Erkrankung des Mieters rechtfertigt in einem Gewerberaummietverhältnis nicht dessen fristlose Kündigung
OLG Rostock v. 9.7.2020 - 3 U 78/19
Der Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt die unbekannten Erben des am 16.10.2017 verstorbenen freischaffenden Künstlers N. P. (nachfolgend Erblasser) auf Zahlung von Miete betreffend den Peilturm Arkona in Anspruch.
Die Klägerin und der Erblasser waren zuletzt durch einen befristeten Mietvertrag verbunden, der zum 31.12.2017 enden sollte. Die vereinbarte Miete betrug ca. 2.700 €.
Im März 2017 erklärte der Erblasser ggü. der Klägerin schriftlich, das Mietverhältnis aufgrund seiner schweren Erkrankung, die ihm die Nutzung der Mieträume unmöglich mache, zum nächstmöglichen Zeitpunkt beenden zu wollen. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits erhebliche Mietrückstände aufgelaufen.
Das LG hat die unbekannten Erben als Beklagte verurteilt, die bis April 2017 aufgelaufenen Mietrückstände zu zahlen. Wegen der Mieten für die Monate Mai bis Dezember 2017 hat es die Klage abgewiesen. Es hat in der Erklärung des Erblassers eine fristlose Kündigung gesehen, die im April wirksam geworden sei. Zu dieser sei der Erblasser aufgrund seiner schweren Erkrankung auch berechtigt gewesen.
Mit ihrer Berufung beantragte die Klägerin, die Beklagten zur Zahlung auch der Mieten Mai bis Dezember 2017 zu verurteilen. Sie rügt, das LG habe § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB fehlerhaft angewendet. Zu Unrecht habe das LG in der Erkrankung des Erblassers einen wichtigen Kündigungsgrund gesehen.
Die Berufung der Klägerin vor dem OLG hatte nun Erfolg.
Die Gründe:
Die unbekannten Erben nach N. P. schulden die vereinbarte monatliche Miete auch für die Monate Mai bis Dezember 2017. Der Erblasser hat das Mietverhältnis nicht im März 2017 mit Erfolg fristlos kündigen können.
Gemäß § 543 Abs. 1 BGB kann eine Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien und eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. Bei dieser Abwägung ist zu beachten, dass die Störung des Vertragsverhältnisses, die den wichtigen Grund darstellen soll, regelmäßig aus dem Bereich des Kündigungsempfängers herrühren muss. Schon hieran fehlt es, da der Erblasser aufgrund seiner Erkrankung und nicht wegen einer aus der Sphäre der Klägerin stammenden Störung gekündigt hat.
Auch für das gewerbliche Mietverhältnis ist das Leitbild des § 537 BGB in die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung vorliegt, und damit in die Interessenabwägung einzubeziehen. Gemäß § 537 BGB wird der Mieter nicht dadurch von seiner Verpflichtung zur Zahlung der Miete frei, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Ein solcher in der Person des Mieters liegender Grund, der das Vertragsrisiko auf der Seite des Mieters ansiedelt, ist auch dessen Gesundheitszustand. Daher rechtfertigt jedenfalls in einem Gewerberaummietverhältnis die Erkrankung des Mieters nicht dessen fristlose Kündigung (vgl. OLG Düsseldorf v. 25.7.2008 - I-24 W 53/08). Der Erblasser konnte also aufgrund seiner Erkrankung und der dadurch für ihn gehinderten Gebrauchsmöglichkeit der Mietsache keinen wichtigen Grund i. S. d. § 543 Abs. 1 S. 2 BGB in Anspruch nehmen, sodass seine ausgesprochene Kündigung keine Wirksamkeit erlangen konnte.
Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern online
Die Klägerin nimmt die unbekannten Erben des am 16.10.2017 verstorbenen freischaffenden Künstlers N. P. (nachfolgend Erblasser) auf Zahlung von Miete betreffend den Peilturm Arkona in Anspruch.
Die Klägerin und der Erblasser waren zuletzt durch einen befristeten Mietvertrag verbunden, der zum 31.12.2017 enden sollte. Die vereinbarte Miete betrug ca. 2.700 €.
Im März 2017 erklärte der Erblasser ggü. der Klägerin schriftlich, das Mietverhältnis aufgrund seiner schweren Erkrankung, die ihm die Nutzung der Mieträume unmöglich mache, zum nächstmöglichen Zeitpunkt beenden zu wollen. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits erhebliche Mietrückstände aufgelaufen.
Das LG hat die unbekannten Erben als Beklagte verurteilt, die bis April 2017 aufgelaufenen Mietrückstände zu zahlen. Wegen der Mieten für die Monate Mai bis Dezember 2017 hat es die Klage abgewiesen. Es hat in der Erklärung des Erblassers eine fristlose Kündigung gesehen, die im April wirksam geworden sei. Zu dieser sei der Erblasser aufgrund seiner schweren Erkrankung auch berechtigt gewesen.
Mit ihrer Berufung beantragte die Klägerin, die Beklagten zur Zahlung auch der Mieten Mai bis Dezember 2017 zu verurteilen. Sie rügt, das LG habe § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB fehlerhaft angewendet. Zu Unrecht habe das LG in der Erkrankung des Erblassers einen wichtigen Kündigungsgrund gesehen.
Die Berufung der Klägerin vor dem OLG hatte nun Erfolg.
Die Gründe:
Die unbekannten Erben nach N. P. schulden die vereinbarte monatliche Miete auch für die Monate Mai bis Dezember 2017. Der Erblasser hat das Mietverhältnis nicht im März 2017 mit Erfolg fristlos kündigen können.
Gemäß § 543 Abs. 1 BGB kann eine Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien und eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. Bei dieser Abwägung ist zu beachten, dass die Störung des Vertragsverhältnisses, die den wichtigen Grund darstellen soll, regelmäßig aus dem Bereich des Kündigungsempfängers herrühren muss. Schon hieran fehlt es, da der Erblasser aufgrund seiner Erkrankung und nicht wegen einer aus der Sphäre der Klägerin stammenden Störung gekündigt hat.
Auch für das gewerbliche Mietverhältnis ist das Leitbild des § 537 BGB in die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung vorliegt, und damit in die Interessenabwägung einzubeziehen. Gemäß § 537 BGB wird der Mieter nicht dadurch von seiner Verpflichtung zur Zahlung der Miete frei, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Ein solcher in der Person des Mieters liegender Grund, der das Vertragsrisiko auf der Seite des Mieters ansiedelt, ist auch dessen Gesundheitszustand. Daher rechtfertigt jedenfalls in einem Gewerberaummietverhältnis die Erkrankung des Mieters nicht dessen fristlose Kündigung (vgl. OLG Düsseldorf v. 25.7.2008 - I-24 W 53/08). Der Erblasser konnte also aufgrund seiner Erkrankung und der dadurch für ihn gehinderten Gebrauchsmöglichkeit der Mietsache keinen wichtigen Grund i. S. d. § 543 Abs. 1 S. 2 BGB in Anspruch nehmen, sodass seine ausgesprochene Kündigung keine Wirksamkeit erlangen konnte.