12.08.2024

beA: Anforderungen an die Signatur bei Einreichung des Schriftsatzes eines anderen Rechtsanwalts

Reicht ein Rechtsanwalt über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach einen Schriftsatz, den ein anderer Rechtsanwalt verfasst, aber nicht qualifiziert elektronisch signiert hat, bei Gericht ein, ist dies nicht wirksam.

BGH v. 3.7.2024 - XII ZB 538/23
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller begehrt Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist. Das AG wies u.a. den Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Auskunft über Einkünfte und Vermögen sowie Vorlage von im Einzelnen bezeichneten Belegen zur Geltendmachung eines familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs im Wege der Stufenklage zurück. Gegen den ihm am 11.5.2023 zugestellten Teilbeschluss legte der Antragsteller fristgerecht Beschwerde ein. Nach Ablauf der antragsgemäß bis zum 9.8.2023 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist wies das OLG am 22.8.2023 auf die Unzulässigkeit der Beschwerde mangels fristgerechter Begründung hin.

Daraufhin beantragte der Antragsteller mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30.8.2023 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist und begründete die Beschwerde zugleich. Den Wiedereinsetzungsantrag begründete er unter Beifügung entsprechender eidesstattlicher Versicherungen beider Rechtsanwälte damit, der Rechtsanwalt, den sein Verfahrensbevollmächtigter unter Hinweis auf den Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am 9.8.2023 um Übermittlung der Beschwerdebegründung an das OLG per beA gebeten habe, habe die Versendung vergessen.

Das OLG wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Beschwerde. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Es hält sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass das OLG dem Antragsteller eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Beschwerdebegründungsfrist verweigert hat. Die Fristversäumung beruht auf einem Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten, die sich der Antragsteller nach § 113 Abs. 1 FamFG, § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

Der Wiedereinsetzungsantrag des Antragstellers und die eidesstattlichen Versicherungen der beiden Rechtsanwälte enthalten keine Schilderung der tatsächlichen Abläufe, die ein fehlendes Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten annehmen ließen. Sie lassen nicht erkennen, ob der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers dem von ihm herangezogenen anderen Rechtsanwalt am 9.8.2023 die Beschwerdebegründung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt hat. Nach § 113 Abs. 1 FamFG, §§ 520 Abs. 5, 130 a ZPO muss die Beschwerdebegründung als elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Die Bestimmung stellt damit zwei Wege zur rechtswirksamen Übermittlung von elektronischen Dokumenten zur Verfügung. Zum einen kann der Rechtsanwalt den Schriftsatz mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Zum anderen kann er auch nur einfach signieren, muss den Schriftsatz aber sodann selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 130 a Abs. 4 ZPO einreichen.

Ist der Verfahrensbevollmächtigte, der den Schriftsatz gefertigt und einfach signiert hat, nicht identisch mit der Person, die durch den sicheren Übermittlungsweg als Absender des elektronischen Dokuments ausgewiesen wird, ist das Dokument danach nicht wirksam eingereicht. In diesem Fall kann die als Absender ausgewiesene Person das Dokument nur dann wirksam einreichen, wenn sie es selbst qualifiziert elektronisch signiert und damit ihren unbedingten Willen zum Ausdruck bringt, auch eine entsprechende Verantwortung für den bestimmenden Schriftsatz zu übernehmen und dessen Inhalt zu verantworten und den Mandanten zumindest als Unterbevollmächtigter in Wahrnehmung des Mandats zu vertreten. Hat der Verfahrensbevollmächtigte dagegen den bestimmenden Schriftsatz mit einer qualifiziert elektronischen Signatur versehen und damit die Verantwortung für dessen Inhalt übernommen, steht es einer wirksamen Einreichung nicht entgegen, wenn bei der Übermittlung eine andere Person als Absender ausgewiesen wird.

Danach kann vorliegend die Möglichkeit, dass die Fristversäumung vom Antragsteller bzw. seinem Verfahrensbevollmächtigten verschuldet war, nicht ausgeschlossen werden. Der Verfahrensbevollmächtigte hat lediglich vorgetragen, er habe die Beschwerdebegründung am Vormittag des letzten Tags der Begründungsfrist fertiggestellt. Ob und in welcher Form er die Beschwerdebegründung signiert hat, ist nicht ersichtlich. Bei lediglich einfacher Signatur hätte die bloße Weiterleitung des Schriftsatzes durch den anderen Rechtsanwalt aber mangels Identität von verantwortendem und einreichendem Rechtsanwalt nicht zu einer wirksamen Einreichung der Beschwerdebegründung führen können. Ebenso wenig ist dargelegt, dass der Rechtsanwalt, der die Beschwerdebegründung für den Verfahrensbevollmächtigten übermitteln sollte, diese auch selbst qualifiziert elektronisch signieren sollte. In diesem Fall wäre das schlichte Vergessen der Einreichung der Beschwerdebegründung allerdings als Verschulden seines Unterbevollmächtigten zu werten, das sich der Antragsteller zurechnen lassen müsste.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung (siehe Leitsatz)
Signatur des in einer Anwaltssozietät gefertigten Schriftsatzes
BGH vom 28.02.2024 - IX ZB 30/23
MDR 2024, 590
MDR0066061

Aufsatz
Rechtsprechungsübersicht zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Norbert Vossler, MDR 2024, 474
MDR0065968

Kommentierung | ZPO
§ 130a Elektronisches Dokument; Verordnungsermächtigung
Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Aufl. 2024
07/2024

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