11.09.2024

Digitaler Zivilprozess: Erprobung eines neuen Online-Verfahrens

Am 4.9.2024 hat das Bundeskabinett den vom Bundesminister der Justiz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit beschlossen. Für das Reallabor wird die ZPO um ein weiteres Buch ergänzt. Die Erprobung des Online-Verfahrens ist auf einen Zeitraum von zehn Jahren angelegt.

Der Entwurf sieht insbesondere folgende Rege-lungen vor:

Eröffnung des Online-Verfahrens durch eine Klageeinreichung mittels digitaler Eingabesysteme:
Die Rechtsuchenden sollen bei Klageerstellung durch Informationsangebote und Abfragedialoge unterstützt werden. Die digitalen Eingabesysteme sollen bundeseinheitlich als Bestandteil eines Bund-Länder-Justizportals für Onlinedienste bereitgestellt werden. Die Klage soll entweder über den herkömmlichen elektronischen Rechtsverkehr oder über eine Kommunikationsplattform erfolgen können und die Anwaltschaft über die bestehende Infrastruktur des beA in die Erprobung einbezogen werden.

Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten vor den Amtsgerichten, die auf Zahlung einer Geldsumme (derzeit bis 5.000 €) gerichtet sind, sollen erfasst werden.

Öffnungsklauseln zur verstärkten Nutzung digitaler Kommunikationstechnik:
Die allgemeinen Verfahrensregeln der ZPO sollen durch Erprobungsregelungen modifiziert und ergänzt werden, insbesondere durch erweiterte Möglichkeiten eines Verfahrens ohne mündliche Verhandlung, eine Ausweitung von Videoverhandlungen und durch Erleichterungen im Beweisverfahren. Es soll die Möglichkeit bestehen, die Verkündung eines Urteils im Online-Verfahren durch dessen digitale Zustellung zu ersetzten.

Digitale Strukturierung:
Es soll die Möglichkeit bestehen, den Prozessstoff unter Nutzung von elektronischen Dokumenten, Datensätzen und Eingabesystemen digital zu strukturieren. Insbesondere für sog. Massenverfahren sollen technische Standards und Dateiformate für die Datenübermittlung festgelegt werden.

Bundeseinheitliche Erprobung einer Kommunikationsplattform:
Die rechtlichen Grundlagen für eine neue Form der verfahrensbezogenen Kommunikation zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten sollen geschaffen werden, indem die Abgabe von Anträgen und Erklärungen, die gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten durch die Parteien und das Gericht (z.B. bei Vergleichsabsprachen) und die Zustellung von Dokumenten über eine Kommunikationsplattform ermöglicht werden soll.

Kosten:
Die Gerichtsgebühren für das Online-Verfahren sollen im Vergleich zum herkömmlichen Zivilverfahren gesenkt werden.

Mehr zu Thema:

Im Blickpunkt
Prof. Dr. Lukas Beck
Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit

Online-Dossier: Digitalisierung im Prozessrecht - Videokonferenztechnik, Elektronischer Rechtsverkehr, Online-Verfahren
Verlag Dr. Otto Schmidt
Zurück