26.11.2024

Installation eines Gedenksteins gestaltet Wohnanlage bei Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsordnung nicht grundlegend um

Eine bauliche Veränderung (hier: Gedenkstein) gestaltet die Wohnanlage nicht grundlegend um, wenn sie mit einer in der Gemeinschaftsordnung enthaltenen spezifischen Vorgabe für die Nutzung und Gestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (hier: Ziergarten) vereinbar ist.

BGH v. 11.10.2024 - V ZR 22/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Die Anlage verfügt im hinteren Außenbereich über einen gemeinschaftlichen Garten. Die Gemeinschaftsordnung regelt insoweit unter der Überschrift "Zweckbestimmung" Folgendes:

"Der gemeinschaftliche Garten ist als Ziergarten angelegt. Er soll zur Schönheit des ganzen Hausgrundstückes beitragen. Darüber hinaus dient er der Erholung, dem Spiel und der Ruhe der Hausbewohner und ihrer Gäste."

In der Eigentümerversammlung vom 18.8.2022 wurde die Aufstellung eines privaten Gedenksteins für den ehemaligen Bewohner der Anlage und zwischenzeitlich verstorbenen Oberbürgermeister der Stadt L. im hinteren Gartenteil beschlossen. Bei dem Gedenkstein handelt es sich um einen von einem Künstler umgestalteten früheren Grabstein mit einer Höhe von 1,20 Meter, einer Breite von 90 cm und einer Tiefe von 35 cm.

Das AG gab der Anfechtungsklage der Klägerin statt und erklärte den Beschluss für ungültig. Das LAG wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Im Ausgangspunkt nimmt das LG zutreffend an, dass es sich bei der Aufstellung des Gedenksteins um eine bauliche Veränderung i.S.v. § 20 Abs. 1 WEG handelt. Für die danach begründete Beschlusskompetenz kommt es, wie der Senat kürzlich geklärt hat, nicht darauf an, ob die bauliche Veränderung (hier: Aufstellung des Gedenksteins) mit den in der Gemeinschaftsordnung niedergelegten Nutzungsvereinbarungen für den jeweiligen Bereich des Gemeinschaftseigentums (hier: Ziergarten) vereinbar ist. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein faktischer Widerspruch zu einer Nutzungsvereinbarung einen Beschluss über eine bauliche Veränderung anfechtbar macht, hat der Senat dabei offengelassen. Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Aus einem Widerspruch zu der Gemeinschaftsordnung kann sich ein Anfechtungsgrund schon deshalb nicht ergeben, weil das LG in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung zu dem Ergebnis kommt, dass der Gedenkstein mit den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung zu Gestaltung und Nutzung des Gartens vereinbar ist.

Rechtsfehlerfrei verneint das LG eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage i.S.v. § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 1 WEG. Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Frage, ob eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage anzunehmen ist, nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entschieden werden. Die Beurteilung ist damit in erster Linie Sache des Tatrichters, der alle in Betracht kommenden Umstände einzubeziehen und eine Gesamtwürdigung vorzunehmen hat. Die revisionsrechtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob das Berufungsgericht den unbestimmten Rechtsbegriff der "grundlegenden Umgestaltung" zutreffend erfasst und ausgelegt sowie alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet hat.

Nach diesem Maßstab ist die Beurteilung des LG schon deshalb nicht zu beanstanden, weil hier eine spezifische Nutzung und Gestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums vereinbart ist, der die bauliche Veränderung entspricht. Vorgaben für die Nutzung und Gestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums in der Gemeinschaftsordnung, die über allgemeine, unspezifische Beschreibungen hinausgehen, regeln, wie das gemeinschaftliche Eigentum beschaffen sein soll. Daraus ergibt sich zugleich, dass mehrheitlich beschlossene bauliche Veränderungen, die solche Vorgaben einhalten, von allen Wohnungseigentümern hingenommen werden müssen. Eine bauliche Veränderung gestaltet die Wohnanlage nicht grundlegend um, wenn sie mit einer in der Gemeinschaftsordnung enthaltenen spezifischen Vorgabe für die Nutzung und Gestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums vereinbar ist. So liegt es hier.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | WEG
§ 20 Bauliche Veränderungen
Hogenschurz in Jennißen, WEG, Kommentar, 8. Auflage
8. Aufl./Lfg. 10.2023

Rechtsprechung
Urteil
BGH vom 19.07.2024 - V ZR 226/23

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