16.11.2023

Eingetragene Dienstbarkeit im Wohnungsgrundbuch: Nutzung von Wohneinheiten nur zum Betrieb eines Senioren-Wohnheimes

Der Umfang des Ausschlusses von Handlungen durch eine Unterlassungsdienstbarkeit kann auch durch Bezeichnung der noch gestatteten Handlungen beschrieben werden. Dass dem Eigentümer nur eine einzige Nutzungsmöglichkeit verbleibt, steht nicht per se der Zulässigkeit der Unterlassungsdienstbarkeit entgegen. Die Bezeichnung "Seniorenwohnheim" genügt im Rahmen der Eintragung der Dienstbarkeit dem Bestimmtheitsgrundsatz. Erlischt die auf einem in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstück lastende Unterlassungsdienstbarkeit an mehreren Wohneigentumseinheiten, so führt dies nicht ohne weiteres zur Unzulässigkeit der entsprechenden Eintragung bei den anderen Einheiten.

OLG München v. 14.11.2023 - 34 Wx 167/23 e
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1) begehrt die Löschung von Dienstbarkeiten im Wohnungsgrundbuch. Das betroffene Grundstück ist durch Erklärung gem. § 8 WEG in Miteigentumsanteile, die jeweils mit dem Sondereigentum an einem Appartement verbunden sind, aufgeteilt. Bei Anlegung der Wohnungsgrundbuchblätter im Juli 1983 erfolgte in Abteilung II unter Nr. 5 jeweils folgende Eintragung: "Nutzungseinschränkung: Nutzung nur als Seniorenwohnheim, für die ... [= Beteiligte zu 2]; gemäß Bewilligung vom 23.12.1982 - URNr. [...]/Notar R. in B." Die genannte Bewilligung lautet: "Als Eigentümer des obigen Grundbesitzes bewilligen und beantragen wir, zugunsten der Landeshauptstadt M. eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit des Inhalts einzutragen, dass sämtliche auf dem obigen Grundbesitz befindlichen Wohneinheiten nur zum Zwecke des Betriebes eines Senioren-Wohnheimes genutzt werden dürfen."

Mittlerweile ist bei mehreren Einheiten nach Durchführung einer Zwangsversteigerung die Nutzungseinschränkung gelöscht, weil sie nach den Versteigerungsbedingungen nicht mehr bestehen bleiben sollte. In der Folgezeit wurde die Beteiligte zu 1) als Eigentümer sämtlicher Einheiten eingetragen. Im März 2022 beantragte die Beteiligte zu 1) die Löschung der Nutzungseinschränkung an allen 171 noch mit dieser Dienstbarkeit belasteten Wohnungs- und Teileigentumseinheiten des Anwesens auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück wegen Unrichtigkeit gem. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO. Das Grundbuchamt wies den Antrag zurück. Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde beantragte die Beteiligte zu 1), den Beschluss aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, die eingetragene Dienstbarkeit zu löschen.

Das Grundbuchamt half der Beschwerde nicht ab. Ebenso wenig hatte sie vor dem OLG Erfolg.

Die Gründe:
Erweist sich eine Eintragung nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie gem. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO von Amts wegen zu löschen. Inhaltlich unzulässig sind Eintragungen, wenn sie Rechte mit einem Inhalt oder in einer Ausgestaltung verlautbaren, wie sie aus Rechtsgründen nach dem sachlichen Regelungsgehalt der Eintragung nicht bestehen können. Hiervon ist vorliegend indes nicht auszugehen.

Gem. § 1090 Abs. 1 BGB kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen, oder dass ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann. Daher kann eine solche beschränkte persönliche Dienstbarkeit auch den Ausschluss der Ausübung eines Rechts nach § 1090 Abs. 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 1018 Var. 2 BGB zum Inhalt haben. Der Ausschluss muss einzelne Handlungen betreffen; soweit dies der Fall ist, kann er auch negativ durch Bezeichnung der gestatteten Handlungen erfolgen. Unzulässig ist es, den Grundstückseigentümer zu einem Tun zu verpflichten.

Insoweit bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die vorliegende Eintragung. Ihr zufolge ist eine Nutzung der betroffenen Wohneigentumseinheiten nur zum Zwecke des Betriebs eines Seniorenwohnheims gestattet; damit wurde von der Möglichkeit einer negativen Formulierung des Ausschlusses Gebrauch gemacht. Eine Verpflichtung zu einem solchen Betrieb beinhaltet dies gerade nicht. Zwischen der Dienstbarkeit, die dem Eigentümer die Wahl zwischen mehreren aus seiner Sicht sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten belässt, und der Dienstbarkeit, die nur formell Unterlassungspflichten, materiell aber ein positives Tun zum Gegenstand hat und den Eigentümer faktisch zu einer bestimmten Handlungsweise zwingt, lässt sich keine für die Praxis brauchbare Grenze ziehen. Auch dass der Beteiligten zu 1) letztlich nur eine einzige Nutzungsmöglichkeit verbleibt, steht nicht per se der Zulässigkeit der verfahrensgegenständlichen Unterlassungsdienstbarkeit entgegen. Nach dem Gesetz reicht es aus, dass dem Eigentümer eine sinnvolle Nutzung des Grundstücks überhaupt möglich bleibt.

Die einzelnen Handlungen, die der Grundstückseigentümer nicht vornehmen darf, müssen gemäß dem Bestimmtheitsgrundsatz genau bezeichnet sein, wobei es genügt, wenn die verbleibende Nutzung beschrieben wird. Erforderlich ist, dass der Umfang der Belastung aus der Eintragung selbst oder in Verbindung mit der Eintragungsbewilligung ohne Weiteres ersichtlich ist. Die Existenz einer Legaldefinition und deren Verwendung sind nicht erforderlich. Auch insoweit bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Eintragung einer Nutzungseinschränkung auf den Betrieb eines Seniorenwohnheims. Hierbei handelt es sich im allgemeinen Sprachgebrauch um eine Einrichtung, die in ihrer baulichen Beschaffenheit und ihrem Dienstleistungsangebot auf die besonderen Wohnbedürfnisse älterer Menschen zugeschnitten ist. Warum in diesem Rahmen eine Festlegung auf bestimmte Pflegestufen oder deren Fehlen erforderlich sein sollte, erschließt sich nicht.

Erlischt die auf einem in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstück lastende Grunddienstbarkeit an dem versteigerten Grundstücksmiteigentumsanteil eines Wohnungseigentümers, weil sie nach den Versteigerungsbedingungen nicht bestehen bleiben soll, so hat die Löschung der Grunddienstbarkeit an der versteigerten Einheit grundsätzlich zur Folge, dass ihre Eintragung auch auf den nicht versteigerten Miteigentumsanteilen der anderen Wohnungseigentümer als inhaltlich unzulässig zu löschen ist. Eine Ausnahme hiervon besteht allerdings dann, wenn sich die eingetragene Grunddienstbarkeit in ihrer Ausübung lediglich auf das Sondereigentum bezieht. Nach dieser Maßgabe führt hier die Löschung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit an mehreren Wohneigentumseinheiten nicht zur Unzulässigkeit der entsprechenden Eintragung auch an den anderen Einheiten.

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