreführend sein dürfen.
Gemessen hieran waren die mit den Anträgen beanstandeten Werbeaussagen hinsichtlich der von der Beklagten beworbenen Lebensmittel schon deswegen irreführend i.S.d. Art. 3 Unterabsatz 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 und damit zu unterlassen, da die gegenüber den angesprochenen Verkehrskreisen suggerierten positiven Wirkungen auf den menschlichen Organismus, bei denen es sich um gesundheitsbezogene Angaben handelt, nicht wissenschaftlich belegt sind. Die angesprochenen Verkehrskreise erwarten bei der Verwendung gesundheitsbezogener Angaben, auch wenn diese wie vorliegend nicht genau spezifiziert sind, dass sich diese auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und dem vertriebenen Produkt nicht lediglich zu Werbezwecken ohne jeglichen Beleg der beworbenen gesundheitsfördernden Wirkung zugesprochen werden.
Die klägerseits gerügte Produktpräsentation der Globuli "Babytraum Globuli für Ihn"/"Babytraum für den Mann" und "Babytraum Globuli für Sie"/"Für die Frau" mit dem Zusatz "radionisch informiert" ist irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG a.F., was der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen konnte. Eine Irreführung des Käufers kann vorliegen, wenn die Etikettierung, die alle Angaben, Kennzeichnungen, Hersteller und Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen umfasst, die sich auf ein Lebensmittel beziehen und auf dessen Verpackung angebracht sind, unwahre, falsche, mehrdeutige, widersprüchliche oder unverständliche Elemente enthält. In bestimmten Fällen kann das Verzeichnis der Zutaten, auch wenn es richtig und vollständig ist, gleichwohl nicht geeignet sein, einen falschen oder missverständlichen Eindruck des Verbrauchers bezüglich der Eigenschaften eines Lebensmittels zu berichtigen, der sich aus den anderen Elementen der Etikettierung dieses Lebensmittels ergibt.
Infolgedessen ist eine Produktpräsentation von Globuli mit dem Zusatz "radionisch informiert" irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG a.F. anzusehen. Die Präsentation erfolgt in einer Weise, die der durchschnittliche Verbraucher mit homöopathischen Mitteln assoziiert, worauf auch der Zusatz "radionisch informiert" verweist. Dies erweckt bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck, dass es sich hierbei nicht nur um reine Zuckerkügelchen handelt. Vielmehr wird durch die Aufmachung und den Textzusatz der Eindruck erweckt, es handle sich um ein (zugelassenes) homöopathisches Mittel zur Steigerung der Zeugungs- bzw. Empfängnisfähigkeit, was nicht der Fall ist.
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Die Beklagte betreibt einen Online-Versand Sie bietet über ihre Internetseite Produkte rund um die Schwangerschaft an. Hierbei handelt es sich u.a. um "Babytraum Tee", "Babytraum Globuli für Sie/Für die Frau" sowie "Babytraum Globuli für Ihn/Für den Mann". Der Kläger ist ein Verband, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben u.a. die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs gehört. Er begehrte die Unterlassung verschiedener Werbeaussagen zu Tees und Globuli, die sich am 12.1.2022 auf der Internetseite der Beklagten befanden. Er verwies u.a. darauf, dass die Produkte unstreitig keine Förderung auf die Empfängnis/Schwangerschaft nehmen könnten und eine solche auch nicht förderten und deshalb eine Irreführungsgefahr vorliege.
Auf eine Abmahnung des Klägers vom 14.1.2022 hat die Beklagte am 31.1.2022 hinsichtlich eines Teils der vom Kläger beanstandeten Aussagen eine Unterlassungserklärung abgegeben. Daraufhin verlangte der Kläger gerichtlich die Unterlassung weiterer Werbeaussagen, für die die Beklagte keine Unterlassungserklärung abgegeben hatte.
Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben. Es sah die Werbung an sich nicht als unlauter an, lediglich einige Werbeaussagen habe die Beklagte zu unterlassen. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG die Entscheidung abgeändert und der Klage im vollen Umfang stattgegeben.
Die Gründe:
Der Kläger kann nach §§ 3 Abs. 1, 3a, 8 Abs. 1 UWG i.V.m. Art. 3 Unterabsatz 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG in der Fassung vom 10.12.2015 (a. F.) die Unterlassung der in den Klageanträgen beanstandeten Werbung verlangen.
Der Kläger hat entgegen der Auffassung des LG auch die weiteren gegenüber der Beklagten geltend gemachten Unterlassungsansprüche. Die in Rede stehenden Unterlassungsanträge sind aus §§ 3 Abs. 1, 3a, 8 Abs. 1 UWG i.V.m. Art. 3 Unterabsatz 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (Health-Claim-VO) begründet. Nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 müssen sich nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen und durch diese abgesichert sein. Die Bedingungen für die Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben, die in Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bestimmt sind, konkretisieren im Wesentlichen das Verbot des Art. 3 Unterabsatz 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, nach dem solche Angaben nicht falsch, mehrdeutig oder irreführend sein dürfen.
Gemessen hieran waren die mit den Anträgen beanstandeten Werbeaussagen hinsichtlich der von der Beklagten beworbenen Lebensmittel schon deswegen irreführend i.S.d. Art. 3 Unterabsatz 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 und damit zu unterlassen, da die gegenüber den angesprochenen Verkehrskreisen suggerierten positiven Wirkungen auf den menschlichen Organismus, bei denen es sich um gesundheitsbezogene Angaben handelt, nicht wissenschaftlich belegt sind. Die angesprochenen Verkehrskreise erwarten bei der Verwendung gesundheitsbezogener Angaben, auch wenn diese wie vorliegend nicht genau spezifiziert sind, dass sich diese auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und dem vertriebenen Produkt nicht lediglich zu Werbezwecken ohne jeglichen Beleg der beworbenen gesundheitsfördernden Wirkung zugesprochen werden.
Die klägerseits gerügte Produktpräsentation der Globuli "Babytraum Globuli für Ihn"/"Babytraum für den Mann" und "Babytraum Globuli für Sie"/"Für die Frau" mit dem Zusatz "radionisch informiert" ist irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG a.F., was der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen konnte. Eine Irreführung des Käufers kann vorliegen, wenn die Etikettierung, die alle Angaben, Kennzeichnungen, Hersteller und Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen umfasst, die sich auf ein Lebensmittel beziehen und auf dessen Verpackung angebracht sind, unwahre, falsche, mehrdeutige, widersprüchliche oder unverständliche Elemente enthält. In bestimmten Fällen kann das Verzeichnis der Zutaten, auch wenn es richtig und vollständig ist, gleichwohl nicht geeignet sein, einen falschen oder missverständlichen Eindruck des Verbrauchers bezüglich der Eigenschaften eines Lebensmittels zu berichtigen, der sich aus den anderen Elementen der Etikettierung dieses Lebensmittels ergibt.
Infolgedessen ist eine Produktpräsentation von Globuli mit dem Zusatz "radionisch informiert" irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG a.F. anzusehen. Die Präsentation erfolgt in einer Weise, die der durchschnittliche Verbraucher mit homöopathischen Mitteln assoziiert, worauf auch der Zusatz "radionisch informiert" verweist. Dies erweckt bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck, dass es sich hierbei nicht nur um reine Zuckerkügelchen handelt. Vielmehr wird durch die Aufmachung und den Textzusatz der Eindruck erweckt, es handle sich um ein (zugelassenes) homöopathisches Mittel zur Steigerung der Zeugungs- bzw. Empfängnisfähigkeit, was nicht der Fall ist.
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