28.04.2023

Corona: Zu Vergütungsansprüchen einer Fotografin nach Verlegung des Hochzeitstermins

Der BGH hat sich vorliegend mit der Klage eines Brautpaares auf Rückgewähr einer an eine Hochzeits-Fotografin geleisteten Anzahlung und auf Feststellung, dass dieser keine weiteren Vergütungsansprüche zustehen, befasst. Das Paar hatte wegen Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie den Hochzeitstermin verlegt und für den neuen Termin einen anderen Fotografen engagiert.

BGH v. 27.4.2023 - VII ZR 144/22
Der Sachverhalt:
Die Kläger beabsichtigten, am 1.8.2020 kirchlich zu heiraten. Nachdem der Fotograf, der die standesamtliche Trauung begleitet hatte, zu diesem Termin verhindert war, wandten sich die Kläger an die Beklagte. Mit Schreiben vom 28.10.2019 bedankte sich die Beklagte für "die Beauftragung" und stellte für "Reportage Hochzeit 1.8.2020 (1. Teilbetrag)" rd. 1.200 € von der insgesamt vereinbarten Vergütung i.H.v. rd. 2.500 € in Rechnung. Die Kläger überwiesen den geforderten "1. Teilbetrag".

Die Kläger beabsichtigten, zu ihrer kirchlichen Hochzeit 104 Gäste einzuladen. Die Durchführung der so geplanten Hochzeit war aufgrund von Beschränkungen im Rahmen der Corona-Pandemie nicht möglich. Die Kläger planten deshalb neu eine Hochzeitsfeier für den 31.7.2021 und teilten der Beklagten mit E-Mail vom 15.6.2020 mit, für den neuen Termin den Fotografen beauftragen zu wollen, der am 1.8.2020 verhindert gewesen sei. Daraufhin forderte die Beklagte ein weiteres Honorar von rd. 550 €, was die Kläger ablehnten. Diese verlangten vielmehr die Rückzahlung der bereits überwiesenen 1.200 € und erklärten wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage den "Rücktritt von dem vorstehend bezeichneten Vertrag bzw. dessen Kündigung".

Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.200 € und zusätzlicher rd. 300 € für außergerichtliche Kosten sowie die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sind, weitere 550 € an die Beklagte zu zahlen.

AG und LG wiesen die Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das LG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Ansprüche der Kläger auf Rückgewähr der Anzahlung und Feststellung, eine weitere Vergütung von 550 € nicht zu schulden, verneint.

Ein Anspruch auf Rückgewähr der Anzahlung folgt nicht daraus, dass der Beklagten die von ihr geschuldete Leistung unmöglich geworden ist. Denn ihr war es trotz der zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier geltenden pandemiebedingten landesrechtlichen Vorgaben möglich, fotografische Leistungen für eine kirchliche Hochzeit und eine Hochzeitsfeier zu erbringen. Das betreffende Landesrecht erlaubte kirchliche Hochzeiten und Hochzeitsfeiern sowie die Erbringung von Dienstleistungen und Handwerkstätigkeiten. Soweit die Kläger die Hochzeit und die Hochzeitsfeier wegen der nicht einzuhaltenden Abstände von mindestens 1,5 m nicht im geplanten Umfang (104 Gäste) durchführen konnten, führt das nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

Der Rückzahlungsanspruch folgt des Weiteren nicht aus einem Rücktrittsrecht der Kläger wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage oder einer ergänzenden Vertragsauslegung. Die ergänzende Vertragsauslegung, die Vorrang vor den Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage hat, ergibt, dass die pandemiebedingte Verlegung der für den 1.8.2020 geplanten Hochzeit und der Hochzeitsfeier keinen Umstand darstellt, der die Kläger zum Rücktritt vom Vertrag berechtigte. Der Umstand, dass die Kläger nach Absage des vereinbarten Termins nur aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten liegen, einen anderen Fotografen bevorzugten, ist nach Treu und Glauben unter redlichen Vertragspartnern unerheblich und deshalb im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu berücksichtigen.

Den von den Klägern erklärten "Rücktritt" bzw. die "Kündigung" des Vertrags hat das LG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als freie Kündigung des Vertrags (§ 648 Satz 1 BGB) ausgelegt und darauf aufbauend einen Vergütungsanspruch der Beklagten aus § 648 Satz 2 BGB i.H.v. rd. 2.100 € festgestellt. Dementsprechend besteht nicht nur kein Rückzahlungsanspruch der Kläger i.H.v. 1.200 €, sondern ist auch die negative Feststellungsklage der Kläger unbegründet. Deshalb können die Kläger schließlich die Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht verlangen.

Mehr zum Thema:

Kurzbeitrag:
Pandemiebedingte Absage einer Hochzeitsfeier
Bernhard Klose, MDR 2023, R77

Kommentierung | BGB
§ 648 Kündigungsrecht des Bestellers
Schwenker/Rodemann in Erman, BGB, 16./17. Aufl. 2020/2023

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BGH PM Nr. 73 vom 27.4.2023
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