20.12.2023

Elektronisch einzureichender Vollstreckungsantrag der Vollstreckungsbehörde: Einfache Signatur genügt

Für den elektronisch einzureichenden Vollstreckungsantrag der Vollstreckungsbehörde nach § 322 Abs. 3 AO, der über das besondere elektronische Behördenpostfach übermittelt worden ist, genügt die einfache Signatur der verantwortenden Person. Eines Dienstsiegels bedarf es nicht.

BGH v. 28.9.2023 - V ZB 16/23
Der Sachverhalt:
Auf Antrag der Beteiligten zu 1) ordnete das AG mit Beschluss vom 21.9.2021 die Zwangsversteigerung des Grundbesitzes des Schuldners an. Am 9.9.2022 ließ es den Beitritt der Beteiligten zu 2) zu. Die Beteiligte zu 3), die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Hauptzollamt, übermittelte am 28.12.2022 über das besondere elektronische Behördenpostfach einen Antrag nach § 322 Abs. 3 AO auf Zulassung des Beitritts als einfach elektronisch signiertes Dokument an das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des AG. Der Aufforderung, den Antrag in Papierform oder elektronisch mit qualifizierter Signatur zu übersenden, kam das Hauptzollamt nicht nach. Daraufhin wies das AG den Antrag auf Zulassung des Beitritts zurück. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Auf die Rechtsbeschwerde des Hauptzollamts hob der BGH den Beschluss des LG auf und änderte den des AG folgendermaßen: Der Beitritt des Hauptzollamts zu dem Verfahren des AG über die Zwangsversteigerung wird zugelassen.

Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des LG bedurfte der über das besondere Behördenpostfach elektronisch übermittelte Antrag des Hauptzollamts auf Zulassung des Beitritts zu dem Zwangsversteigerungsverfahren (§§ 15, 27 ZVG) weder einer qualifizierten Signatur noch eines Dienstsiegels.

Die Vollstreckungsbehörde muss den Antrag gem. §§ 15, 16, 27 ZVG auf Anordnung des Zwangsversteigerungsverfahrens bzw. auf Zulassung des Beitritts als elektronisches Dokument übermitteln (§ 130d ZPO). Nach § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Zu den sicheren Übermittlungswegen gehört nach § 130a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ZPO der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde und der elektronischen Poststelle des Gerichts.

Der BGH hat entschieden, dass die zuvor geltenden Anforderungen an einen in Papierform eingereichten titelersetzenden Vollstreckungsantrag auf einen elektronisch eingereichten Vollstreckungsantrag, der den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten unterliegt, nicht übertragen werden können. Nimmt das Verfahrensrecht auf die Vorschrift des § 130a ZPO Bezug, ergeben sich daraus die Anforderungen an die Übermittlung des titelergänzenden Vollstreckungsantrags als elektronisches Dokument.

Titelersetzende Vollstreckungsanträge entsprechen danach den im elektronischen Rechtsverkehr geltenden Formanforderungen, wenn sie entweder von der sie verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert worden oder von der sie verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden sind. Durch die Einreichung über einen sicheren Übermittlungsweg ist die Authentizität des Vollstreckungsantrags mit Blick auf dessen Herkunft von der dazu befugten Behörde gewährleistet. Weitere Formerfordernisse bestehen nicht, es sei denn, das Verfahrensrecht, dem der titelersetzende Vollstreckungsantrag unterliegt, bestimmt etwas anderes.

Ebenso legt die von § 322 Abs. 1 Satz 2 AO durch Verweisung auf die ZPO in Bezug genommene Vorschrift des § 130a ZPO die formellen Anforderungen an den Vollstreckungsantrag der Vollstreckungsbehörde nach § 322 Abs. 3 AO abschließend fest. Für den elektronisch einzureichenden Vollstreckungsantrag der Vollstreckungsbehörde nach § 322 Abs. 3 AO, der über das besondere elektronische Behördenpostfach übermittelt worden ist, genügt die einfache Signatur der verantwortenden Person. Die (einfache) Signatur i.V.m. einem sicheren Übermittlungsweg ist der qualifizierten elektronischen Signatur nach § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO gleichgestellt. Eines Dienstsiegels bedarf es nicht. Der Gesetzgeber hat in § 130a ZPO kein solches Formerfordernis vorgesehen.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Formale Anforderungen an Vollstreckungsantrag im elektronischen Rechtsverkehr
BGH vom 06.04.2023 - I ZB 84/22
MDR 2023, 933
MDR0057030

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