Fluggastrechte: Haftung für Verletzung im Hotel?
EuGH v. 3.9.2020 - C-530/19
Der Sachverhalt:
Die Klägerin buchte im Rahmen einer Pauschalreise einen Flug von Mallorca nach Wien, der durch die NIKI Luftfahrt GmbH durchgeführt werden sollte. Infolge der Annullierung dieses Fluges erfolgte eine Umbuchung und Verschiebung des Abflugs von Mallorca auf den Abend des nächsten Tages. Aufgrund dieser Annullierung bot NIKI Luftfahrt der Klägerin eine unentgeltliche Unterbringung in einem örtlichen Hotel an. Während ihres Aufenthalts in dem Hotel fiel die Klägerin, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, und verletzte sich schwer, nachdem ihr Rollstuhl mit den Vorderrädern in einer Querrinne eines Weges hängen blieb.
Die Klägerin erhob vor den österreichischen Gerichten Klage, die beklagte Insolvenzverwalterin von NIKI-Luftfahrt zur Zahlung von Schadensersatz für den ihr entstandenen Schaden zu verurteilen. Insoweit macht sie geltend, dass sich der Unfall auf dem Hotelgelände ereignet habe und die Mitarbeiter des Hotelbetreibers fahrlässig gehandelt hätten, weil sie die Querrinne im Weg weder beseitigt noch sonst abgesichert hätten.
Der österreichische Oberste Gerichtshof ersucht den EuGH in diesem Zusammenhang um Auslegung der EU-Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004. Er möchte wissen, ob die einem Luftfahrtunternehmen u.a. im Fall der Annullierung eines Fluges unter bestimmten Umständen obliegende Pflicht, den Fluggästen unentgeltlich eine Hotelunterbringung anzubieten, nicht nur bedeutet, dass es für die Fluggäste ein Hotelzimmer zu finden und dessen Kosten zu bezahlen hat, sondern auch die Unterbringungsmodalitäten als solche zu übernehmen hat. Außerdem möchte das österreichische Gericht wissen, ob ein Luftfahrtunternehmen, das einem Fluggast, dessen Flug annulliert wurde, eine Hotelunterbringung angeboten hat, auf der alleinigen Grundlage der Verordnung verpflichtet sein kann, dem Fluggast die Schäden zu ersetzen, die durch ein Fehlverhalten des Hotelpersonals entstanden sind.
Die Gründe:
Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ist dahin auszulegen, dass die dem Luftfahrtunternehmen nach dieser Vorschrift obliegende Pflicht, den in ihr genannten Fluggästen unentgeltlich eine Hotelunterbringung anzubieten, nicht bedeutet, dass das Luftfahrtunternehmen die Unterbringungsmodalitäten als solche zu übernehmen hat.
Die vom EuGH vorgenommene Auslegung höhlt die dem Luftfahrtunternehmen obliegende Pflicht, besonders auf die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität zu achten, nicht aus. Denn auch wenn das Luftfahrtunternehmen die Modalitäten der Hotelunterbringung der Fluggäste, deren Flug annulliert wurde, nicht selbst zu übernehmen hat, so hat es ihnen doch eine angemessene Betreuung anzubieten. Dies bedeutet, dass das Luftfahrtunternehmen das Hotel sorgfältig auszusuchen hat, nachdem es sich vergewissert hat, dass dieses Hotel imstande ist, vernünftigen Erwartungen an die Qualität und Sicherheit zu entsprechen. Außerdem muss es sich in Bezug auf Personen mit eingeschränkter Mobilität Gewissheit darüber verschafft haben, dass dieses Hotel so angelegt ist, dass es sie unter angemessenen Bedingungen aufnehmen kann. Gegebenenfalls muss das Luftfahrtunternehmen dieses Hotel über die eingeschränkte Mobilität der betroffenen Fluggäste vorab informieren.
Die Verordnung ist dahin auszulegen, dass ein Luftfahrtunternehmen, das nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung einem Fluggast, dessen Flug annulliert wurde, eine Hotelunterbringung angeboten hat, nicht auf der alleinigen Grundlage dieser Verordnung verpflichtet sein kann, dem Fluggast die Schäden zu ersetzen, die durch ein Fehlverhalten des Hotelpersonals entstanden sind. Der Ersatz individueller Schäden, die durch ein Fehlverhalten des Personals des Hotels entstanden sind, das von dem Luftfahrtunternehmen zum Zweck Unterbringung ausgewählt worden ist, würde notwendigerweise eine Einzelfallprüfung des Ausmaßes dieser Schäden erfordern. Dies würde aber über den Rahmen der von der Verordnung vorgesehenen standardisierten und sofortigen Maßnahmen zur Wiedergutmachung hinausgehen.
EuGH online
Die Klägerin buchte im Rahmen einer Pauschalreise einen Flug von Mallorca nach Wien, der durch die NIKI Luftfahrt GmbH durchgeführt werden sollte. Infolge der Annullierung dieses Fluges erfolgte eine Umbuchung und Verschiebung des Abflugs von Mallorca auf den Abend des nächsten Tages. Aufgrund dieser Annullierung bot NIKI Luftfahrt der Klägerin eine unentgeltliche Unterbringung in einem örtlichen Hotel an. Während ihres Aufenthalts in dem Hotel fiel die Klägerin, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, und verletzte sich schwer, nachdem ihr Rollstuhl mit den Vorderrädern in einer Querrinne eines Weges hängen blieb.
Die Klägerin erhob vor den österreichischen Gerichten Klage, die beklagte Insolvenzverwalterin von NIKI-Luftfahrt zur Zahlung von Schadensersatz für den ihr entstandenen Schaden zu verurteilen. Insoweit macht sie geltend, dass sich der Unfall auf dem Hotelgelände ereignet habe und die Mitarbeiter des Hotelbetreibers fahrlässig gehandelt hätten, weil sie die Querrinne im Weg weder beseitigt noch sonst abgesichert hätten.
Der österreichische Oberste Gerichtshof ersucht den EuGH in diesem Zusammenhang um Auslegung der EU-Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004. Er möchte wissen, ob die einem Luftfahrtunternehmen u.a. im Fall der Annullierung eines Fluges unter bestimmten Umständen obliegende Pflicht, den Fluggästen unentgeltlich eine Hotelunterbringung anzubieten, nicht nur bedeutet, dass es für die Fluggäste ein Hotelzimmer zu finden und dessen Kosten zu bezahlen hat, sondern auch die Unterbringungsmodalitäten als solche zu übernehmen hat. Außerdem möchte das österreichische Gericht wissen, ob ein Luftfahrtunternehmen, das einem Fluggast, dessen Flug annulliert wurde, eine Hotelunterbringung angeboten hat, auf der alleinigen Grundlage der Verordnung verpflichtet sein kann, dem Fluggast die Schäden zu ersetzen, die durch ein Fehlverhalten des Hotelpersonals entstanden sind.
Die Gründe:
Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ist dahin auszulegen, dass die dem Luftfahrtunternehmen nach dieser Vorschrift obliegende Pflicht, den in ihr genannten Fluggästen unentgeltlich eine Hotelunterbringung anzubieten, nicht bedeutet, dass das Luftfahrtunternehmen die Unterbringungsmodalitäten als solche zu übernehmen hat.
Die vom EuGH vorgenommene Auslegung höhlt die dem Luftfahrtunternehmen obliegende Pflicht, besonders auf die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität zu achten, nicht aus. Denn auch wenn das Luftfahrtunternehmen die Modalitäten der Hotelunterbringung der Fluggäste, deren Flug annulliert wurde, nicht selbst zu übernehmen hat, so hat es ihnen doch eine angemessene Betreuung anzubieten. Dies bedeutet, dass das Luftfahrtunternehmen das Hotel sorgfältig auszusuchen hat, nachdem es sich vergewissert hat, dass dieses Hotel imstande ist, vernünftigen Erwartungen an die Qualität und Sicherheit zu entsprechen. Außerdem muss es sich in Bezug auf Personen mit eingeschränkter Mobilität Gewissheit darüber verschafft haben, dass dieses Hotel so angelegt ist, dass es sie unter angemessenen Bedingungen aufnehmen kann. Gegebenenfalls muss das Luftfahrtunternehmen dieses Hotel über die eingeschränkte Mobilität der betroffenen Fluggäste vorab informieren.
Die Verordnung ist dahin auszulegen, dass ein Luftfahrtunternehmen, das nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung einem Fluggast, dessen Flug annulliert wurde, eine Hotelunterbringung angeboten hat, nicht auf der alleinigen Grundlage dieser Verordnung verpflichtet sein kann, dem Fluggast die Schäden zu ersetzen, die durch ein Fehlverhalten des Hotelpersonals entstanden sind. Der Ersatz individueller Schäden, die durch ein Fehlverhalten des Personals des Hotels entstanden sind, das von dem Luftfahrtunternehmen zum Zweck Unterbringung ausgewählt worden ist, würde notwendigerweise eine Einzelfallprüfung des Ausmaßes dieser Schäden erfordern. Dies würde aber über den Rahmen der von der Verordnung vorgesehenen standardisierten und sofortigen Maßnahmen zur Wiedergutmachung hinausgehen.