Erbscheinserteilung zugunsten eines von der katholischen Pflegeeinrichtung unabhängigen katholischen Vereins
OLG Frankfurt a.M. v. 8.12.2022 - 20 W 301/18
Der Sachverhalt:
Die Erblasserin war verwitwet und hatte ein Kind. Sie lebte zuletzt in einer katholischen Altenpflegeeinrichtung in Wiesbaden. Zum Alleinerben setzte sie einen eingetragenen Verein einer katholischen Einrichtung ein. Die Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung ist korporatives Mitglied dieses Vereines und hat sich u.a. hinsichtlich der Bestellung des Geschäftsführers der Zustimmung des Bischofs von Limburg unterstellt. Ihr Sohn erhielt ein Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils.
Der eingesetzte Testamentsvollstrecker beantragte beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins zugunsten des Vereins. Der Sohn focht das Testament an und beantragte ebenfalls einen Erbschein zu seinen Gunsten.
Das AG - Nachlassgericht - beabsichtigt, dem Verein einen Erbschein zu erteilen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Sohnes hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Rechtsbeschwerde zum BGH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Der Verein ist wirksam zum Alleinerben eingesetzt worden.
Das Testament verstößt nicht gegen eine Verbotsnorm des Hessischen Heim- und Pflegegesetzes. Demnach ist es Betreibern von Pflegeeinrichtungen u.a. untersagt, sich für die Zurverfügungstellung eines Platzes oder die Erbringung von Pflegeleistungen zusätzliche Zahlungen versprechen zu lassen (§ 6 HSBP). Mit der Regelung sollen u.a. der Heimfriede geschützt und eine unterschiedliche Behandlung der Bewohner als Folge finanzieller Zusatzleistungen oder -versprechen verhindert werden. Die Regelung dient zudem dem Schutz der Testierfreiheit und soll das Ausnutzen der Hilf- oder Arglosigkeit verhindern.
Die Erbeinsetzung berührt diese Zwecke vorliegend nicht. Die Erblasserin hat mit dem Verein eine von der Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung verschiedene juristische Person als Erbe eingesetzt. Soweit die Erblasserin den Wunsch geäußert haben soll, in einer katholischen Einrichtung betreut zu werden, die möglicherweise in der Trägerschaft des begünstigten Vereins steht, erfülle dies nicht die Verbotsnorm. Ein nicht näher konkretisierter Wunsch ist nicht geeignet, Druck auf den Betreiber einer Einrichtung auszuüben. Die nach dem Willen der Erblasserin aus Mitteln der Treuhandstiftung zu finanzierenden Leistungen stellen sich nicht als solche im Sinne der Verbotsnorm dar.
Die Erbeinsetzung stellt auch keine unzulässige Umgehung der Verbotsnorm dar. Die Erbeinsetzung stellt sich weder indirekt noch mittelbar als Zuwendung an die Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung dar, in welcher die Erblasserin zuletzt gelebt hat. Durch die Auflage zur Verwendung ihres Vermögens in einer Treuhandstiftung hat die Erblasserin eine Bestimmung getroffen, die gerade keine Zuwendung an die Betreiberin der Pflegeeinrichtung bewirkt. Es besteht kein tatsächlich oder rechtlicher Einfluss des Vereins auf diese Einrichtung. Allein der Umstand, dass die Betreiberin der Einrichtung korporatives Mitglied des Vereins ist, führt nicht dazu, dass die Einrichtung auch am zugewendeten Vermögen partizipiert.
Die gewählte testamentarische Gestaltung diente zwar offensichtlich dazu, einen Verstoß gegen die Vorschriften des HSBP zu vermeiden. Die Gestaltung berührt aber nicht die Schutzzwecke des HSBP und ist damit von der Testierfreiheit gedeckt. Da der Verein keine der Verwaltung kirchlicher Organe unterstehende Einrichtung ist, ist das kanonische Recht auf den Verein nicht anwendbar. Damit bedarf die Annahme der Erbschaft durch den Verein auch nicht der Genehmigung durch den Bischof nach dem Kirchenvermögensverwaltungsgesetz.
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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 1 vom 6.1.2023
Die Erblasserin war verwitwet und hatte ein Kind. Sie lebte zuletzt in einer katholischen Altenpflegeeinrichtung in Wiesbaden. Zum Alleinerben setzte sie einen eingetragenen Verein einer katholischen Einrichtung ein. Die Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung ist korporatives Mitglied dieses Vereines und hat sich u.a. hinsichtlich der Bestellung des Geschäftsführers der Zustimmung des Bischofs von Limburg unterstellt. Ihr Sohn erhielt ein Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils.
Der eingesetzte Testamentsvollstrecker beantragte beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins zugunsten des Vereins. Der Sohn focht das Testament an und beantragte ebenfalls einen Erbschein zu seinen Gunsten.
Das AG - Nachlassgericht - beabsichtigt, dem Verein einen Erbschein zu erteilen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Sohnes hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Rechtsbeschwerde zum BGH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Der Verein ist wirksam zum Alleinerben eingesetzt worden.
Das Testament verstößt nicht gegen eine Verbotsnorm des Hessischen Heim- und Pflegegesetzes. Demnach ist es Betreibern von Pflegeeinrichtungen u.a. untersagt, sich für die Zurverfügungstellung eines Platzes oder die Erbringung von Pflegeleistungen zusätzliche Zahlungen versprechen zu lassen (§ 6 HSBP). Mit der Regelung sollen u.a. der Heimfriede geschützt und eine unterschiedliche Behandlung der Bewohner als Folge finanzieller Zusatzleistungen oder -versprechen verhindert werden. Die Regelung dient zudem dem Schutz der Testierfreiheit und soll das Ausnutzen der Hilf- oder Arglosigkeit verhindern.
Die Erbeinsetzung berührt diese Zwecke vorliegend nicht. Die Erblasserin hat mit dem Verein eine von der Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung verschiedene juristische Person als Erbe eingesetzt. Soweit die Erblasserin den Wunsch geäußert haben soll, in einer katholischen Einrichtung betreut zu werden, die möglicherweise in der Trägerschaft des begünstigten Vereins steht, erfülle dies nicht die Verbotsnorm. Ein nicht näher konkretisierter Wunsch ist nicht geeignet, Druck auf den Betreiber einer Einrichtung auszuüben. Die nach dem Willen der Erblasserin aus Mitteln der Treuhandstiftung zu finanzierenden Leistungen stellen sich nicht als solche im Sinne der Verbotsnorm dar.
Die Erbeinsetzung stellt auch keine unzulässige Umgehung der Verbotsnorm dar. Die Erbeinsetzung stellt sich weder indirekt noch mittelbar als Zuwendung an die Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung dar, in welcher die Erblasserin zuletzt gelebt hat. Durch die Auflage zur Verwendung ihres Vermögens in einer Treuhandstiftung hat die Erblasserin eine Bestimmung getroffen, die gerade keine Zuwendung an die Betreiberin der Pflegeeinrichtung bewirkt. Es besteht kein tatsächlich oder rechtlicher Einfluss des Vereins auf diese Einrichtung. Allein der Umstand, dass die Betreiberin der Einrichtung korporatives Mitglied des Vereins ist, führt nicht dazu, dass die Einrichtung auch am zugewendeten Vermögen partizipiert.
Die gewählte testamentarische Gestaltung diente zwar offensichtlich dazu, einen Verstoß gegen die Vorschriften des HSBP zu vermeiden. Die Gestaltung berührt aber nicht die Schutzzwecke des HSBP und ist damit von der Testierfreiheit gedeckt. Da der Verein keine der Verwaltung kirchlicher Organe unterstehende Einrichtung ist, ist das kanonische Recht auf den Verein nicht anwendbar. Damit bedarf die Annahme der Erbschaft durch den Verein auch nicht der Genehmigung durch den Bischof nach dem Kirchenvermögensverwaltungsgesetz.
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