21.10.2020

EuGH spezifiziert den Ausschluss des Widerrufsrechts des Verbrauchers bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

Der Ausschluss des Widerrufsrechts des Verbrauchers bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen gilt auch dann, wenn die Ware zwar nach Kundenspezifikation herzustellen ist, mit der Herstellung aber noch nicht begonnen wurde.

EuGH v. 21.10.2020 - C-529/19
Der Sachverhalt:
Die klagende Firma Möbel Kraft begehrt Schadensersatz von der beklagten Kundin, die bei ihr auf einer gewerblichen Messe eine Einbauküche gekauft hatte, diese aber nicht abgenommen, sondern den Vertrag widerrufen hat. Zum Zeitpunkt des Widerrufs war mit der Herstellung der Teile, aus denen die Küche bestehen sollte, noch nicht begonnen worden.

Nach der RL 2011/83 über die Rechte der Verbraucher kann ein Vertrag, der im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, grundsätzlich binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen werden. Das Widerrufsrecht ist jedoch ausgeschlossen bei Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Das mit der Sache befasste AG legte dem EuGH die Frage vor, ob dieser Ausschluss bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen auch dann gilt, wenn die Ware zwar nach Kundenspezifikation herzustellen ist, mit der Herstellung aber noch nicht begonnen wurde.

Die Gründe:
Der Ausschluss des Widerrufsrechts greift auch, wenn mit der Herstellung der nach Kundenspezifikation herzustellenden Ware noch nicht begonnen wurde.

Art. 16 Buchst. c der RL 2011/83/EU ist dahin auszulegen, dass die Ausnahme vom dort geregelten Widerrufsrecht einem Verbraucher, der außerhalb von Geschäftsräumen einen Kaufvertrag über eine Ware geschlossen hat, die nach seinen Spezifikationen herzustellen ist, unabhängig davon entgegengehalten werden kann, ob der Unternehmer mit deren Herstellung begonnen hat oder nicht.

Die Ausnahme vom Widerrufsrecht, die die Richtlinie für den Fall vorsieht, dass die Ware nach Kundenspezifikation angefertigt wird oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist, gilt unabhängig davon, ob der Unternehmer bereits mit der Herstellung begonnen hat oder nicht. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut und dem Regelungszusammenhang, sondern entspricht auch dem Ziel der Richtlinie, die Rechtssicherheit zu erhöhen, indem das Bestehen oder der Ausschluss des Widerrufsrechts nicht vom Fortschritt der Vertragserfüllung abhängt, über den der Verbraucher üblicherweise nicht informiert wird und auf den er daher erst recht keinen Einfluss hat.

Zu Verträgen, die von einem Verbraucher auf einer gewerblichen Messe geschlossen werden, ist ganz allgemein darauf hinzuweisen, dass ein Stand auf einer solchen Messe als Geschäftsraum angesehen werden könnte. Wird der Vertrag zwar auf einer Messe, nicht aber an einem dortigen Stand abgeschlossen, kann er hingegen als "außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen" angesehen werden, so dass grundsätzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht besteht. Für den vorliegenden Fall wird das AG zu prüfen haben, ob überhaupt ein "außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag" vorliegt.
EuGH online
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