02.02.2021

Ein Radfahrer muss auf einem Wirtschaftsweg mit Schlaglöchern rechnen

Auf einem Wirtschaftsweg muss ein Radfahrer grundsätzlich mit Fahrbahnunebenheiten rechnen. Stürzt er mit seinem Rad beim Durchfahren eines 50 bis 60 cm langen und 8 cm tiefen Schlaglochs, das für ihn deutlich zu erkennen und gefahrlos zu umfahren war, stellt das Schlagloch keine Gefahrenstelle dar, vor der zu warnen oder die zu beseitigen gewesen wäre.

OLG Hamm v. 11.11.2020 - 11 U 126/20
Der Sachverhalt:
In der Mitte einer fünf Meter breiten Straße in Waltrop befand sich im Sommer 2019 ein Schlagloch, das später durch die beklagte Stadt, die für diese Straße verantwortlich ist, ausgebessert wurde. Der Kläger will mit seinem Fahrrad zur Mittagszeit in dieses Schlagloch mit einer Tiefe von etwa 8 cm und einer Länge von 50 bis 60 cm gefahren und deshalb zu Fall gekommen sein. Durch den Sturz habe er Prellungen und Schürfwunden erlitten; daneben seien sein Fahrrad und die getragene Kleidung beschädigt worden. Er hat deshalb die beklagte Stadt auf Schadensersatz und Schmerzensgeld von etwa 3.500 € in Anspruch genommen. Diese hat sich u.a. damit verteidigt, dass es sich bei der Straße um einen Wirtschaftsweg mit einer untergeordneten Verkehrsbedeutung handle, so dass jeder Verkehrsteilnehmer auch mit größeren Unebenheiten zu rechnen habe.

Das LG wies die Klage ab. Seine gegen dieses Urteil gerichtete Berufung nahm der Kläger zurück, nachdem der Senat darauf hingewiesen hatte, dass sie keine Aussicht auf Erfolg habe. Das landgerichtliche Urteil ist damit rechtskräftig.

Die Gründe:
Ein Schlagloch in der von dem Kläger beschriebenen Größe stellt für einen Radfahrer, der dort hineinfährt, zwar ein Gefahrenpotential dar. Allerdings darf ein Radfahrer, der - wie hier - einen Wirtschaftsweg benutze, nicht erwarten, dass der Weg insgesamt eine einwandfreie Fahrbahndecke hat und deshalb über seine gesamte Breite gefahrlos befahren werden kann. Dies kann ein Radfahrer schon nach dem Rechtsfahrgebot der StVO - das Schlagloch hat sich dagegen in der Mitte der Fahrbahn befunden - nicht für sich beanspruchen.

Daneben haben Benutzer eines Wirtschaftswegs grundsätzlich mit Fahrbahnunebenheiten zu rechnen, da solche Wege regelmäßig mit schwerem landwirtschaftlichem Gerät befahren werden, wodurch Straßenschäden entstehen können. Deshalb hat der Kläger auch ohne weitere Warnhinweise nur so schnell fahren dürfen, um selbst auf plötzlich auftretende Hindernisse und Gefahrenstellen reagieren zu können. Ein Schlagloch in der von dem Kläger beschriebenen Größe ist für einen Radfahrer deutlich erkennbar und hätte ohne Probleme umfahren werden können.
OLG Hamm PM vom 28.1.2021
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