16.06.2020

Inhaltliche Anforderungen an die Berufungsbegründung bei mehreren Anspruchsgrundlagen

Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.

BGH v. 7.5.2020 - IX ZB 62/18
Der Sachverhalt:
Der Kläger begehrte als Verwalter in einem über das Vermögen einer GmbH eröffneten Insolvenzverfahren von der Beklagten die Rückgewähr einer Zahlung von 50.000 €. Das LG verurteilte die Beklagte unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung antragsgemäß.

Das OLG verwarf die Berufung als unzulässig mangels ordnungsgemäßer Begründung. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde hat nun der BGH wiederum als unzulässig zurückgewiesen.

Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Insbesondere ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nicht erforderlich, denn die Beurteilung des OLG, dass der Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten inhaltlich nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO an eine Berufungsbegründung entspricht, ist nicht zu beanstanden.

Die Berufungsbegründung muss auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen in erster Instanz zu verweisen. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.

Daran gemessen genügt der Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht den Anforderungen an eine Rüge der Rechtsverletzung (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO). Mit dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird nur gerügt, das LG habe verkannt, dass eine Anweisungslage vorliege. Eine Rückforderung komme unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten gegen die Beklagte nicht in Betracht. Im Weiteren wird lediglich dargelegt, dass und warum ein bereicherungsrechtlicher Anspruch gegen die Beklagte nicht bestehe.

Demgegenüber setzt sich der Schriftsatz nicht mit der weiteren Begründung des LG auseinander, dass vorliegend eine Konstellation gegeben sei, die den Kläger zu einer Anfechtung gemäß § 134 InsO berechtige. Mit dieser Begründung hat das LG dem Kläger letztlich den geltend gemachten Anspruch gemäß § 129 Abs. 1, § 134 Abs. 1, § 143 Abs.1 Satz 1 InsO zuerkannt. Zu dieser selbständig tragenden rechtlichen Erwägung des LG verhält sich jedoch der Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht. Ein auch insoweit erforderlicher Berufungsangriff liegt nicht vor.

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