Kein Aufbrechen: Hausratversicherung muss nach Öffnen einer Pkw-Tür mittels Funksignal nicht zahlen
AG München v. 12.3.2020 - 274 C 7752/19
Der Sachverhalt:
Der Pkw des Klägers kann mittels eines Keyless-Go-Systems über Funk ver- und entriegelt werden. Im Dezember 2018 stellte der Kläger seinen Pkw in Frankfurt a.M. ab und verließ diesen für fünf Minuten. In dieser Zeit wurde ein Pilotenkoffer von einem unbekannten Täter entwendet. An dem Pkw befanden sich danach keine Aufbruchspuren. Der Kläger verständigte umgehend die örtlich zuständige Polizeidienststelle und erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt. Dieses Verfahren wurde eingestellt, da kein Täter ermittelt werden konnte.
Der Vertrag über die Hausratversicherung enthält die Klausel: "Entschädigt werden auch versicherte Sachen, die (...) durch Aufbrechen eines verschlossenen Kraftfahrzeugs entwendet...werden."
Der Kläger trägt vor, dass er den Pkw sicher verschlossen habe. Wahrscheinlich sei der Pkw vom unbekannten Täter durch eine sog. "Relay Attack" entriegelt worden, indem das Keyless-Go-System unbefugt mit einem Funksignal überwunden wurde. Er meint, dass auch eine unbefugte Öffnung des Pkw per Funksignal unter den Begriff "Aufbrechen" falle.
Das AG München wies die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Das vom Kläger vermutete unbefugte Öffnen des Pkw per Funksignal fällt nicht unter die Versicherungsbedingungen der Beklagten. Der Wortlaut des Begriffs "Aufbrechen" ist nach Auffassung des Gerichts eindeutig. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch (und auch der Definition des Duden) umfasst ein entsprechendes Vorgehen die Anwendung von Gewalt. Auch wenn nach Auffassung des Gerichts nicht zwangsläufig eine Beschädigung der Sache erforderlich ist, fällt unter "Aufbrechen" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sicher nicht jedes unbefugte Öffnen mittels Verstärkung eines Funksignals oder Verwendung eines "falschen" Funksignals.
Für die Kosten- und Risikokalkulation der Beklagten ist es zwangsläufig erforderlich, dass der Versicherungsumfang (und damit ihre zu erwartenden Risiken) klar abgegrenzt sind. Es können nicht einfach (später) zusätzliche versicherte Risiken durch Auslegung entgegen eines eindeutigen Wortlauts in den Vertrag aufgenommen werden.
Für eine unterschiedliche Behandlung dieser Fälle spricht auch die Nachprüfbarkeit durch die Beklagte und die Beweislage. Bei dem versicherten gewaltsamen Aufbrechen dürften in der Regel Spuren hinterlassen werden. Im Fall einer elektronischen Überwindung per Funksignal kann die Abgrenzung zum schlichten Vergessen des Absperrens durch den Versicherungsnehmer nur deutlich unsicherer anhand der Angaben des Versicherungsnehmers oder ggf. durch Zeugen erfolgen. Für die Beklagte wäre dies kaum nachprüfbar und es besteht nach Auffassung des Gerichts eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr. Ein Versicherungsnehmer kann damit nicht davon ausgehen, dass auch ein unbefugtes Öffnen des Pkw ohne Anwendung von Gewalt einen Versicherungsfall darstellt.
AG München PM Nr. 46 vom 16.10.2020
Der Pkw des Klägers kann mittels eines Keyless-Go-Systems über Funk ver- und entriegelt werden. Im Dezember 2018 stellte der Kläger seinen Pkw in Frankfurt a.M. ab und verließ diesen für fünf Minuten. In dieser Zeit wurde ein Pilotenkoffer von einem unbekannten Täter entwendet. An dem Pkw befanden sich danach keine Aufbruchspuren. Der Kläger verständigte umgehend die örtlich zuständige Polizeidienststelle und erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt. Dieses Verfahren wurde eingestellt, da kein Täter ermittelt werden konnte.
Der Vertrag über die Hausratversicherung enthält die Klausel: "Entschädigt werden auch versicherte Sachen, die (...) durch Aufbrechen eines verschlossenen Kraftfahrzeugs entwendet...werden."
Der Kläger trägt vor, dass er den Pkw sicher verschlossen habe. Wahrscheinlich sei der Pkw vom unbekannten Täter durch eine sog. "Relay Attack" entriegelt worden, indem das Keyless-Go-System unbefugt mit einem Funksignal überwunden wurde. Er meint, dass auch eine unbefugte Öffnung des Pkw per Funksignal unter den Begriff "Aufbrechen" falle.
Das AG München wies die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Das vom Kläger vermutete unbefugte Öffnen des Pkw per Funksignal fällt nicht unter die Versicherungsbedingungen der Beklagten. Der Wortlaut des Begriffs "Aufbrechen" ist nach Auffassung des Gerichts eindeutig. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch (und auch der Definition des Duden) umfasst ein entsprechendes Vorgehen die Anwendung von Gewalt. Auch wenn nach Auffassung des Gerichts nicht zwangsläufig eine Beschädigung der Sache erforderlich ist, fällt unter "Aufbrechen" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sicher nicht jedes unbefugte Öffnen mittels Verstärkung eines Funksignals oder Verwendung eines "falschen" Funksignals.
Für die Kosten- und Risikokalkulation der Beklagten ist es zwangsläufig erforderlich, dass der Versicherungsumfang (und damit ihre zu erwartenden Risiken) klar abgegrenzt sind. Es können nicht einfach (später) zusätzliche versicherte Risiken durch Auslegung entgegen eines eindeutigen Wortlauts in den Vertrag aufgenommen werden.
Für eine unterschiedliche Behandlung dieser Fälle spricht auch die Nachprüfbarkeit durch die Beklagte und die Beweislage. Bei dem versicherten gewaltsamen Aufbrechen dürften in der Regel Spuren hinterlassen werden. Im Fall einer elektronischen Überwindung per Funksignal kann die Abgrenzung zum schlichten Vergessen des Absperrens durch den Versicherungsnehmer nur deutlich unsicherer anhand der Angaben des Versicherungsnehmers oder ggf. durch Zeugen erfolgen. Für die Beklagte wäre dies kaum nachprüfbar und es besteht nach Auffassung des Gerichts eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr. Ein Versicherungsnehmer kann damit nicht davon ausgehen, dass auch ein unbefugtes Öffnen des Pkw ohne Anwendung von Gewalt einen Versicherungsfall darstellt.