18.08.2020

Coronabedingte Verzögerung einer kombinierten Zahlungs- und Räumungsklage

Verbindet der Vermieter seine Räumungsklage mit einer Klage auf Zahlung von Forderungen aus dem beendeten Mietverhältnis, kann der Mieter unter bestimmten Voraussetzungen dazu verpflichtet werden, für die eingeklagten Geldforderungen Sicherheit zu leisten. Dies gilt insbesondere, wenn die Verfahrensdauer in Folge der Corona-Pandemie und der Terminverlegung zum Schutz der Ausbreitung des Corona-Virus die gewöhnliche Verfahrensdauer für Räumungs- und Zahlungsklagen vor Amtsgerichten erheblich übersteigt.

AG Seligenstadt v. 19.5.2020 - 1 C 735/19
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Mieter des Klägers. Er hatte ab März 2019 sämtliche Zahlungen an den Kläger eingestellt, u.a. wegen behaupteter mangelnder Beheizbarkeit des Objekts, Schimmelbildung, fehlende kontinuierliche Strom- und Warmwasserversorgung sowie Datennutzung von Telefon und Internet. Der Kläger kündigte daraufhin das Mietverhältnis und klagte auf Räumung. Außerdem klagte er wegen sämtlicher nicht geleisteten Zahlungen zwischen März 2019 und Januar 2020 sowie wegen der ab Februar 2020 fälligen künftigen Nutzungsentschädigungen.

Die Klage wurde Mitte Dezember 2019 rechtshängig. Das AG bestimmte Ende Januar 2020 einen Verhandlungstermin auf den 1.4.2020. Zum Schutz vor der Ausbreitung des Corona-Virus wurde der Termin im März 2020 auf den 2.9.2020 verlegt. Im April 2020 beantragte der Kläger, für die in der Zeit von Januar 2020 bis April 2020 fällig gewordenen Nutzungsentschädigungszahlungen gem. § 283a ZPO die Leistung einer Sicherheit anzuordnen. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe des Beklagten wurde mit Beschluss vom 19.5.2020 mangels Erfolgsaussichten der Verteidigung und mangels Vorlage der notwendigen Unterlagen zur Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse zurückgewiesen.

Das AG gab dem Antrag auf Sicherheitsleistung weitgehend statt.

Die Gründe:
Der Beklagte muss dem Kläger für dessen Forderungen für die Monate Januar bis einschließlich April 2020 Sicherheit gem. § 232 BGB leisten und die Sicherheitsleistung nachweisen.

Die Anordnung der Sicherheitsleistung ist nach Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Abwendung besonderer Nachteile für die Kläger gerechtfertigt. In welchem zeitlichen Umfang dem Kläger zugemutet werden kann, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, hängt auch von der Höhe der zu sichernden Forderung ab. Bei relativ unbedeutenden Beträgen wird ein längeres Zuwarten regelmäßig noch keinen besonderen Nachteil begründen, sofern der Zeitpunkt der Endentscheidung nicht völlig unabsehbar ist. Hat die rasche Durchsetzung der Forderung dagegen existenzielle wirtschaftliche Bedeutung für den Kläger, so kann schon eine verhältnismäßig kurze Verzögerung der Titulierung einen besonderen Nachteil darstellen.

Die Kosten für eine Sicherheit und damit die dem Beklagten drohenden Nachteile sind typischerweise deutlich geringer als die Nachteile, die dem Kläger drohen, wenn er mit der zu sichernden Forderung ausfällt. Von Bedeutung ist dabei auch das Maß an Wahrscheinlichkeit, mit der der Kläger obsiegen wird. Das Gericht schätzt diese Erfolgsaussichten als hoch ein. Denn die Verfahrensdauer übersteigt bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Folge der Corona-Pandemie und der Terminverlegung zum Schutz der Ausbreitung des Corona-Virus die gewöhnliche Verfahrensdauer für Räumungs- und Zahlungsklagen vor Amtsgerichten erheblich.

Der Kläger hat glaubhaft gemacht, aufgrund der erheblichen Verfahrensdauer, der bereits ausstehenden Mietzinszahlungen in Höhe von 6.500 € und dem erheblichen Forderungsausfall in seiner Lebenshaltung einschränken zu müssen und zudem das bewilligte Darlehn zum Erwerb der Immobilie ab April 2020 nicht mehr ordnungsgemäß bedienen zu können. Besondere Nachteile, die sich für den Beklagten aus der Sicherheitsleistung ergeben können, sind hingegen nicht ersichtlich. Der Beklagte hat hierzu auch nichts vorgetragen.
AG Seligenstadt
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