16.08.2021

Kein Dispositionsrecht der Ehegatten bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG

Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG tritt der aus Scheidungs- und Folgesache bestehende Verbund kraft Gesetzes ein, ohne dass die Ehegatten hierüber disponieren können. Der Antrag, eine Folgesache entgegen §§ 137 Abs. 1, 142 Abs. 1 Satz 1 FamFG in einem isolierten Verfahren zu führen, ist daher für die Entstehung des Verbunds unbeachtlich.

BGH v. 21.7.2021 - XII ZB 21/21
Der Sachverhalt:
Der Ehemann hatte mit einem am 11.1.2019 zugestellten Schriftsatz die Scheidung seiner Ehe beantragt. Nach Einholung von Auskünften zum Versorgungsausgleich hat das AG am 12.3.2020 den Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 28.4.2020 bestimmt. Am 14.4.2020 hat die Ehefrau beim AG einen Antrag auf Zahlung nachehelichen Unterhalts gestellt. Nach Hinweis im Verhandlungstermin darauf, dass hinsichtlich dieses Antrags die Zweiwochenfrist des § 137 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FamFG nicht eingehalten sei, hat das AG mit Beschluss vom 5.5.2020 die Ehescheidung ausgesprochen, den Versorgungsausgleich durchgeführt und das Verfahren zum nachehelichen Unterhalt "nach § 145 ZPO" abgetrennt.

Bereits am 21.1.2020 hatte der Ehemann beim AG im Wege eines Stufenantrags "im Rahmen eines isolierten Verfahrens" die Zahlung von Zugewinnausgleich "ab Rechtskraft der Scheidung (...)" geltend gemacht. Die Ehefrau hat den Auskunftsanspruch in dem isoliert geführten Güterrechtsverfahren anerkannt. Daraufhin hat das AG sie ebenfalls mit Beschluss vom 5.5.2020 mit einem Teil-Anerkenntnisbeschluss ihrem Anerkenntnis gemäß zur Auskunftserteilung verpflichtet.

Auf die gegen den Beschluss zu Scheidung, Versorgungsausgleich und Abtrennung des Unterhaltsverfahrens eingelegte Beschwerde der Ehefrau hat das OLG die Entscheidung aufgehoben und die Sache an das AG zurückverwiesen. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Ehemanns blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Das OLG hat die angefochtene Entscheidung zu Recht aufgehoben und die Sache an das AG zurückverwiesen, weil dieses unter Verstoß gegen §§ 137 Abs. 1, 142 Abs. 1 Satz 1 FamFG trotz bestehenden Scheidungsverbunds eine unzulässige Teilentscheidung erlassen hatte.

Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG tritt der aus Scheidungs- und Folgesache bestehende Verbund kraft Gesetzes ein, ohne dass die Ehegatten hierüber disponieren können. Der Antrag, eine Folgesache entgegen §§ 137 Abs. 1, 142 Abs. 1 Satz 1 FamFG in einem isolierten Verfahren zu führen, ist daher für die Entstehung des Verbunds unbeachtlich. Dies entspricht nicht nur der Senatsrechtsprechung zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Es ist auch die - soweit ersichtlich - einhellige Meinung in Rechtsprechung und Literatur.

Der zwingende Charakter der gesetzlichen Regelungen zum Verbund von Scheidungs- und Folgesachen und der sich daraus ergebende Ausschluss der Möglichkeit, eine der von § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG erfassten vermögensrechtlichen Sachen während des laufenden Scheidungsverfahrens außerhalb des Verbunds beim Gericht der Scheidung zu betreiben, ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut sowie der Gesetzessystematik und steht im Einklang mit Sinn und Zweck des Gesetzes. Das vom Ehemann eingeleitete Güterrechtsverfahren ist vom Scheidungsverbund umfasst. Zu keiner anderen Beurteilung führt die von der Rechtsbeschwerde angestellte Überlegung, der Stufenantrag des Ehemanns zum Zugewinnausgleich sei dann, wenn man von einer zwingenden Folgesache ausgehe, wegen der Bedingung, ihn in einem isolierten Verfahren zu führen, unzulässig gewesen und deshalb nicht Bestandteil des Verbunds geworden.
BGH online
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