12.09.2023

Kein Anspruch auf bestimmten Operateur bei fehlendem Arztzusatzvertrag

Bei Abschluss eines totalen Krankenhausaufnahmevertrages steht grundsätzlich dem Krankenhausträger das Recht zu, sich für die Behandlung seines gesamten Personals zu bedienen. Will der Patient, der keinen Arztzusatzvertrag geschlossen hat, seine Einwilligung dennoch auf einen bestimmten Operateur beschränken, muss er dies eindeutig zum Ausdruck bringen und ggf. auch beweisen.

OLG Saarbrücken v. 25.8.2023, 1 U 100/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger nahm die Beklagten aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau wegen zweier im Oktober und November 2015 in der Klinik der Beklagten zu 1) durchgeführter Bandscheibenoperationen auf Zahlung von Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden und weiterem Schadensersatz sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für alle materiellen und immateriellen Schäden in Anspruch. Er stützte sein Schadensersatzbegehren auf die wegen fehlender ordnungsgemäßer Aufklärung rechtswidrige Durchführung der beiden Operationen und behauptet Behandlungsfehler im Zusammenhang mit der Durchführung der Operationen und der postoperativen Nachbehandlung nach der ersten Operation.

Der Kläger hat behauptet, die Einwilligung seiner Frau habe sich allein auf eine Operation durch den Beklagten zu 2) persönlich bezogen. Von einem anderen Arzt hätte sie die Operation nicht durchführen lassen. Auch sei sie weder über Behandlungsalternativen noch über die besonderen Risiken im Hinblick auf das Einsetzen des Barricaid-Implantats noch über die Anwesenheit eines Medizinproduktberaters - bei Kenntnis von der Notwendigkeit von dessen Anwesenheit hätte sie keinesfalls in die OP eingewilligt - aufgeklärt worden. Im Übrigen habe die Empfehlung des Einsatzes des Barricaid-Implantats dem Facharztstandard widersprochen und der Beklagte zu 3) sei zu dem Einsatz des Implantats nicht befähigt gewesen. Nach der ersten Operation sei es fehlerhaft versäumt worden, zur Abklärung der starken Schmerzen ein CT einzuholen, auf dem die Implantatfehllage früher erkannt worden wäre.

Das LG hat Klage abgewiesen, weil der Kläger Behandlungsfehler im Zusammenhang mit den Operationen bzw. ihrer Nachbehandlung nicht nachgewiesen habe. Das OLG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Gründe:
Das LG hat zu Recht Schadensersatzansprüche des Klägers aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau aus §§ 280 Abs. 1, 630a, 278, 249, 253 Abs. 2 BGB und aus §§ 823 Abs. 1, 831, 249, 253 Abs. 2 BGB, jeweils i.V.m. § 398 BGB verneint.

Die Durchführung der Erstoperation war weder mangels wirksamer Einwilligung der Ehefrau rechtswidrig noch konnte der Kläger Behandlungsfehler im Zusammenhang mit der Operation mit dem Beweismaß des § 286 ZPO nachweisen. Bei Abschluss eines totalen Krankenhausaufnahmevertrages steht grundsätzlich dem Krankenhausträger das Recht zu, sich für die Behandlung seines gesamten Personals zu bedienen. Will der Patient, der keinen Arztzusatzvertrag geschlossen hat, seine Einwilligung dennoch auf einen bestimmten Operateur beschränken, muss er dies eindeutig zum Ausdruck bringen und ggf. auch beweisen. Über die Anwesenheit eines Medizinprodukteberaters während einer Operation muss der Patient jedenfalls dann nicht aufgeklärt werden, wenn dieser nicht in die Heilbehandlung involviert ist, sondern ihm aufgrund seiner besonderen Sachkenntnis quasi als "lebende Gebrauchsanweisung" lediglich eine das medizinische, insbesondere das die Instrumente anreichende OP-Personal im Hinblick auf die effektive und sichere Handhabung unterstützende Funktion zukommt.

Ohne Erfolg machte der Kläger geltend, dass seine Ehefrau nicht über ernsthaft in Betracht kommende Behandlungsalternativen - hier die konservative Behandlung - aufgeklärt worden war. Denn eine entsprechende Aufklärung war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mehr erforderlich, da die Ehefrau nach eigenem Bekunden bereits eine Vielzahl von konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausprobiert hatte, ohne dass diese eine ausreichende Linderung der Beschwerden erbracht hätten.

Das LG hat auch zutreffend festgestellt, dass nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Beklagte zu 3) bei der Erstoperation die falsche Implantatgröße zur Überdeckung des Defekts ausgewählt hatte. Soweit der Kläger dem entgegengehalten hatte, der vorgelegten Behandlungsdokumentation komme kein Beweiswert zu, da die digitale Dokumentation nicht gegen nachträgliche nicht sichtbare Änderungen geschützt gewesen sei und ihre Echtheit und inhaltliche Richtigkeit bestritten werde, verfing dieser Einwand nicht. Einer nicht den Voraussetzungen des § 630f Abs. 1 BGB entsprechenden elektronischen Dokumentation kommt zwar keine positive Indizwirkung zu, sie ist jedoch als tatsächlicher Umstand vom Gericht kritisch zu würdigen und in seine Überzeugungsbildung einzubeziehen.

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