Containeranlage gegenüber einer Eigentumswohnung stellt keinen Sachmangel dar
OLG Düsseldorf v. 21.1.2020 - I-21 U 46/19
Der Sachverhalt:
Die Kläger hatten im Februar 2015 von der Beklagten ein selbst genutzte, 136,55 m² große Wohnung im 2. Obergeschoss für 541.704 € erworben. Auf der dem Haus gegenüberliegenden Seite befindet sich ein Platz, der von der Beklagten in den Verkaufsprospekten und -verhandlungen als sog. "Piazza" bezeichnet wurde. Auf diesem Platz wurde auf Anweisung der Stadt eine Altglas- und Altpapier-Entsorgungsanlage bestehend aus vier großen Niederflurcontainern errichtet (im Folgenden "Containeranlage"). Drei der Container sind für Altglas, einer für Altpapier vorgesehen. Der Abstand der Container zum Haus beträgt 21,5 Meter. Auf den Containern befanden sich zwischenzeitlich Schriftzüge mit dem Hinweis, dass der Einwurf nur werktags von 7.00 bis 19.00 Uhr zu erfolgen habe.
Über die Containeranlage wurde von Seiten der Beklagten mit den Eigentümern nicht gesprochen. Weder aus den Verkaufsprospekten der Beklagten noch aus einem auf der Internet-Homepage der Beklagten befindlichen Werbevideo war eine solche Anlage ersichtlich. Die Kläger haben die Ansicht vertreten, durch die Containeranlage sei die von ihnen erworbene Wohnung mit einem Mangel i.S.d. §§ 434 ff. BGB behaftet. Sie haben behauptet, die Brauchbarkeit und der Wert der Wohnung seien erheblich beeinträchtigt. Die Containeranlage führe zu massiven Lärmbeeinträchtigungen. Über sie würden ca. 1.800 Wohnungen ihr Altglas entsorgen, was erhebliche Geräusche beim Einwurf durch das Herabfallen der Flaschen und beim Betätigen der Metallklappen, die im Laufe des Rechtsstreits durch lärmschonendere Gummilamellen ersetzt wurden, hervorrufe.
Das LG hat die Klage auf Schadensersatz i.H.v. 10.000 € abgewiesen. Die Kläger könnten sich weder auf einen Schadensersatzanspruch gem. den §§ 437 Nr. 3, 434, 440, 280 BGB noch auf einen solchen gemäß den §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 280 BGB berufen. Auch die Berufung vor dem OLG blieb ohne Erfolg.
Die Gründe:
Es lag keine Mangelhaftigkeit der seitens der Kläger erworbenen Eigentumswohnung.
Eine negative Beschaffenheitsvereinbarung zwischen den Parteien bezüglich der streitgegenständlichen Wertstoffsammelanlage liegt nicht vor, eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus dem Werbevideo der Beklagten. Diesem kommt keine Bedeutung für eine verbindliche Aussage über die Gestaltung der Außenanlagen zu. Handelt es sich bei den bildlichen Darstellungen des Bauvorhabens in einem Exposé - wie hier - vornehmlich um Computergrafiken, kann der Erwerber nicht darauf vertrauen, dass das Objekt in der Realität exakt so ausgeführt wird, wie in den Computergrafiken visualisiert; eine Beschreibung von Eigenschaften des Grundstücks oder Gebäudes vor Vertragsschluss durch den Verkäufer, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, führt in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB. Maßgeblich ist auch insoweit, was in der notariellen Urkunde vereinbart wird; erst sie ergibt, wofür der Verkäufer letztlich einstehen will. Eingang in die vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien hat der Inhalt des Werbevideos jedoch nicht gefunden.
Eine vertraglich vorausgesetzte besondere Verwendung i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB ist nicht vereinbart worden. Auch eine Mangelhaftigkeit i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB ist nicht gegeben. Ökologisch sinnvolle Abfallentsorgung gehört zum urbanen Leben, für das die Kläger sich mit der Standortwahl ihrer Eigentumswohnung entschieden haben. Zurecht weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die besonderen Anforderungen an das städtische Leben und die dortige hohe Verdichtung der Bevölkerung eben nicht nur zu den bekannten Annehmlichkeiten wie eine Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten und kulturellen Angeboten, zum Arbeitsplatz sowie zu strukturellen Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen führt, sondern auch zu gewissen Beeinträchtigungen, die das Leben von vielen Menschen auf vergleichsweise eng besiedeltem Raum mit sich bringt, die in ländlichen Bereichen möglicher Weise so nicht vorliegen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Wert der Wohnung bzw. der Höhe des von den Klägern gezahlten Kaufpreises: Auch in Wohnvierteln mit gehobenen qm-Preisen muss die Abfallentsorgung gleichermaßen sichergestellt sein. Schließlich ist die Errichtung der Containeranlage auch unter Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erfolgt. Hierbei ist mit dem Abstand von 21,5 m sogar ein größerer als der verwaltungsrechtlich empfohlene eingehalten.
Der klägerseits geltend gemachte Anspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus den §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB. Ein Anspruch aus vorvertraglichem Verschulden ist vorliegend nicht bereits durch die Sachmängelgewährleistung ausgeschlossen. Zwar sind Ansprüche aus vorvertraglichem Verschulden im Sachbereich der §§ 434 fff. BGB nach Gefahrübergang grundsätzlich ausgeschlossen, wenn es um Verhaltenspflichten des Verkäufers im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache geht. Dies gilt jedoch zumindest dann nicht, wenn der Verkäufer den Käufer - wie hier behauptet - über die Beschaffenheit der Sache arglistig getäuscht, d.h. sich vorsätzlich verhalten hat.
Justiz NRW
Die Kläger hatten im Februar 2015 von der Beklagten ein selbst genutzte, 136,55 m² große Wohnung im 2. Obergeschoss für 541.704 € erworben. Auf der dem Haus gegenüberliegenden Seite befindet sich ein Platz, der von der Beklagten in den Verkaufsprospekten und -verhandlungen als sog. "Piazza" bezeichnet wurde. Auf diesem Platz wurde auf Anweisung der Stadt eine Altglas- und Altpapier-Entsorgungsanlage bestehend aus vier großen Niederflurcontainern errichtet (im Folgenden "Containeranlage"). Drei der Container sind für Altglas, einer für Altpapier vorgesehen. Der Abstand der Container zum Haus beträgt 21,5 Meter. Auf den Containern befanden sich zwischenzeitlich Schriftzüge mit dem Hinweis, dass der Einwurf nur werktags von 7.00 bis 19.00 Uhr zu erfolgen habe.
Über die Containeranlage wurde von Seiten der Beklagten mit den Eigentümern nicht gesprochen. Weder aus den Verkaufsprospekten der Beklagten noch aus einem auf der Internet-Homepage der Beklagten befindlichen Werbevideo war eine solche Anlage ersichtlich. Die Kläger haben die Ansicht vertreten, durch die Containeranlage sei die von ihnen erworbene Wohnung mit einem Mangel i.S.d. §§ 434 ff. BGB behaftet. Sie haben behauptet, die Brauchbarkeit und der Wert der Wohnung seien erheblich beeinträchtigt. Die Containeranlage führe zu massiven Lärmbeeinträchtigungen. Über sie würden ca. 1.800 Wohnungen ihr Altglas entsorgen, was erhebliche Geräusche beim Einwurf durch das Herabfallen der Flaschen und beim Betätigen der Metallklappen, die im Laufe des Rechtsstreits durch lärmschonendere Gummilamellen ersetzt wurden, hervorrufe.
Das LG hat die Klage auf Schadensersatz i.H.v. 10.000 € abgewiesen. Die Kläger könnten sich weder auf einen Schadensersatzanspruch gem. den §§ 437 Nr. 3, 434, 440, 280 BGB noch auf einen solchen gemäß den §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 280 BGB berufen. Auch die Berufung vor dem OLG blieb ohne Erfolg.
Die Gründe:
Es lag keine Mangelhaftigkeit der seitens der Kläger erworbenen Eigentumswohnung.
Eine negative Beschaffenheitsvereinbarung zwischen den Parteien bezüglich der streitgegenständlichen Wertstoffsammelanlage liegt nicht vor, eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus dem Werbevideo der Beklagten. Diesem kommt keine Bedeutung für eine verbindliche Aussage über die Gestaltung der Außenanlagen zu. Handelt es sich bei den bildlichen Darstellungen des Bauvorhabens in einem Exposé - wie hier - vornehmlich um Computergrafiken, kann der Erwerber nicht darauf vertrauen, dass das Objekt in der Realität exakt so ausgeführt wird, wie in den Computergrafiken visualisiert; eine Beschreibung von Eigenschaften des Grundstücks oder Gebäudes vor Vertragsschluss durch den Verkäufer, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, führt in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB. Maßgeblich ist auch insoweit, was in der notariellen Urkunde vereinbart wird; erst sie ergibt, wofür der Verkäufer letztlich einstehen will. Eingang in die vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien hat der Inhalt des Werbevideos jedoch nicht gefunden.
Eine vertraglich vorausgesetzte besondere Verwendung i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB ist nicht vereinbart worden. Auch eine Mangelhaftigkeit i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB ist nicht gegeben. Ökologisch sinnvolle Abfallentsorgung gehört zum urbanen Leben, für das die Kläger sich mit der Standortwahl ihrer Eigentumswohnung entschieden haben. Zurecht weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die besonderen Anforderungen an das städtische Leben und die dortige hohe Verdichtung der Bevölkerung eben nicht nur zu den bekannten Annehmlichkeiten wie eine Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten und kulturellen Angeboten, zum Arbeitsplatz sowie zu strukturellen Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen führt, sondern auch zu gewissen Beeinträchtigungen, die das Leben von vielen Menschen auf vergleichsweise eng besiedeltem Raum mit sich bringt, die in ländlichen Bereichen möglicher Weise so nicht vorliegen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Wert der Wohnung bzw. der Höhe des von den Klägern gezahlten Kaufpreises: Auch in Wohnvierteln mit gehobenen qm-Preisen muss die Abfallentsorgung gleichermaßen sichergestellt sein. Schließlich ist die Errichtung der Containeranlage auch unter Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erfolgt. Hierbei ist mit dem Abstand von 21,5 m sogar ein größerer als der verwaltungsrechtlich empfohlene eingehalten.
Der klägerseits geltend gemachte Anspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus den §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB. Ein Anspruch aus vorvertraglichem Verschulden ist vorliegend nicht bereits durch die Sachmängelgewährleistung ausgeschlossen. Zwar sind Ansprüche aus vorvertraglichem Verschulden im Sachbereich der §§ 434 fff. BGB nach Gefahrübergang grundsätzlich ausgeschlossen, wenn es um Verhaltenspflichten des Verkäufers im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache geht. Dies gilt jedoch zumindest dann nicht, wenn der Verkäufer den Käufer - wie hier behauptet - über die Beschaffenheit der Sache arglistig getäuscht, d.h. sich vorsätzlich verhalten hat.