06.03.2024

Bestimmung des Geschäftswertes für die Beurkundung einer Kirchenaustrittserklärung durch einen Notar

Steht als Grund für den Kirchenaustritt die hohe Kirchensteuerbelastung (hier: ca. 5000 € jährlich) fest, ist es beanstandungsfrei, dass der Notar seiner Kostenrechnung als Geschäftswert den Wert nach § 36 Abs. 2 GNotKG unter Berücksichtigung des Umfangs der künftig entfallenden Kirchensteuer in entsprechender Anwendung von § 52 Abs. 4 GNotKG zugrunde legt und so im Hinblick auf das Lebensalter des Mandanten einen Wert von 50.000 € bestimmt. Erst wenn sich keine genügenden Anhaltspunkte für die Wertbestimmung ergeben, ist von einem Auffangwert von 5000 € nach § 36 Abs. 3 GNotKG auszugehen.

LG Arnsberg v. 9.2.2024 - 5 OH 21/23
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller hatte am 9.3.2021 die Kirchenaustrittserklärung des Beteiligten zu 2) beurkundet. Dafür hat er diesem 220,51 € berechnet. Der Rechnung hat der Notar einen Geschäftswert gem. §§ 119 Abs. 1, 92 Abs. 2, 36 Abs. 2,52 Abs. 4 GNotKG i.H.v. 50.000 € zugrunde gelegt. Der Beteiligte zu 3) hat den Ansatz dieses Geschäftswertes anlässlich einer Geschäftsprüfung bei dem Notar im Jahr 2022 beanstandet und ihn angewiesen, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen.

Am 8.11.2023 hat der Antragsteller aufgrund dieser Weisung eine Entscheidung über die notarielle Kostenberechnung nach §§ 130 Abs. 2, 127 GNotKG beantragt. Er vertrat unter Hinweis auf die in Kommentaren vertretene Literaturmeinung die Ansicht, es handele sich bei einem Kirchenaustritt zwar um eine Erklärung, die sich unmittelbar auf eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, nämlich die Beendigung der Mitgliedschaft in einer Glaubensgemeinschaft, richte, die aber unmittelbar einen vermögensrechtlichen Bezug, nämlich den Wegfall der Kirchensteuerpflicht, habe. Deshalb sei hier nicht der Auffangwert von 5000 € gem. § 36 Abs. 3 GNotKG zugrundezulegen, sondern der Wert stattdessen nach § 36 Abs. 2 GNotKG unter Berücksichtigung des Umfangs der künftig entfallenden Kirchensteuer zu schätzen.

Außerdem hätten genügend Anhaltspunkte für eine Wertbestimmung nach § 36 Abs. 2 GNotKG bestanden, weil der Beteiligte zu 2) ihm mitgeteilt habe, der Kirchenaustritt erfolge auch wegen seiner hohen Kirchensteuerbelastung, welche ca. 5000 € pro Jahr betrage. Ausgehend von dieser jährlichen Steuerersparnis von 5000 € habe er entsprechend § 52 Abs. 4 GNotKG unter Berücksichtigung des Lebensalters des Beteiligten zu 2) von damals 59 Jahren, einen Zeitraum von zehn Jahren zugrunde gelegt und somit den Wert auf 50.000 € bestimmt.

Das LG hat die Kostenrechnung des Notars bestätigt.

Die Gründe:
Der zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. §§ 130 Abs. 2 S. 1, 127 GNotKG vom 08.11.2023 war unbegründet, die Kostenrechnung fehlerfrei.

Erst wenn sich keine genügenden Anhaltspunkte für die Wertbestimmung ergeben, ist von einem Auffangwert von 5000 € nach § 36 Abs. 3 GNotKG auszugehen. Hier hatte der Notar allerdings genügend Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Wertes nach § 36 Abs. 2 GNotKG. Der Beteiligte zu 2) hatte als Grund für seinen Kirchenaustritt seine hohe Kirchensteuerbelastung mit ca. 5000 € jährlich angegeben. In diesem Fall war es beanstandungsfrei, dass der Notar seiner Kostenrechnung als Geschäftswert den Wert nach § 36 Abs. 2 GNotKG unter Berücksichtigung des Umfangs der künftig entfallenden Kirchensteuer in entsprechender Anwendung von § 52 Abs. 4 GNotKG zugrunde gelegt und so im Hinblick auf das Lebensalter des Beteiligten zu 2) und seiner Steuerpflicht einen Wert von 50.000 € bestimmt hatte.

Dem Beteiligten zu 3) war zwar zuzubilligen, dass in den Fällen, in denen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Wertfestsetzung nach § 36 Abs. 2 GNotKG bestehen, etwa weil dem Notar die Gründe für den Kirchenaustritt nicht bekannt oder diese nicht finanzieller Natur sind, auf den Auffangwert von 5000 € nach § 36 Abs. 3 GNotKG zurückzugreifen sein dürfte. Ein solcher Fall lag hier jedoch nicht vor. Im Hinblick auf den Auffangcharakter des § 36 Abs. 3 GNotKG bestand keine Veranlassung, bei Kirchenaustritten stets einen Geschäftswert von 5000 € anzunehmen, auch wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles hinreichende Anhaltspunkte für einen abweichenden Geschäftswert nach § 36 Abs. 2 GNotKG ergaben.

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