03.12.2024

Allein psychische Gewissheit eines erneuten Schimmelbefalls reicht nicht für Mietminderung

Gleichwohl war die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch in dem genannten Zeitraum nicht gemindert, weil kein Schimmel in der Wohnung vorhanden war. Alleine die psychische Gewissheit, dass es wieder zum Auftreten von Schimmel kommen werde, führt nicht zu einer Minderung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung.

AG Köln v. 4.9.2024 - 206 C 17/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist seit 1999 Mieter der Beklagten. Für die Wohnung, in der er mit seiner Ehefrau und seinen vier Kindern lebt, zahlt er seit 1.1.2023 eine Gesamtmiete i.H.v. 998 €. In der Wohnung entstehen seit einigen Jahren Schimmel und Feuchtigkeit, worüber die Parteien sich in der Zeit zwischen 2018 und 2022 immer wieder schriftlich ausgetauscht hatten. Mehrfach forderte der Kläger die Beklagte dabei erfolglos auf, die in der Wohnung vorhandenen Feuchtigkeits- und Schimmelschäden nachhaltig und sach- und fachgerecht zu beseitigen, kündigte mit letzterem Schreiben die Geltendmachung einer Mietminderung an.

Mit Schreiben vom 2.5.2022 lehnte die Beklagte eine Mietminderung erneut ab,  kündigte aber kulanzweise eine Beseitigung der Feuchtigkeits- und Schimmelschäden an. Der Kläger forderte weiterhin die Beklagte zu einer nachhaltigen und fachgerechten Beseitigung der Feuchtigkeits- und Schimmelproblematik auf. Mitarbeiter der Beklagten behandelten im Juni 2022 die betroffenen Stellen in der Wohnung und überstrichen sie mit Isolierfarbe.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.12.2022 zeigte der Kläger erneut das Auftreten von Schimmel und Feuchtigkeit in der Wohnung bei der Beklagten an, forderte sie zur nachhaltigen, fachgerechten Feuchtigkeits- und Schimmelbeseitigung auf, kündigte einen Feststellungsantrag auf Angemessenheit einer Mietminderung von 25% an und stellte weitere Mietzahlungen erneut unter Vorbehalt. Am 5.1.2023 kam es zudem zu einem Rohrbruch im Bad des Klägers. Das Wasser wurde am selben Tag abgestellt, sodass Toilette und Dusche nicht nutzbar waren. Wegen der durch den Wasserschaden entstandenen Schäden, die auch die Schlafzimmerwand erfassten.

Neben der Mangelbeseitigung begehrte der Kläger mit der Klage die Rückzahlung gezahlter Mieten i.H.v. jeweils 25% der Bruttomiete für den Zeitraum Januar 2020 bis einschließlich Dezember 2023 sowie 40% der Bruttomiete für Januar 2023. Die Beklagte behauptete, die Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden beruhten nicht auf Baumängeln, Gebäudeundichtigkeit oder einen Leitungswasserschaden, sondern auf der Möblierung sowie unzureichendem Heiz- und Lüftungsverhalten des Klägers und seiner Familie.

Das AG gab der Klage nur teilweise statt.

Die Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf fachgerechte und nachhaltige Mangelbeseitigung, die auch die Beseitigung der Ursachen der Feuchtigkeits- und Schimmelschäden umfasst, gem. § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zu.

Die Mietsache ist mangelhaft. Wie zwischen den Parteien unstreitig befinden sich Schimmel- und Feuchteschäden rund um die Fensterrahmen in den Fensterlaibungen und teilweise auch auf den Fensterbänken der Fenster in Wohn- und Schlafzimmer, den beiden Kinderzimmern, der Küche und des Gäste-WCs sowie an der Balkontür im Wohnzimmer. Dabei handelt es sich um einen Mangel der Mietsache. Aufgrund der besonderen Gefahren von Schimmelpilz für die Rechtsgüter des Klägers und der weiteren Bewohner der Wohnung, insbesondere für ihre Gesundheit und ihr Eigentum, ist die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung bei Auftreten von Schimmel ohne Weiteres nicht unerheblich beeinträchtigt.

Es liegt auch kein Gegenanspruch der Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB vor. Ihr ist es nicht gelungen, zu beweisen, dass der Schimmel nicht bauwerksbedingt ist. Ganz im Gegenteil stand nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Feuchtigkeits- und Schimmelschäden im tenorierten Umfang, d.h. rund um die Fensterrahmen im Bereich der Fensterlaibungen und im Bereich der Fensterbänke auf einem Baumangel beruhten. An den Fenstern, insbesondere an den Fensterbänken, sind demnach baulich begründete Wärmebrücken vorhanden. Diese senken die Oberflächentemperatur so stark ab, dass es hier zu Kondensat kommen muss.

Demgegenüber steht dem Kläger kein Anspruch gegen die Beklagte auf Beseitigung der sonstigen Schimmel- und Feuchteschäden in der Wohnung, insbesondere an den außerhalb der Fensterlaibungen liegenden Wand- und Deckenflächen gem. § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stand für alle Bereiche außerhalb der Fensterlaibungen und Fensterbänke zur Überzeugung des Gerichts fest, dass insoweit aufgetretene Schimmel- und Feuchteschäden nicht baubedingt waren. Die sonstigen Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung, insbesondere an den außerhalb der Fensterlaibungen liegenden Wand- und Deckenflächen, insbesondere auch im Badezimmer, sind vielmehr durch vertragswidriges, pflichtwidriges und schuldhaftes Nutzerverhalten entstanden, sodass insoweit ein Mangelbeseitigungsanspruch des Klägers gem. § 242 BGB ausgeschlossen ist.

Ein weitergehender Rückzahlungsanspruch gezahlter Mieten i.H.v. weiteren 7.741 € für den Zeitraum Januar 2020 bis einschließlich 22.12.2022 steht dem Kläger nicht gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. In diesem Zeitraum gab es keinen Schimmel in der Wohnung. Die Beklagte hatte ihn im Juni 2022 beseitigt. Diese Beseitigung war nicht nachhaltig, weil die Ursachen des baubedingt veranlassten Schimmels nicht beseitigt waren. Gleichwohl war die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch in dem genannten Zeitraum nicht gemindert, weil kein Schimmel in der Wohnung vorhanden war. Alleine die psychische Gewissheit, dass es wieder zum Auftreten von Schimmel kommen werde, führt nicht zu einer Minderung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung. Erst ab dem erneuten Auftreten von Schimmel und dessen Anzeige stand dem Kläger ein entsprechender Minderungsanspruch zu.

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