Gilt das sog. "Handyverbot" auch bei mobilen Diagnosegeräten?
OLG Schleswig-Holstein v. 28.3.2023 - II ORbs 15/23
Der Sachverhalt:
Gegen den Betroffenen war im Dezember 2022 wegen vorsätzlicher Nutzung eines elektronischen Gerätes, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, am Steuer eine Geldbuße von 100 € festgesetzt worden. Nach den Feststellungen des AG habe der Betroffene - im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Kfz-Mechaniker - ein Kundenfahrzeug überprüft. Daran sei ein Diagnosegerät angeschlossen gewesen, das via Bluetooth mit einem mobilen Auslesegerät verbunden gewesen sei. Dieses, äußerlich einem Smartphone ähnelnde und auch über einen Touch-Bildschirm verfügende Auslesegerät, habe der Betroffene während der Fahrt in der Hand gehalten, um so einen Fehler an dem Fahrzeug zu ermitteln.
Mit dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde rügte der Betroffene die Verletzung sachlichen Rechts. Das AG habe in fehlerhafter Anwendung des Gesetzes das Diagnosegerät unter den Tatbestand des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO subsumiert. Jener sei vorliegend weder dem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck erfüllt, da die Fehlerdiagnose im laufenden Betrieb gerade der Datengewinnung diene mit dem Ziel, die Sicherheit des Fahrzeugs wiederherzustellen. Die Tätigkeit diene daher letztlich Sicherheit des Straßenverkehrs.
Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zwar zugelassen, jedoch als unbegründet verworfen.
Die Gründe:
Ein mit einem mobilen Auslesegerät verbundenes Diagnosegerät fällt unter den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1a StVO.
Das Auslesegerät verfügt über einen Bildschirm, ähnlich einem Smartphone, und ist damit ein elektronisches Gerät. Nach der BGH-Rechtsprechung sind elektronische Geräten zur Information solche, die der Unterrichtung über jegliche einer Mitteilung zugängliche Umstände dienen. Da das Auslesegerät in Kombination mit dem Diagnosegerät der Fehlerermittlung am Fahrzeug dient, hat es die Information des Auslesenden zum Ziel. Einschränkungen dergestalt, es müsse sich um eine Information von außen - im Gegensatz zu einer im Fahrzeug bereits vorhandenen - handeln und es bedürfe eines persönlichen Bezugs des Gerätes zum Benutzer, ließen sich weder dem Wortlaut der Norm noch ihrer Ausfüllung durch die Rechtsprechung entnehmen.
Der BGH betont, "dass der ausdrücklich verlautbarte Wille des Verordnungsgebers, sämtliche Geräte aus den aufgeführten Gerätekategorien zu erfassen für eine weite, die Wortbedeutung ausschöpfende Auslegung des Tatbestandsmerkmals des der Information dienenden Gerätes" spreche. Auch die Teleologie des sog. "Handynutzungsverbots" erfasst die Nutzung eines mit einem mobilen Auslesegerät verbundenen Diagnosegerätes durch den Fahrzeugführer. Der im Rahmen der 53. StVRÄndV vom 6.10.2017 neu gefasste Absatz 1a diente der Anpassung der alten Fassung i.S. einer technikoffenen Formulierung und der Ausweitung des Verbots auf sämtliche technische Geräte der Kommunikations-, Informations- und Unterhaltungselektronik (BR-Drucksache 556/17 S. 3).
Im Interesse einer Verbesserung der Verkehrssicherheit wollte der Verordnungsgeber die Reichweite der Regelung über den bisherigen Bereich der Mobil- und Autotelefone hinaus ausdehnen und eine Benutzung der aufgeführten elektronischen Geräte davon abhängig machen, dass die Hände des Fahrzeugführers während der Fahrt grundsätzlich zur Bewältigung der Fahraufgaben zur Verfügung stehen und dieser - von kurzen eine Blickabwendungen abgesehen - auf das Verkehrsgeschehen konzentriert bleibt (BGH, Beschl. v. 16.12.2020 - 4 StR 526/19).
Richtig ist zwar, dass der Verordnungsgeber sich gegen ein vollständiges Verbot der Nutzung von elektronischen Geräten während der Fahrt entschieden und darauf hingewiesen hat, dass ein solches umfassendes Verbot der Verkehrssicherheit unter Umständen sogar abträglich sein könne, erfasste es doch auch etwa das Hören von Warndurchsagen im Radio. So lag es hier aber nicht. Zwar dient die Informationsgewinnung mit der sich anschließenden Fehlerbehebung der Wiederherstellung der Sicherheit des jeweiligen Fahrzeugs und somit auch der Sicherheit des Straßenverkehrs; während der Dauer des Auslesens ist aber die Gefahr einer Ablenkung ebenso gegeben wie bei der Nutzung anderer elektronischer Geräte. Auch hier ist mehr als nur eine kurze Blickablenkung erforderlich, um die Informationen des Gerätes abzulesen, sie zu erfassen und gegebenenfalls darauf zu reagieren.
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Mit dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde rügte der Betroffene die Verletzung sachlichen Rechts. Das AG habe in fehlerhafter Anwendung des Gesetzes das Diagnosegerät unter den Tatbestand des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO subsumiert. Jener sei vorliegend weder dem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck erfüllt, da die Fehlerdiagnose im laufenden Betrieb gerade der Datengewinnung diene mit dem Ziel, die Sicherheit des Fahrzeugs wiederherzustellen. Die Tätigkeit diene daher letztlich Sicherheit des Straßenverkehrs.
Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zwar zugelassen, jedoch als unbegründet verworfen.
Die Gründe:
Ein mit einem mobilen Auslesegerät verbundenes Diagnosegerät fällt unter den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1a StVO.
Das Auslesegerät verfügt über einen Bildschirm, ähnlich einem Smartphone, und ist damit ein elektronisches Gerät. Nach der BGH-Rechtsprechung sind elektronische Geräten zur Information solche, die der Unterrichtung über jegliche einer Mitteilung zugängliche Umstände dienen. Da das Auslesegerät in Kombination mit dem Diagnosegerät der Fehlerermittlung am Fahrzeug dient, hat es die Information des Auslesenden zum Ziel. Einschränkungen dergestalt, es müsse sich um eine Information von außen - im Gegensatz zu einer im Fahrzeug bereits vorhandenen - handeln und es bedürfe eines persönlichen Bezugs des Gerätes zum Benutzer, ließen sich weder dem Wortlaut der Norm noch ihrer Ausfüllung durch die Rechtsprechung entnehmen.
Der BGH betont, "dass der ausdrücklich verlautbarte Wille des Verordnungsgebers, sämtliche Geräte aus den aufgeführten Gerätekategorien zu erfassen für eine weite, die Wortbedeutung ausschöpfende Auslegung des Tatbestandsmerkmals des der Information dienenden Gerätes" spreche. Auch die Teleologie des sog. "Handynutzungsverbots" erfasst die Nutzung eines mit einem mobilen Auslesegerät verbundenen Diagnosegerätes durch den Fahrzeugführer. Der im Rahmen der 53. StVRÄndV vom 6.10.2017 neu gefasste Absatz 1a diente der Anpassung der alten Fassung i.S. einer technikoffenen Formulierung und der Ausweitung des Verbots auf sämtliche technische Geräte der Kommunikations-, Informations- und Unterhaltungselektronik (BR-Drucksache 556/17 S. 3).
Im Interesse einer Verbesserung der Verkehrssicherheit wollte der Verordnungsgeber die Reichweite der Regelung über den bisherigen Bereich der Mobil- und Autotelefone hinaus ausdehnen und eine Benutzung der aufgeführten elektronischen Geräte davon abhängig machen, dass die Hände des Fahrzeugführers während der Fahrt grundsätzlich zur Bewältigung der Fahraufgaben zur Verfügung stehen und dieser - von kurzen eine Blickabwendungen abgesehen - auf das Verkehrsgeschehen konzentriert bleibt (BGH, Beschl. v. 16.12.2020 - 4 StR 526/19).
Richtig ist zwar, dass der Verordnungsgeber sich gegen ein vollständiges Verbot der Nutzung von elektronischen Geräten während der Fahrt entschieden und darauf hingewiesen hat, dass ein solches umfassendes Verbot der Verkehrssicherheit unter Umständen sogar abträglich sein könne, erfasste es doch auch etwa das Hören von Warndurchsagen im Radio. So lag es hier aber nicht. Zwar dient die Informationsgewinnung mit der sich anschließenden Fehlerbehebung der Wiederherstellung der Sicherheit des jeweiligen Fahrzeugs und somit auch der Sicherheit des Straßenverkehrs; während der Dauer des Auslesens ist aber die Gefahr einer Ablenkung ebenso gegeben wie bei der Nutzung anderer elektronischer Geräte. Auch hier ist mehr als nur eine kurze Blickablenkung erforderlich, um die Informationen des Gerätes abzulesen, sie zu erfassen und gegebenenfalls darauf zu reagieren.
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