Funktionierendes Umgangsmodell ist nicht zu Gunsten eines Wechselmodells abzuändern
OLG Frankfurt a.M. v. 6.7.2021 - 3 UF 144/20
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten sind verheiratet und haben zwei Kinder. Nach der Trennung zog die Mutter aus der Ehewohnung aus und nahm die 2008 und 2011 geborenen Kinder mit, die seitdem dort ihren Lebensmittelpunkt haben. Ein Scheidungsverfahren ist anhängig. Im Rahmen eines Sorgerechtsverfahrens hatten die Eltern vereinbart, dass die Kinder grundsätzlich im Haushalt der Mutter leben und regelmäßig Umgang mit dem Vater ausüben.
Über die Ausgestaltung des Umgangs waren und sind sich die Eltern nicht einig und leiteten deshalb das hier entschiedene Umfangsverfahren ein. Sie praktizierten tatsächlich den Umgang des Vaters in den ungeraden Wochen von samstags 10 Uhr bis zum folgenden Dienstagmorgen und in den geraden Wochen von Sonntag 17 Uhr bis zum folgenden Dienstagmorgen.
Im Rahmen des Umgangsverfahrens vor dem Amtsgericht stellte sich der Vater ein wöchentliches Wechselmodel vor; die Mutter sowie die angehörten Kinder sprachen sich für die Beibehaltung der gegenwärtigen Praxis aus. Die Kinder äußerten ausdrücklich den Wunsch, dass Ruhe einkehren solle.
Das AG beschloss daraufhin die Umgangsregelung entsprechend der bislang praktizierten Übung. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Kindesvaters hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Sofern Eltern sich über die Umgangsregelung nicht einigen könnten, ist das Gericht gehalten, eine Regelung zu treffen, die dem Wohl der Kinder am besten entspricht. Es besteht vorliegend kein Zweifel, dass dies bei der vom AG getroffenen Regelung der Fall ist.
Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die vom Vater angestrebte Regelung eines Wechselmodells dem Wohl der Kinder besser entspricht, als die getroffene Regelung. Eine Ausweitung der seit geraumer Zeit praktizierten, von den Kindern gut angenommenen und von ihnen weiterhin gewünschten Regelung gegen ihren Willen würde ihrem Wohl widersprechen. Dem stabilen und autonom gebildeten Kindeswillen kommt im Umgangsverfahren eine hohe Bedeutung zu. Er ist Ausdruck der empfundenen Personenverbindung sowie ein Akt der Selbstbestimmung.
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Wille der Kinder hier nicht die wirklichen Bindungsverhältnisse wiedergibt. Sie machen einen reifen und sehr verständigen Eindruck und wissen, was die Regelung für sie bedeutet. Bei derart reifen und reflektierten Kindern ist es für das Kindeswohl als außerordentlich problematisch zu erachten, wenn ihnen nun eine von ihren geäußerten Vorstellungen abweichende Umgangsregelung gerichtlich verordnet werden würde. Es wird den Kindern, die unter dem Konflikt ihrer Eltern unzweifelhaft leiden, am ehesten gerecht, wenn ihr Willen schlicht respektiert wird. Ein den Kindern aufgedrängter Umgang wird von diesen als Belastung empfunden und könnte sogar das Verhältnis zum umgangsberechtigten Elternteil negativ beeinflussen.
Soweit der Vater der Auffassung ist, dass eine Betreuung auf Augenhöhe durch beide Eltern nur im Rahmen eines Wechselmodells gewährleistet sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Die durch das AG festgelegte Regelung verhindert nicht eine angemessene Rolle des Vaters im Leben seiner Kinder. Maßgeblich bei einer Umgangsregelung ist allein das Wohl des Kindes, nicht aber vermeintliche Gerechtigkeits-und Gleichberechtigungserwägungen eines Elternteils. Zwar kann ein Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden, vorausgesetzt wird aber eine - hier fehlende - ausreichend gute Kommunikation und Kooperation der Eltern und ein entsprechender Kindeswille. Ein funktionierendes Umgangsmodell, das dem konstant geäußerten Willen der Kinder entspricht, (ist) nicht zu Gunsten eines Wechselmodells bei mangelnder Kommunikations-Kooperationsbereitschaft abzuändern.
OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 52 vom 22.7.2021
Die Beteiligten sind verheiratet und haben zwei Kinder. Nach der Trennung zog die Mutter aus der Ehewohnung aus und nahm die 2008 und 2011 geborenen Kinder mit, die seitdem dort ihren Lebensmittelpunkt haben. Ein Scheidungsverfahren ist anhängig. Im Rahmen eines Sorgerechtsverfahrens hatten die Eltern vereinbart, dass die Kinder grundsätzlich im Haushalt der Mutter leben und regelmäßig Umgang mit dem Vater ausüben.
Über die Ausgestaltung des Umgangs waren und sind sich die Eltern nicht einig und leiteten deshalb das hier entschiedene Umfangsverfahren ein. Sie praktizierten tatsächlich den Umgang des Vaters in den ungeraden Wochen von samstags 10 Uhr bis zum folgenden Dienstagmorgen und in den geraden Wochen von Sonntag 17 Uhr bis zum folgenden Dienstagmorgen.
Im Rahmen des Umgangsverfahrens vor dem Amtsgericht stellte sich der Vater ein wöchentliches Wechselmodel vor; die Mutter sowie die angehörten Kinder sprachen sich für die Beibehaltung der gegenwärtigen Praxis aus. Die Kinder äußerten ausdrücklich den Wunsch, dass Ruhe einkehren solle.
Das AG beschloss daraufhin die Umgangsregelung entsprechend der bislang praktizierten Übung. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Kindesvaters hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Sofern Eltern sich über die Umgangsregelung nicht einigen könnten, ist das Gericht gehalten, eine Regelung zu treffen, die dem Wohl der Kinder am besten entspricht. Es besteht vorliegend kein Zweifel, dass dies bei der vom AG getroffenen Regelung der Fall ist.
Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die vom Vater angestrebte Regelung eines Wechselmodells dem Wohl der Kinder besser entspricht, als die getroffene Regelung. Eine Ausweitung der seit geraumer Zeit praktizierten, von den Kindern gut angenommenen und von ihnen weiterhin gewünschten Regelung gegen ihren Willen würde ihrem Wohl widersprechen. Dem stabilen und autonom gebildeten Kindeswillen kommt im Umgangsverfahren eine hohe Bedeutung zu. Er ist Ausdruck der empfundenen Personenverbindung sowie ein Akt der Selbstbestimmung.
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Wille der Kinder hier nicht die wirklichen Bindungsverhältnisse wiedergibt. Sie machen einen reifen und sehr verständigen Eindruck und wissen, was die Regelung für sie bedeutet. Bei derart reifen und reflektierten Kindern ist es für das Kindeswohl als außerordentlich problematisch zu erachten, wenn ihnen nun eine von ihren geäußerten Vorstellungen abweichende Umgangsregelung gerichtlich verordnet werden würde. Es wird den Kindern, die unter dem Konflikt ihrer Eltern unzweifelhaft leiden, am ehesten gerecht, wenn ihr Willen schlicht respektiert wird. Ein den Kindern aufgedrängter Umgang wird von diesen als Belastung empfunden und könnte sogar das Verhältnis zum umgangsberechtigten Elternteil negativ beeinflussen.
Soweit der Vater der Auffassung ist, dass eine Betreuung auf Augenhöhe durch beide Eltern nur im Rahmen eines Wechselmodells gewährleistet sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Die durch das AG festgelegte Regelung verhindert nicht eine angemessene Rolle des Vaters im Leben seiner Kinder. Maßgeblich bei einer Umgangsregelung ist allein das Wohl des Kindes, nicht aber vermeintliche Gerechtigkeits-und Gleichberechtigungserwägungen eines Elternteils. Zwar kann ein Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden, vorausgesetzt wird aber eine - hier fehlende - ausreichend gute Kommunikation und Kooperation der Eltern und ein entsprechender Kindeswille. Ein funktionierendes Umgangsmodell, das dem konstant geäußerten Willen der Kinder entspricht, (ist) nicht zu Gunsten eines Wechselmodells bei mangelnder Kommunikations-Kooperationsbereitschaft abzuändern.