Immissionen durch einen Windpark
LG Koblenz v. 18.7.2024 - 5 O 53/18
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eigentümer und Bewohner einer Immobilie, die sich in ca. 1,4 km Luftdistanz zum nächstgelegenen Windrad des von der Beklagten zu 2. betriebenen Windparks befindet. Die Beklagte zu 2. hat die Fläche, auf der sich der Windpark befindet, von der Beklagten zu 1. (Ortsgemeinde) gepachtet.
Die Kläger behaupteten, dass von den Windenergieanlagen schädliche Umwelteinwirkungen und unzumutbare Beeinträchtigungen hinsichtlich ihres Eigentums ausgehen würden. Der von der TA-Lärm vorgesehene Lärmwert werde nachts im Bereich ihrer Immobilie überschritten. Zudem trete noch im Bereich ihrer Immobilie von den Windenergieanlagen emittierter Infraschall unterhalb von 8 Hz auf, der als Erschütterung wahrnehmbar sei, in die Innenräume gelange und dort zu verstärkten Schalldruckwerten, Brummgeräuschen sowie Schwingungen führe. Hierauf seien wiederum vermehrter Stress, Beeinträchtigungen des Schlafes und sogar Gesundheitsschäden der Kläger zurückzuführen. Eine weitere Eigentumsbeeinträchtigung gehe von dem nachts durch den Windpark hell erleuchteten Himmel aus.
Die Kläger beantragen, die Beklagte zu 2. zu verurteilen, die durch den Betrieb der Windkraftanlagen verursachten benachteiligenden Wirkungen in den Ruhzeiten von 13:00 Uhr bis 15:00 Uhr sowie in den Ruhezeiten von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr dadurch auszuschließen, dass die Anlagen in den benannten Zeiten abgeschaltet werden und dass ausschließlich in den Fällen, in denen sich bei Dunkelheit tatsächlich Flugzeuge nähern, eine Nachtbeleuchtung der Windkraftanlagen erfolgt. Für den Fall, dass dies technisch oder wirtschaftlich nicht möglich sein sollte und dass auch die Störungen nicht anderweitig beseitigt werden können, fordern sie einen Schadensersatz i.H.v. mindestens 10.000 € von den Beklagten als Gesamtschuldner. Zudem fordern die Kläger für den von ihnen behaupteten Wertverlust ihrer Immobilie von den Beklagten als Gesamtschuldner einen Schadensersatz i.H.v. 21.000 € sowie Schmerzensgeld für die bisher erlittenen Beeinträchtigungen i.H.v. insgesamt 25.500 (17.500 € für den Kläger zu 1. und 8.000 € für die Klägerin zu 2.).
Die Beklagten beantragen Klageabweisung und behaupten, dass der auf das Grundstück der Kläger einwirkende Schall deutlich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte liege. Nachts sei lediglich ein kurzes Aufblinken der Warnleuchten wahrnehmbar, das jedoch nicht belästigend sei. Etwaige Ansprüche der Kläger seien zudem bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Kläger die Genehmigung - was unstreitig war - nicht angefochten haben. Die Beklagte zu 1. könne als bloße Verpächterin ohnehin nicht verantwortliche Störerin und Schädigerin sein.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Es liegen keine wesentlichen Beeinträchtigungen des Eigentums der Kläger im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB vor. Ein gerichtlich in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten hat ergeben, dass die in der TA-Lärm aufgeführten Grenzwerte von 55 dB(A) tagsüber bzw. 40 dB(A) nachts nicht überschritten werden. Der Sachverständige hat hierbei Langzeitmessungen zu mehreren unterschiedlichen Zeiten und unter unterschiedlichen Windbedingungen durchgeführt. Ausweislich des Gutachtens sind die von dem Windpark ausgehenden Geräusche auch nicht als impulshaltig anzusehen, so dass auch auf die gemessenen Lärmwerte kein Zuschlag erfolgen muss.
Dieses Ergebnis deckt sich auch mit dem ursprünglich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens eingeholten Immissionsgutachten. Die durchgeführten Messungen haben auch keine Überschreitung der Grenzwerte tieffrequenter, akustisch nicht wahrnehmbarer Geräuschemissionen (Infraschall) ergeben. Zudem sind die in der Immobilie der Kläger messbaren tieftonalen Geräusche im gleichen Umfange messbar, wenn die Windenergieanlagen abgeschaltet waren, was eigens zur Überprüfung veranlasst wurde.
Die Beleuchtung der Windenergieanlagen ist von den Klägern hinzunehmen, weil diese zum einen unstreitig dem Stand der Technik entspricht und zum anderen erforderlich ist, um Kollisionen, insbesondere mit Luftfahrzeugen, zu vermeiden. Eine wesentliche Einwirkung auf das Eigentum der Kläger ergibt sich hieraus nicht.
Auch wenn die einzelnen Immissionen jeweils für sich alleine betrachtet keine wesentlichen Einwirkungen auf das Eigentum der Kläger ergeben haben, wurde sodann noch geprüft, ob eine relevante Wechselwirkung aller Immissionen im Wege einer Gesamtschau zu einer wesentlichen Beeinträchtigung führt und dies verneint. Insbesondere ist eine von den Klägern behauptete angeblich besonders erdrückende Wirkung bis hin zu einer "Gefängnishofsituation" bereits angesichts der Entfernung zwischen den Windkraftanlagen und dem Grundstück der Kläger auszuschließen. Die Windräder sind zwar aus allen Perspektiven am Horizont gut sichtbar, führen jedoch nicht zu einer "Abriegelung" der Wohnbebauung. Es kann dementsprechend dahinstehen, inwieweit das Rücksichtnahmegebot des öffentlichen Baurechts überhaupt zu berücksichtigen ist.
Da keine wesentlichen Beeinträchtigungen durch den Windpark festzustellen sind, sind somit auch die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld unbegründet. Hinsichtlich der Beklagten zu 1. kommt noch hinzu, dass diese den Windpark nicht selbst betreibt, sie der Beklagten zu 2. die Errichtung und den Betrieb der Anlagen lediglich im Rahmen der pachtweisen Überlassung gestattet hat und dementsprechend grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass der Betrieb durch die Beklagte zu 2. derart ausgestaltet ist, dass eine Verletzung der Rechtsgüter Dritter ausgeschlossen ist. Eine zumindest fahrlässige Mitverursachung einer Eigentums- oder Gesundheitsverletzung der Kläger i.S.d. § 823 I BGB durch die bloße Verpachtung der für den Windpark genutzten Flächen oder ein anschließendes Unterlassen ist jedenfalls ausgeschlossen, solange keine Anhaltspunkte für etwaige Rechtsverletzungen bestehen.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
Sachverständigenbeweis zu Schallimmissionen durch eine Windenergieanlage
OLG Schleswig vom 23.1.2024 - 7 U 77/23
MDR 2024, 637
Aktionsmodul Zivilrecht:
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LG Koblenz online
Die Kläger sind Eigentümer und Bewohner einer Immobilie, die sich in ca. 1,4 km Luftdistanz zum nächstgelegenen Windrad des von der Beklagten zu 2. betriebenen Windparks befindet. Die Beklagte zu 2. hat die Fläche, auf der sich der Windpark befindet, von der Beklagten zu 1. (Ortsgemeinde) gepachtet.
Die Kläger behaupteten, dass von den Windenergieanlagen schädliche Umwelteinwirkungen und unzumutbare Beeinträchtigungen hinsichtlich ihres Eigentums ausgehen würden. Der von der TA-Lärm vorgesehene Lärmwert werde nachts im Bereich ihrer Immobilie überschritten. Zudem trete noch im Bereich ihrer Immobilie von den Windenergieanlagen emittierter Infraschall unterhalb von 8 Hz auf, der als Erschütterung wahrnehmbar sei, in die Innenräume gelange und dort zu verstärkten Schalldruckwerten, Brummgeräuschen sowie Schwingungen führe. Hierauf seien wiederum vermehrter Stress, Beeinträchtigungen des Schlafes und sogar Gesundheitsschäden der Kläger zurückzuführen. Eine weitere Eigentumsbeeinträchtigung gehe von dem nachts durch den Windpark hell erleuchteten Himmel aus.
Die Kläger beantragen, die Beklagte zu 2. zu verurteilen, die durch den Betrieb der Windkraftanlagen verursachten benachteiligenden Wirkungen in den Ruhzeiten von 13:00 Uhr bis 15:00 Uhr sowie in den Ruhezeiten von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr dadurch auszuschließen, dass die Anlagen in den benannten Zeiten abgeschaltet werden und dass ausschließlich in den Fällen, in denen sich bei Dunkelheit tatsächlich Flugzeuge nähern, eine Nachtbeleuchtung der Windkraftanlagen erfolgt. Für den Fall, dass dies technisch oder wirtschaftlich nicht möglich sein sollte und dass auch die Störungen nicht anderweitig beseitigt werden können, fordern sie einen Schadensersatz i.H.v. mindestens 10.000 € von den Beklagten als Gesamtschuldner. Zudem fordern die Kläger für den von ihnen behaupteten Wertverlust ihrer Immobilie von den Beklagten als Gesamtschuldner einen Schadensersatz i.H.v. 21.000 € sowie Schmerzensgeld für die bisher erlittenen Beeinträchtigungen i.H.v. insgesamt 25.500 (17.500 € für den Kläger zu 1. und 8.000 € für die Klägerin zu 2.).
Die Beklagten beantragen Klageabweisung und behaupten, dass der auf das Grundstück der Kläger einwirkende Schall deutlich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte liege. Nachts sei lediglich ein kurzes Aufblinken der Warnleuchten wahrnehmbar, das jedoch nicht belästigend sei. Etwaige Ansprüche der Kläger seien zudem bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Kläger die Genehmigung - was unstreitig war - nicht angefochten haben. Die Beklagte zu 1. könne als bloße Verpächterin ohnehin nicht verantwortliche Störerin und Schädigerin sein.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Es liegen keine wesentlichen Beeinträchtigungen des Eigentums der Kläger im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB vor. Ein gerichtlich in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten hat ergeben, dass die in der TA-Lärm aufgeführten Grenzwerte von 55 dB(A) tagsüber bzw. 40 dB(A) nachts nicht überschritten werden. Der Sachverständige hat hierbei Langzeitmessungen zu mehreren unterschiedlichen Zeiten und unter unterschiedlichen Windbedingungen durchgeführt. Ausweislich des Gutachtens sind die von dem Windpark ausgehenden Geräusche auch nicht als impulshaltig anzusehen, so dass auch auf die gemessenen Lärmwerte kein Zuschlag erfolgen muss.
Dieses Ergebnis deckt sich auch mit dem ursprünglich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens eingeholten Immissionsgutachten. Die durchgeführten Messungen haben auch keine Überschreitung der Grenzwerte tieffrequenter, akustisch nicht wahrnehmbarer Geräuschemissionen (Infraschall) ergeben. Zudem sind die in der Immobilie der Kläger messbaren tieftonalen Geräusche im gleichen Umfange messbar, wenn die Windenergieanlagen abgeschaltet waren, was eigens zur Überprüfung veranlasst wurde.
Die Beleuchtung der Windenergieanlagen ist von den Klägern hinzunehmen, weil diese zum einen unstreitig dem Stand der Technik entspricht und zum anderen erforderlich ist, um Kollisionen, insbesondere mit Luftfahrzeugen, zu vermeiden. Eine wesentliche Einwirkung auf das Eigentum der Kläger ergibt sich hieraus nicht.
Auch wenn die einzelnen Immissionen jeweils für sich alleine betrachtet keine wesentlichen Einwirkungen auf das Eigentum der Kläger ergeben haben, wurde sodann noch geprüft, ob eine relevante Wechselwirkung aller Immissionen im Wege einer Gesamtschau zu einer wesentlichen Beeinträchtigung führt und dies verneint. Insbesondere ist eine von den Klägern behauptete angeblich besonders erdrückende Wirkung bis hin zu einer "Gefängnishofsituation" bereits angesichts der Entfernung zwischen den Windkraftanlagen und dem Grundstück der Kläger auszuschließen. Die Windräder sind zwar aus allen Perspektiven am Horizont gut sichtbar, führen jedoch nicht zu einer "Abriegelung" der Wohnbebauung. Es kann dementsprechend dahinstehen, inwieweit das Rücksichtnahmegebot des öffentlichen Baurechts überhaupt zu berücksichtigen ist.
Da keine wesentlichen Beeinträchtigungen durch den Windpark festzustellen sind, sind somit auch die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld unbegründet. Hinsichtlich der Beklagten zu 1. kommt noch hinzu, dass diese den Windpark nicht selbst betreibt, sie der Beklagten zu 2. die Errichtung und den Betrieb der Anlagen lediglich im Rahmen der pachtweisen Überlassung gestattet hat und dementsprechend grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass der Betrieb durch die Beklagte zu 2. derart ausgestaltet ist, dass eine Verletzung der Rechtsgüter Dritter ausgeschlossen ist. Eine zumindest fahrlässige Mitverursachung einer Eigentums- oder Gesundheitsverletzung der Kläger i.S.d. § 823 I BGB durch die bloße Verpachtung der für den Windpark genutzten Flächen oder ein anschließendes Unterlassen ist jedenfalls ausgeschlossen, solange keine Anhaltspunkte für etwaige Rechtsverletzungen bestehen.
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OLG Schleswig vom 23.1.2024 - 7 U 77/23
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