Beschluss über familiengerichtliche Billigung eines Umgangsvergleichs nicht mangels Anhörung des Kindes nichtig
OLG Rostock v. 7.5.2024 - 10 WF 50/24Antragsteller und Antragsgegnerin sind getrenntlebende Eltern eines gemeinsamen Kindes. Vor dem AG führten sie ein Umgangsverfahren und verständigten sich im Rahmen des Erörterungstermins vom 12.3.2024. Das AG billigte die erzielte Umgangsvereinbarung familiengerichtlich, und zwar zunächst mit Beschluss vom selben Tag (12.3.2024) und nachfolgend ein weiteres Mal - gleichlautend - mit Beschluss vom 28.3.2024.
Mit Beschluss vom 12.3.2024, der im Anschluss an den ersten Billigungsbeschluss erlassen wurde, entschied das AG, dass die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben werden. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde und erstrebt eine alleinige Kostenlast des Antragstellers, weil die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe nicht notwendig gewesen sei.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die angefochtene Kostenentscheidung des AG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Die amtsgerichtliche Kostenentscheidung bewegt sich in den durch § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG gezogenen Grenzen und entspricht dem in Kindschaftssachen üblichen Ausspruch, zumal in dem hier in Rede stehenden Fall, dass die Kindeseltern eine Einigung in der Sache selbst erzielt haben. Je nach Sichtweise hätte das AG mit seinem Kostenbeschluss letztlich nur die gesetzliche Kostenfolge des § 83 Abs. 1 FamFG deklaratorisch nachgezeichnet, wenn man nämlich, wie hier, auch im Fall des familiengerichtlich gebilligten Umgangsvergleichs von einer Verfahrensbeendigung "durch Vergleich" (§ 83 Abs. 1 Satz 1 FamFG) ausgeht, obwohl streng genommen erst der gerichtliche Billigungsbeschluss das Verfahren beendet. Überzeugende Gründe, hier die Kosten insgesamt nur einem Beteiligten - konkret dem Antragsteller - aufzuerlegen, sind nicht zu ersehen.
Die angefochtene Kostenentscheidung ist im Ergebnis auch nicht deshalb aufzuheben, weil im Zeitpunkt ihres Erlasses das Verfahren in der Sache selbst noch nicht abgeschlossen gewesen wäre. Der Umgangsvergleich war nämlich bei Erlass des Kostenbeschlusses bereits familiengerichtlich gebilligt (§ 156 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Dass der Amtsrichter unmittelbar anschließend protokolliert hat, er wolle nach zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgter und nunmehr nachzuholender Anhörung des Kindes erneut über die Billigung entscheiden, ändert an dem Instanzabschluss im Zeitpunkt des Erlasses der Kostenentscheidung im Ergebnis jedenfalls deshalb nichts, weil die Billigung nach der am 21.3.2024 nachgeholten Kindesanhörung mit Beschluss vom 28.3.2024 erneut ausgesprochen worden ist, also Bestand hatte (und hat).
Ob und ggf. mit welcher Begründung der Amtsrichter, wie von ihm offenbar angenommen, rechtlich überhaupt im Stande gewesen wäre, die einmal erteilte und als Endentscheidung i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG ausweislich des § 68 Abs. 1 Satz 2 FamFG für ihn grundsätzlich bindende Billigung wieder - zumal rückwirkend - aufzuheben, kann insofern offenbleiben. Zu einer Wirkungslosigkeit (Nichtigkeit) des ersten Billigungsbeschlusses unmittelbar kraft Gesetzes konnte die zum damaligen Zeitpunkt unterbliebene Kindesanhörung nicht führen, selbst wenn darin ein Rechtsfehler gelegen haben sollte, was allerdings wohl anzunehmen wäre. Dieser Rechtsfehler hätte nämlich "nur" zur (einfachen) Rechtswidrigkeit des ersten Billigungsbeschlusses geführt, absehbar aber nicht zu dessen - nur ausnahmsweise in Betracht kommender - Nichtigkeit.
Kommentierung | FamFG
§ 156 Hinwirken auf Einvernehmen
Hammer in Prütting/Helms, FamFG, Kommentar, 6. Aufl. 2023
6. Aufl./Lfg. 09.2022
Kommentierung | FamFG
§ 159 Persönliche Anhörung des Kindes
Hammer in Prütting/Helms, FamFG, Kommentar, 6. Aufl. 2023
6. Aufl./Lfg. 09.2022
Rechtsprechung:
Anfechtbarkeit der gerichtlichen Billigung einer Umgangsvereinbarung
OLG Nürnberg vom 28.07.2023 - 11 UF 543/23
Michael Cirullies, FamRB 2023, 498
FAMRB0059627
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