10.01.2025

Beschlüsse über die Änderung der Kostenverteilung

Ist die Kostenverteilung durch gültigen Beschluss geändert worden, muss der geänderte Kostenverteilungsschlüssel in nachfolgenden Wirtschaftsplänen bzw. Jahresabrechnungen sowie bei der Erhebung von Sonderumlagen angewendet werden; die Anfechtungsklage gegen den auf der Grundlage des Wirtschaftsplans bzw. der Jahresabrechnung oder zur Erhebung einer Sonderumlage gefassten Beschluss kann nicht darauf gestützt werden, dass der vorangegangene Beschluss über die Änderung der Kostenverteilung ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht. Beschlüsse über die Änderung der Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG unterliegen - vorbehaltlich einer Nichtigkeit etwa nach den §§ 134, 138 BGB - einer materiellen Kontrolle nur im Rahmen der Anfechtungsklage.

BGH v. 15.11.2024 - V ZR 239/23
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Mitglieder der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) und Eigentümer der Sondereigentumseinheit 89. Ursprünglich stand diese Einheit im Eigentum der teilenden Bauträgerin. Sie entstand, wie fünfzehn weitere Einheiten, durch Unterteilung der ursprünglichen Sondereigentumseinheit 85, die aus nicht ausgebauten Flächen im Dachgeschoss bestand. In einem Nachtrag zu der Teilungserklärung ist geregelt, dass der jeweilige Sondereigentümer der Einheit 85 bis zum Anschluss an die Ver- und Entsorgungsleitungen kein Hausgeld und keinen Beitrag zur Instandhaltungsrücklage zu zahlen hat. Nach dem mit den Klägern geschlossenen Bauträgervertrag ist die teilende Eigentümerin verpflichtet, das verkaufte Sondereigentum bis zum 28.2.2020 bezugsfertig herzustellen. Bis heute ist weder der Dachgeschossausbau fertig gestellt noch ist die Einheit 89 an die Ver- und Entsorgungsleitungen des Objekts angeschlossen.

In einer Eigentümerversammlung am 23.6.2021 wurde beschlossen, in Abweichung zu der bestehenden Vereinbarung ab dem Wirtschaftsplan 2021 näher bezeichnete Kosten auf alle Wohnungseigentümer nach Miteigentumsanteilen umzulegen. Dieser Beschluss ist bestandskräftig. Nachdem die Kläger am 19.1.2022 Eigentümer der Sondereigentumseinheit 89 und damit Mitglieder der GdWE geworden waren, wurden am 5.7.2022 in einer weiteren Versammlung zu TOP 3 die Vorschüsse für das Wirtschaftsjahr 2022 beschlossen. In dem Wirtschaftsplan, der diesem Beschluss zugrunde lag, wurde der am 23.6.2021 beschlossene Verteilungsschlüssel angewandt. Zu TOP 4 wurde die Erhebung einer Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen beschlossen. Gegen die genannten Beschlüsse vom 5.7.2022 wenden sich die Kläger mit ihrer Anfechtungsklage.

Das AG wies die Klage ab; das LG gab ihr statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Urteil des LG auf und wies die Berufung der Kläger gegen das Urteil des AG zurück.

Die Gründe:
Mit der von dem LG gegebenen Begründung kann das Urteil keinen Bestand haben.

Zutreffend ist allerdings im Ausgangspunkt, dass sich die Kompetenz der Wohnungseigentümer sowohl für den Beschluss über die Vorschüsse für das Wirtschaftsjahr 2022 (TOP 3) als auch für den Beschluss über die Sonderumlage (TOP 4) als Ergänzung des Wirtschaftsplans aus § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG ergibt. Richtig ist zudem, dass sich eine fehlerhafte Anwendung eines Kostenverteilungsschlüssels nicht auf die Beschlusskompetenz auswirkt. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Annahme des LG, die Beschlüsse vom 5.7.2022 widersprächen deswegen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil den Klägern nach der Teilungserklärung keine Kosten hätten auferlegt werden dürfen. Das Urteil des LG erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

Andere Beschlussmängel, die zur Nichtigkeit des Beschlusses über die Änderung der Kostenverteilung vom 23.6.2021 führen, liegen nicht vor. Die angefochtenen Beschlüsse beruhen richtigerweise auf dem am 23.6.2021 geänderten Kostenverteilungsschlüssel. Auch die Sonderumlage wird nach den Feststellungen des LG für Kosten erhoben, deren Verteilung in dem Beschluss vom 23.6.2021 geändert wurde. Ist die Kostenverteilung durch gültigen Beschluss geändert worden, muss der geänderte Kostenverteilungsschlüssel in nachfolgenden Wirtschaftsplänen bzw. Jahresabrechnungen sowie bei der Erhebung von Sonderumlagen angewendet werden; die Anfechtungsklage gegen den auf der Grundlage des Wirtschaftsplans bzw. der Jahresabrechnung oder zur Erhebung einer Sonderumlage gefassten Beschluss kann nicht darauf gestützt werden, dass der vorangegangene Beschluss über die Änderung der Kostenverteilung ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht. Wird der Beschluss, der die Kostenverteilung abändert, - wie hier - bestandskräftig, bleibt es bei der geänderten Kostenverteilung. Wird er angefochten und später für ungültig erklärt, hat - sofern bereits nach dem nunmehr für ungültig erklärten Kostenverteilungsschlüssel abgerechnet worden ist - eine neue Abrechnung zu erfolgen.

Soweit die Revisionserwiderung meint, die angefochtenen Beschlüsse widersprächen deswegen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die Kostenbeteiligung den Klägern nicht zumutbar sei und die Beklagte treuwidrig handele, kann dies schon im Ansatz nicht durchgreifen. Einwände dieser Art können nur im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens gegen den die Kostenverteilung ändernden Beschluss geltend gemacht werden. Offenbleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf (erneute) Änderung des Kostenverteilungsschlüssels bestehen kann. Ein derartiger Anspruch könnte in einem Beschlussanfechtungsverfahren jedenfalls nicht einredeweise geltend gemacht werden.

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