Anwalt darf auch in eigener Angelegenheit Berufung nicht per Fax einlegen
AGH Berlin v. 18.9.2024 - II AGH 14/23
Der Sachverhalt:
Das Anwaltsgericht Berlin verhängte im Juli 2023 gegen den Rechtsanwalt wegen schuldhaften Verstoßes gegen die Pflicht, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben, insbesondere, als Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten, die anwaltsgerichtlichen Maßnahmen eines Verweises sowie einer Geldbuße in Höhe von 3.000 €.
Dagegen legte der Anwalt mit per Fax übermitteltem Schriftsatz Berufung ein. Der AGH verwarf die Berufung als unzulässig und ließ die Revision nicht zu.
Die Gründe:
Die Berufung entspricht nicht den Formerfordernissen des § 32d Satz 2 StPO in Verbindung mit § 116 Absatz 1 Satz 2 BRAO. Nach der seit dem 1.1.2022 geltenden Vorschrift des § 32d Satz 2 StPO, welcher gemäß § 116 Absatz 1 Satz 2 BRAO für das anwaltsgerichtliche Verfahren sinngemäß anzuwenden ist, müssen Verteidiger und Rechtsanwälte die Berufung als elektronisches Dokument übermitteln. Insoweit handelt es sich um eine Form- und Wirksamkeitsvoraussetzung der jeweiligen Prozesshandlung, welche bei Nichteinhaltung deren Unwirksamkeit zur Folge hat (BGH v. 6.2.2024 - 6 StR 609/23).
Diesen Anforderungen entspricht die per Fax übermittelte Berufungsschrift nicht (für per Telefax übermittelte Revisionseinlegung: BGH v. 9.8.2022 - 6 StR 268/22). Die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls nach § 32d Satz 3 StPO sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Ohnehin stellt eine Verzögerung bei der Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltsfachs regelmäßig keine vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung dar.
Dem steht nicht entgegen, dass der angeschuldigte Rechtsanwalt zugleich Betroffener des anwaltsgerichtlichen Verfahrens, mithin nicht für einen Dritten, sondern in eigener Angelegenheit aufgetreten ist (vgl. BGH v. 15.12.2023 - AnwZ (Brfg) 10/23).
Entgegen der Rechtsprechung des AGH Hamm (21.4.2023 - 2 AGH 10/22) kann der BRAO auch keine Regelung entnommen werden, wonach § 32d Satz 2 StPO im anwaltsgerichtlichen Verfahren keine Anwendung finde. Insbesondere kommt § 37 BRAO hierfür nicht in Betracht, weil diese Vorschrift nach gesetzessystematischer als auch historischer Auslegung im anwaltsgerichtlichen Verfahren keine Anwendung findet. Dafür sprechen auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.
Im Hinblick auf die erst nach dem Urteil des AGH Hamm vom 21.4.2023 ergangene Entscheidung des BGH v. 15.12.2023 - AnwZ (Brfg) 10/23) - ist diese Rechtsfrage auch als geklärt anzusehen und bietet daher keinen Anlass, die Revision zuzulassen.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
§§ 233, 232, 130d S. 1 ZPO: Fristversäumnis bei mangelndem Hinweis auf beA-Nutzungspflicht
BGH vom 10.1.2023 - VIII ZB 41/22
FamRZ 2023, 627
Aufsatz:
Fristwahrung durch Fax: "Es kommt auf die Sekunde an ..."
Max Vollkommer, MDR 2023, 1213
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Das Anwaltsgericht Berlin verhängte im Juli 2023 gegen den Rechtsanwalt wegen schuldhaften Verstoßes gegen die Pflicht, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben, insbesondere, als Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten, die anwaltsgerichtlichen Maßnahmen eines Verweises sowie einer Geldbuße in Höhe von 3.000 €.
Dagegen legte der Anwalt mit per Fax übermitteltem Schriftsatz Berufung ein. Der AGH verwarf die Berufung als unzulässig und ließ die Revision nicht zu.
Die Gründe:
Die Berufung entspricht nicht den Formerfordernissen des § 32d Satz 2 StPO in Verbindung mit § 116 Absatz 1 Satz 2 BRAO. Nach der seit dem 1.1.2022 geltenden Vorschrift des § 32d Satz 2 StPO, welcher gemäß § 116 Absatz 1 Satz 2 BRAO für das anwaltsgerichtliche Verfahren sinngemäß anzuwenden ist, müssen Verteidiger und Rechtsanwälte die Berufung als elektronisches Dokument übermitteln. Insoweit handelt es sich um eine Form- und Wirksamkeitsvoraussetzung der jeweiligen Prozesshandlung, welche bei Nichteinhaltung deren Unwirksamkeit zur Folge hat (BGH v. 6.2.2024 - 6 StR 609/23).
Diesen Anforderungen entspricht die per Fax übermittelte Berufungsschrift nicht (für per Telefax übermittelte Revisionseinlegung: BGH v. 9.8.2022 - 6 StR 268/22). Die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls nach § 32d Satz 3 StPO sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Ohnehin stellt eine Verzögerung bei der Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltsfachs regelmäßig keine vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung dar.
Dem steht nicht entgegen, dass der angeschuldigte Rechtsanwalt zugleich Betroffener des anwaltsgerichtlichen Verfahrens, mithin nicht für einen Dritten, sondern in eigener Angelegenheit aufgetreten ist (vgl. BGH v. 15.12.2023 - AnwZ (Brfg) 10/23).
Entgegen der Rechtsprechung des AGH Hamm (21.4.2023 - 2 AGH 10/22) kann der BRAO auch keine Regelung entnommen werden, wonach § 32d Satz 2 StPO im anwaltsgerichtlichen Verfahren keine Anwendung finde. Insbesondere kommt § 37 BRAO hierfür nicht in Betracht, weil diese Vorschrift nach gesetzessystematischer als auch historischer Auslegung im anwaltsgerichtlichen Verfahren keine Anwendung findet. Dafür sprechen auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.
Im Hinblick auf die erst nach dem Urteil des AGH Hamm vom 21.4.2023 ergangene Entscheidung des BGH v. 15.12.2023 - AnwZ (Brfg) 10/23) - ist diese Rechtsfrage auch als geklärt anzusehen und bietet daher keinen Anlass, die Revision zuzulassen.
Rechtsprechung:
§§ 233, 232, 130d S. 1 ZPO: Fristversäumnis bei mangelndem Hinweis auf beA-Nutzungspflicht
BGH vom 10.1.2023 - VIII ZB 41/22
FamRZ 2023, 627
Aufsatz:
Fristwahrung durch Fax: "Es kommt auf die Sekunde an ..."
Max Vollkommer, MDR 2023, 1213
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