13.08.2024

Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer für die Genehmigung des Abrechnungswerkes

Ein nach dem 30.11.2020 gefasster Beschluss, durch den "die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen des Hausgeldes" genehmigt werden, ist nächstliegend dahingehend auszulegen, dass die Wohnungseigentümer damit lediglich die Höhe der in den Einzelabrechnungen ausgewiesenen Nachschüsse oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse festlegen wollen (Fortführung von BGH v. 25.10.2023 - V ZB 9/23).

BGH v. 19.7.2024 - V ZR 102/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) und Eigentümer von zwei Wohnungen. In der Eigentümerversammlung vom 28.7.2021 fassten die Eigentümer zu TOP 3 folgenden Beschluss:

"Die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen des Hausgeldes für den Zeitraum 1.1.2020 bis 31.12.2020 werden ... genehmigt. Die Abrechnungsspitzen sind zum 1.9.2021 fällig."

Das AG wies die dagegen gerichtete Anfechtungsklage ab. Auf die Berufung des Klägers hat das LG das Urteil abgeändert und festgestellt, dass der Beschluss zu TOP 3 insoweit nichtig ist, als die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen genehmigt wurden. Den Eigentümern habe insoweit die Beschlusskompetenz gefehlt. Gegenstand eines Beschlusses nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG seien im Gegensatz zur vorherigen Rechtslage nur Zahlungspflichten, die zum Ausgleich einer Unter- oder Überdeckung aus dem Wirtschaftsplan erforderlich seien. Für eine Genehmigung des Abrechnungswerkes fehle daher die Beschlusskompetenz.

Der BGH hat auf die Revision der Beklagten das Urteil des LG insoweit aufgehoben, als darin festgestellt wird, dass der Beschluss der Wohnungseigentümer vom 28.7.2021 zu TOP 3 insoweit nichtig ist, als die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen des Hausgeldes genehmigt wurden.

Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der zu TOP 3 gefasste Beschluss nicht wegen mangelnder Beschlusskompetenz der GdWE nichtig. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beschluss lasse sich nicht dahingehend auslegen, dass die Eigentümer gesetzeskonform und in Einklang mit § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG ausschließlich über die Abrechnungsspitzen abgestimmt hätten, hält der insoweit uneingeschränkten Nachprüfung durch den Senat (st. Rspr., vgl. nur BGH v. 17.4.2015 - V ZR 12/14) nicht stand.

Der Senat hat bereits entschieden, dass ein nach dem 30.11.2020 gefasster Beschluss, durch den "der Wirtschaftsplan genehmigt wird", nächstliegend dahingehend auszulegen ist, dass die Wohnungseigentümer damit lediglich die Höhe der in den Einzelwirtschaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) festlegen wollen (vgl. BGH v. 25.10.2023 - V ZB 9/23).

Diese Überlegungen zur Auslegung eines auf den Wirtschaftsplan bezogenen Beschlusses nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG gelten entsprechend für eine auf die Jahresabrechnung bezogene Beschlussfassung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG. Daran gemessen ist der zu TOP 3 gefasste Beschluss dahingehend auszulegen, dass er sich auf die Genehmigung der Abrechnungsspitzen beschränkt. Die hierfür erforderliche Beschlusskompetenz ergibt sich aus § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Wie ist ein Beschluss über den "Wirtschaftsplan" zu bewerten?
BGH vom 25.10.2023 - V ZB 9/23
Michael Sommer, MietRB 2024, 10

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