Berufung der financialright GmbH im Verfahren gegen VW abgewiesen
OLG Braunschweig v. 7.10.2021 - 8 U 40/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, eine nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) registrierte Inkassodienstleisterin, ließ sich im Zuge des sog. Diesel-Abgasskandals europaweit von Käufern von Dieselfahrzeugen Ansprüche abtreten, um diese ggü. der Beklagten, der VW AG, im eigenen Namen durchzusetzen. So auch in dem vorliegenden Berufungsverfahren, in dem sie mit einem in der Schweiz ansässigen Käufer eines Fahrzeuges VW Tiguan, das über einen Dieselmotor vom Typ EA 189 verfügt, eine entsprechende Abtretungsvereinbarung getroffen hatte.
Die Klägerin machte diese Forderung zunächst "gebündelt" im Wege einer objektiven Klagehäufung mit ca. 2.000 weiteren Ansprüchen beim LG anhängig. Das LG trennte den streitgegenständlichen Anspruch ab, verhandelte über ihn in einem gesonderten Verfahren und wies ihn wegen fehlender Aktivlegitimation zurück. Zur Begründung führte das LG aus, dass die Klägerin mit dem streitgegenständlichen Geschäftsmodell die Befugnisse zur Erbringung von Inkassodienstleistungen überschreite, weshalb die Abtretung nichtig sei.
Dieser rechtlichen Bewertung schloss sich das OLG an. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Revision zugelassen und damit die Überprüfung der Entscheidung durch den BGH ermöglicht.
Die Gründe:
Bei der Abtretungsvereinbarung handelt es sich um eine Inkassodienstleistung in Form einer Rechtsdienstleistung gem. § 2 Abs. 2 RDG, da die Klägerin die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäftsmodell betreibt. Damit unterfällt die Tätigkeit dem Rechtsdienstleistungsgesetz, dessen Schutzzweck darin besteht, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen. § 3 RDG sieht daher für die selbstständige Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen eine Erlaubnispflicht vor.
Einen solchen Erlaubnistatbestand enthält § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG. Danach dürfen registrierte Personen, die - wie vorliegend die Klägerin - im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen sind, aufgrund nachgewiesener Sachkunde grundsätzlich Rechtsdienstleistungen in dem Bereich der Inkassodienstleistungen erbringen.
In der vorliegenden Konstellation hat die Klägerin aber die ihr danach erteilte Befugnis überschritten, da sie die Einziehung einer Forderung übernommen hat, deren Berechtigung sich nach einem ausländischen (hier dem schweizerischen) Recht beurteilt. Zwar dürfen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 RDG auch Rechtsdienstleistungen "in einem ausländischen Recht" aufgrund besonderer Sachkunde erbracht werden. Eine solche hat die Klägerin jedoch nicht nachgewiesen.
Auch kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass der Rechtsdienstleister bei einer Einziehung einer Forderung deren Bestand nicht rechtlich zu prüfen hat. Das Inkassounternehmen übernimmt nämlich vielmehr die Verantwortung für die wirkungsvolle Durchsetzung fremder Rechte oder Vermögensinteressen. Daraus folgt aber auch, dass die rechtliche Bewertung von solchen Forderungen durchaus zum Kernbereich der Inkassotätigkeit gehört. In dem vorliegenden Fall wäre die Klägerin zudem ohne diese rechtliche Bewertung und materielle Prüfung des behaupteten Schadensersatzanspruchs gar nicht in der Lage gewesen, diesen zu beziffern. Aufgrund des Verstoßes gegen die Erlaubnispflicht ist die Abtretung nach § 134 BGB nichtig und die Klägerin in dem Verfahren daher nicht befugt, die Rechte des Käufers geltend zu machen.
OLG Braunschweig PM vom 8.10.2021
Die Klägerin, eine nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) registrierte Inkassodienstleisterin, ließ sich im Zuge des sog. Diesel-Abgasskandals europaweit von Käufern von Dieselfahrzeugen Ansprüche abtreten, um diese ggü. der Beklagten, der VW AG, im eigenen Namen durchzusetzen. So auch in dem vorliegenden Berufungsverfahren, in dem sie mit einem in der Schweiz ansässigen Käufer eines Fahrzeuges VW Tiguan, das über einen Dieselmotor vom Typ EA 189 verfügt, eine entsprechende Abtretungsvereinbarung getroffen hatte.
Die Klägerin machte diese Forderung zunächst "gebündelt" im Wege einer objektiven Klagehäufung mit ca. 2.000 weiteren Ansprüchen beim LG anhängig. Das LG trennte den streitgegenständlichen Anspruch ab, verhandelte über ihn in einem gesonderten Verfahren und wies ihn wegen fehlender Aktivlegitimation zurück. Zur Begründung führte das LG aus, dass die Klägerin mit dem streitgegenständlichen Geschäftsmodell die Befugnisse zur Erbringung von Inkassodienstleistungen überschreite, weshalb die Abtretung nichtig sei.
Dieser rechtlichen Bewertung schloss sich das OLG an. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Revision zugelassen und damit die Überprüfung der Entscheidung durch den BGH ermöglicht.
Die Gründe:
Bei der Abtretungsvereinbarung handelt es sich um eine Inkassodienstleistung in Form einer Rechtsdienstleistung gem. § 2 Abs. 2 RDG, da die Klägerin die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäftsmodell betreibt. Damit unterfällt die Tätigkeit dem Rechtsdienstleistungsgesetz, dessen Schutzzweck darin besteht, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen. § 3 RDG sieht daher für die selbstständige Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen eine Erlaubnispflicht vor.
Einen solchen Erlaubnistatbestand enthält § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG. Danach dürfen registrierte Personen, die - wie vorliegend die Klägerin - im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen sind, aufgrund nachgewiesener Sachkunde grundsätzlich Rechtsdienstleistungen in dem Bereich der Inkassodienstleistungen erbringen.
In der vorliegenden Konstellation hat die Klägerin aber die ihr danach erteilte Befugnis überschritten, da sie die Einziehung einer Forderung übernommen hat, deren Berechtigung sich nach einem ausländischen (hier dem schweizerischen) Recht beurteilt. Zwar dürfen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 RDG auch Rechtsdienstleistungen "in einem ausländischen Recht" aufgrund besonderer Sachkunde erbracht werden. Eine solche hat die Klägerin jedoch nicht nachgewiesen.
Auch kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass der Rechtsdienstleister bei einer Einziehung einer Forderung deren Bestand nicht rechtlich zu prüfen hat. Das Inkassounternehmen übernimmt nämlich vielmehr die Verantwortung für die wirkungsvolle Durchsetzung fremder Rechte oder Vermögensinteressen. Daraus folgt aber auch, dass die rechtliche Bewertung von solchen Forderungen durchaus zum Kernbereich der Inkassotätigkeit gehört. In dem vorliegenden Fall wäre die Klägerin zudem ohne diese rechtliche Bewertung und materielle Prüfung des behaupteten Schadensersatzanspruchs gar nicht in der Lage gewesen, diesen zu beziffern. Aufgrund des Verstoßes gegen die Erlaubnispflicht ist die Abtretung nach § 134 BGB nichtig und die Klägerin in dem Verfahren daher nicht befugt, die Rechte des Käufers geltend zu machen.