Anwendung von § 117 Abs. 1 S. 1 - 3 FamFG im vereinfachten Unterhaltsverfahren
OLG Frankfurt a.M. v. 11.10.2024 - 6 UF 181/24
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller hatte am 28.2.2024 ergänzt durch Schreiben vom 7.3.2024 die Festsetzung von Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts im vereinfachten Verfahren für den Zeitraum ab Oktober 2023 beantragt. Der Antrag wurde dem Antragsgegner nebst Hinweisen nach § 251 Abs. 1 Satz 2 FamFG am 19.3.2024 zugestellt. Eine Reaktion erfolgte nicht.
Am 29.7.2024 setzte das AG gegen den Antragsgegner zugunsten des Antragstellers antragsgemäß rückständigen Unterhalt für Oktober 2023 bis Februar 2024 i..H.v. 1.479 € und laufenden Unterhalt ab März 2024 i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergelds, also monatlich 520 €, fest. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 31.7.2024 zugestellt.
Mit am 29.8.2024 beim AG eingegangener Beschwerde wandte sich der Antragsgegner gegen die Unterhaltsfestsetzung. Die Beschwerde wurde bei Einlegung nicht begründet. Mit Schreiben des Vorsitzenden vom 18.9.2024 wurde der Antragsgegner vorsorglich auf § 256 FamFG hingewiesen. Weitere Schriftsätze sind nicht eingegangen.
Das OLG hat die Beschwerde als zulässig aber unbegründet zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Beschwerde war trotz fehlenden Sachantrags und fehlender Begründung zulässig. Ob § 117 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 FamFG im vereinfachten Unterhaltsverfahren anzuwenden ist, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur streitig. Die eine Anwendung befürwortende h.M. verweist darauf, dass es sich bei dem vereinfachten Unterhaltsverfahren als Unterhaltssache (§ 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG) gem. § 112 Nr. 1 FamFG um eine Familienstreitsache handelt. Gesetzeswortlaut und Regelungssystematik führen nach dieser Auffassung nicht zu einer einschränkenden Auslegung des § 117 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 FamFG. Besondere Regelungen für die Beschwerde bestünden nur in den §§ 256, 257 und 259 FamFG, deswegen sei für die Anforderungen an die Beschwerde die allgemeine Regelung in § 117 FamFG anzuwenden; gegen die Anwendung des § 117 FamFG spreche auch nicht die erstinstanzliche Zuständigkeit des Rechtspfleger.
Nach der Gegenauffassung ist § 117 Abs. 1 FamFG im vereinfachten Verfahren nicht anwendbar. Und der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung. Auch wenn die erstinstanzliche Entscheidung gem. § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG für sofort wirksam erklärt werden soll, bleibt es dabei, dass das die in § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG gewährte Frist für die Begründung der Beschwerde von zwei Monaten, gegebenenfalls ergänzt um eine Erwiderungsfrist (§ 522 FamFG), mit der durch die §§ 251 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 252 Abs. 5 FamFG erzielten beschleunigten Durchführung des vereinfachten Unterhaltsverfahrens nicht in Einklang zu bringen ist. Auch mag sich der Gesetzesbegründung zu § 117 FamFG und § 256 FamFG nicht ausdrücklich entnehmen lassen, dass der Gesetzgeber für das vereinfachte Verfahren keinen Begründungszwang vorsehen wollte.
In der Sache blieb die Beschwerde aber erfolglos. Das vereinfachte Unterhaltsverfahren war gem. § 249 FamFG statthaft, der Antrag des Antragstellers enthielt die nach § 250 FamFG erforderlichen Angaben und das AG hat den Antrag in den Anforderungen des § 251 FamFG entsprechender Form dem Antragsgegner zugestellt. Die Voraussetzungen für die Unterhaltsfestsetzung durch Beschluss nach § 253 Abs. 1 Satz 1 FamFG lagen vor. Der Antragsgegner hatte vor Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung, die die Monatsfrist nach § 251 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 FamFG wahrt, keine Einwendungen erhoben, weder Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Unterhaltsverfahrens (vgl. § 252 Abs. 1 Satz 1 FamFG) noch Einwendungen gegen den geltend gemachten Unterhaltsanspruch (vgl. § 252 Abs. 2 FamFG). Insofern führte auch die von Amts wegen gebotene Überprüfung der Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens nicht zu einem Erfolg der Beschwerde, weil die Zulässigkeitsanforderungen wie dargelegt erfüllt waren.
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Am 29.7.2024 setzte das AG gegen den Antragsgegner zugunsten des Antragstellers antragsgemäß rückständigen Unterhalt für Oktober 2023 bis Februar 2024 i..H.v. 1.479 € und laufenden Unterhalt ab März 2024 i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergelds, also monatlich 520 €, fest. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 31.7.2024 zugestellt.
Mit am 29.8.2024 beim AG eingegangener Beschwerde wandte sich der Antragsgegner gegen die Unterhaltsfestsetzung. Die Beschwerde wurde bei Einlegung nicht begründet. Mit Schreiben des Vorsitzenden vom 18.9.2024 wurde der Antragsgegner vorsorglich auf § 256 FamFG hingewiesen. Weitere Schriftsätze sind nicht eingegangen.
Das OLG hat die Beschwerde als zulässig aber unbegründet zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Beschwerde war trotz fehlenden Sachantrags und fehlender Begründung zulässig. Ob § 117 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 FamFG im vereinfachten Unterhaltsverfahren anzuwenden ist, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur streitig. Die eine Anwendung befürwortende h.M. verweist darauf, dass es sich bei dem vereinfachten Unterhaltsverfahren als Unterhaltssache (§ 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG) gem. § 112 Nr. 1 FamFG um eine Familienstreitsache handelt. Gesetzeswortlaut und Regelungssystematik führen nach dieser Auffassung nicht zu einer einschränkenden Auslegung des § 117 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 FamFG. Besondere Regelungen für die Beschwerde bestünden nur in den §§ 256, 257 und 259 FamFG, deswegen sei für die Anforderungen an die Beschwerde die allgemeine Regelung in § 117 FamFG anzuwenden; gegen die Anwendung des § 117 FamFG spreche auch nicht die erstinstanzliche Zuständigkeit des Rechtspfleger.
Nach der Gegenauffassung ist § 117 Abs. 1 FamFG im vereinfachten Verfahren nicht anwendbar. Und der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung. Auch wenn die erstinstanzliche Entscheidung gem. § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG für sofort wirksam erklärt werden soll, bleibt es dabei, dass das die in § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG gewährte Frist für die Begründung der Beschwerde von zwei Monaten, gegebenenfalls ergänzt um eine Erwiderungsfrist (§ 522 FamFG), mit der durch die §§ 251 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 252 Abs. 5 FamFG erzielten beschleunigten Durchführung des vereinfachten Unterhaltsverfahrens nicht in Einklang zu bringen ist. Auch mag sich der Gesetzesbegründung zu § 117 FamFG und § 256 FamFG nicht ausdrücklich entnehmen lassen, dass der Gesetzgeber für das vereinfachte Verfahren keinen Begründungszwang vorsehen wollte.
In der Sache blieb die Beschwerde aber erfolglos. Das vereinfachte Unterhaltsverfahren war gem. § 249 FamFG statthaft, der Antrag des Antragstellers enthielt die nach § 250 FamFG erforderlichen Angaben und das AG hat den Antrag in den Anforderungen des § 251 FamFG entsprechender Form dem Antragsgegner zugestellt. Die Voraussetzungen für die Unterhaltsfestsetzung durch Beschluss nach § 253 Abs. 1 Satz 1 FamFG lagen vor. Der Antragsgegner hatte vor Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung, die die Monatsfrist nach § 251 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 FamFG wahrt, keine Einwendungen erhoben, weder Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Unterhaltsverfahrens (vgl. § 252 Abs. 1 Satz 1 FamFG) noch Einwendungen gegen den geltend gemachten Unterhaltsanspruch (vgl. § 252 Abs. 2 FamFG). Insofern führte auch die von Amts wegen gebotene Überprüfung der Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens nicht zu einem Erfolg der Beschwerde, weil die Zulässigkeitsanforderungen wie dargelegt erfüllt waren.
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