05.09.2019

Fiktive Mangelbeseitigungskosten als Schadensersatzanspruch beim Kaufvertrag

Der Käufer kann jedenfalls dann Schadensersatz in Gestalt der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten verlangen, wenn hinreichend sicher ist, dass er den vorhandenen Zustand nicht akzeptieren wird und er die in sein Anwesen eingebaute mangelhafte Kaufsache entfernen sowie durch eine neu einzubauende Sache ersetzen will. Die Unzulässigkeit einer fiktiven Schadensberechnung für die Mangelbeseitigung aus dem Werkvertragsrecht ist hier nicht auf das Kaufrecht übertragbar.

LG Nürnberg-Fürth v. 4.6.2019 - 6 O 7787/18
Der Sachverhalt:
Der Kläger bestellte bei der Beklagten Ende 2013 Parkettdielen, einige Eimer des für die Verlegung vorgesehenen Klebers und weiteres Zubehör. Mit seinem Schreiben vom November 2016 forderte der Kläger die Beklagte zur Beseitigung von Mängeln unter Fristsetzung bis zum Dezember 2016. Anschließend leitete der Kläger beim LG ein selbstständiges Beweisverfahren gegen die Beklagte ein.

Der Kläger behauptete, er habe das Parkett im Zeitraum vom Dezember 2013 bis Januar 2014 unter ausschließlicher Verwendung des bei der Beklagten erworbenen Klebers verlegt. Im Sommer 2016 habe sich das Parkett an mehreren Stellen gelöst, weil der Kleber nicht die notwendige Festigkeit aufweise, um die Parkettdielen dauerhaft mit dem Unterboden zu verbinden. Der Kläger verlangte von der Beklagten die zur Mangelbeseitigung erforderlichen Kosten. Diese bestünden aus dem Neuverlegen eines Parkettbodens, Aus- und Einräumen der Möbel und Kosten für die Elektro- und Sanitäranschlussarbeiten sowie für Maurer- und Malerarbeiten, die noch nicht abschließend bezifferbar seien.

Das LG gab der Klage in vollem Umfang statt.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281, 437 Nr. 3 BGB.

Insbesondere aufgrund der Mangelhaftigkeit des Klebers gem. § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB und der erfolglosen Nachfristsetzung sind die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches gegeben. Der Kläger kann entsprechend § 249 Abs. 2 BGB den Ersatz der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten verlangen, vor Durchführung der Maßnahme jedoch nur den Nettobetrag.

Die neuere Rechtsprechung des BGH, nach der eine fiktive Schadensberechnung für die Mangelbeseitigung im Werkvertragsrecht nicht mehr zulässig sei, steht der Schadensberechnung anhand der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten im vorliegenden Fall nicht entgegen. Der BGH begründet die Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung damit, dass eine abstrakte Schadensberechnung das Leistungsdefizit im Werkvertragsrecht nicht zutreffend abbildet und häufig zu einer Überkompensation führt, die nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigt ist. Er geht jedoch auch in seiner Entscheidung davon aus, dass der Kläger die Mangel nicht beseitigen lässt und insbesondere das Werk behält. Beides ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die vom BGH beschriebene Überkompensation tritt hier also nicht ein.

Der Anspruch ist nicht gem. § 438 Abs. 1 BGB verjährt. Die Verjährungsfrist beträgt im vorliegenden Fall gem. § 438 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) BGB fünf Jahre. Der mangelhafte Parkettkleber wurde entsprechend seiner üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk eingesetzt. Verwendung für ein Bauwerk meint nicht nur die Neuerrichtung, sondern auch Erneuerungs- und Umbauarbeiten, wenn sie für Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Hauses von wesentlicher Bedeutung sind. Der Kleber ist für die fachgerechte Verlegung des Parketts erforderlich, Dieses wiederum ist für die Bewohnbarkeit des Hauses von wesentlicher Bedeutung, wodurch es wesentlicher Bestandteil des Hauses wurde. Die Mangelhaftigkeit des Klebers hat daher im Streitfall die Mangelhaftigkeit eines Bauwerks verursacht.

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