Anwaltskosten im Gestattungsverfahren sind erstattungsfähige Prozesskosten
BGH 26.4.2017, I ZB 41/16Die Klägerin hat im Jahr 2011 einen Internet-Provider nach § 101 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UrhG auf Auskunft über die Inhaber von insgesamt 702 IP-Adressen, über die ein von ihr vertriebenes Computerspiel angeboten worden war, in Anspruch genommen. Davor hatte sie gem. § 101 Abs. 9 S. 1 UrhG richterliche Gestattungen erwirkt.
Durch die Auskunft erfuhr die Klägerin, dass dem Internetanschluss der Beklagten 103 der 702 IP-Adressen zuzuordnen waren. Die Klägerin erhob schließlich gegen die Beklagte Klage auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten. Der Rechtsstreit wurde durch Anerkenntnisurteil beigelegt. Anschließend beantragte die Klägerin die Festsetzung der Kosten des Verfahrens und machte Kosten in Höhe des auf die Beklagten entfallenden Anteils an den Gesamtkosten in Höhe von 1.105 € geltend.
Das LG hat die Kosten in Höhe von 205 € festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Beschwerdegericht sodann die Kosten auf 417 € festgesetzt. Die Klägerin legte daraufhin Rechtsbeschwerde ein. Diese hatte Erfolg.
Die Gründe:
Die Kosten des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 9 S. 1 UrhG gegen einen Internet-Provider auf Auskunft über den Inhaber einer IP-Adresse dienen der Vorbereitung der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreit gegen die Person, dir für eine über diese IP-Adresse begangene Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist.
Die Kosten sind daher gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erstatten, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtverfolgung notwendig waren und nur anteilig in der Höhe wie sie auf die jeweilige Person als Urheberrechtsverletzer entfallen. Zu den Kosten des Rechtsstreits gehören auch Kosten, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen. Sie werden den Prozesskosten zugerechnet. Kosten des Rechtsstreits können danach z.B. auch Kosten für Detektivermittlungen und Testkäufe sein.
Ob eine Notwendigkeit auch bestand, richtet sich danach, ob eine verständige und wirtschaftlich denkende Partei die Kosten verursachende Maßnahme als erforderlich ansehen durfte. Die Partei darf ihr berechtigtes Interesse verfolgen und muss lediglich bei gleichgearteten Maßnahmen die Kostengünstigste wählen.
Im vorliegenden Fall ist die Beauftragung eines Anwalts mit der Durchführung des Gestattungsverfahrens unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze als notwendig für die zweckentsprechende Rechtverfolgung anzusehen. Auch die Tatsache, dass die Klägerin eine eigene kleine Rechtsabteilung hat und es sich bei dem Verfahren um gleichgeartete Massenverfahren handelt, die die Klägerin wiederholt unternimmt, vermag nichts an der Notwendigkeit zu ändern. Die Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen zählt nicht zu den originären Aufgaben eines Unternehmens, welches Computer vertreibt und es muss seine Rechtsabteilung nicht dafür einsetzen. Der Klägerin steht es sogar frei, erst nach eigenen Ermittlungen, zu einem späteren Zeitpunkt einen Rechtsanwalt hinzuziehen.
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