Keine erleichterte Kündigung bei nur wochenweiser Wohnungsnutzung
LG Hanau v. 15.11.2023 - 2 S 107/22
Der Sachverhalt:
Zwischen der hauptsächlich im Ausland lebenden Klägerin und den beklagten Mietern besteht ein Mietvertrag über eine Wohnung in einem Haus mit nur zwei Wohneinheiten. Die Klägerin selbst nutzt die andere Wohnung nur wochenweise im Jahr. Der Vater der Klägerin hatte noch vor seinem Tod das Mietverhältnis mit Schreiben vom 29.10.2019 gem. § 573a Abs. 1 BGB zum 30.11./1.12.2021 gekündigt. Danach kann der Vermieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom ihm selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen jederzeit ohne Grund beenden. Am 8.4.2021 hat die Klägerin, die nach dem Tod ihres Vaters Vermieterin geworden war, erneut die Kündigung des Mietvertrages nach § 573a Abs. 1 BGB erklärt.
Die Mieter hielten die Kündigung für unwirksam, weil die Vermieterin die andere Wohnung nicht im Sinne der Vorschrift bewohne. Das AG hat die Räumungsklage abgewiesen. Das LG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Klägerin steht gegenüber den Beklagten kein Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung nach § 546 Abs. 1 BGB zu.
Zutreffend ist das AG zunächst davon aus, dass es auf die Wirksamkeit der seitens des Vater der Klägerin nach § 573a BGB ausgesprochenen Kündigung nicht ankam, da dieser vor Ablauf der Kündigungsfrist verstorben war. Somit war der zwingend erforderliche Kündigungsgrund entfallen. Da die Klägerin die Wohnung zuvor nicht mit ihrem Vater gemeinsam bewohnt hatte, konnte die Kündigung des Vaters auch nicht zugunsten der Klägerin fortwirken.
Zudem war auch die seitens der Klägerin am 8.4.2020 ausgesprochenen Kündigung nach § 573a BGB unwirksam. Für die erleichterte Kündigung nach § 573a BGB reicht es nämlich nicht aus, dass der Vermieter die zweite Wohnung in dem Haus lediglich zusätzlich nutzt, selbst, wenn das vereinzelt, wie für das Jahr 2021 behauptet, insgesamt 40 Wochen waren. Vielmehr muss der Vermieter seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung haben. Eine enge Auslegung der Vorschrift ist insbesondere deshalb geboten, weil diese es ermöglicht, den Mietvertrag mit dem ansonsten von dem Gesetz erheblich geschützten Wohnraummieter zu beenden, ohne dass der Mieter eine Pflichtverletzung begangen oder der Vermieter sonst ein besonderes Interesse hieran hat.
Mehr zum Thema:
Kommentierung | BGB
§ 543 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl.
Aufsatz:
Kündigung: Strafanzeige des Mieters gegen den Vermieter
BGH vom 08.08.2023 - VIII ZR 234/22
Keno Zimmer, MietRB 2024, 3
MIETRB0062672
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LG Hanau - Pressemitteilung v. 8.2.2024
Zwischen der hauptsächlich im Ausland lebenden Klägerin und den beklagten Mietern besteht ein Mietvertrag über eine Wohnung in einem Haus mit nur zwei Wohneinheiten. Die Klägerin selbst nutzt die andere Wohnung nur wochenweise im Jahr. Der Vater der Klägerin hatte noch vor seinem Tod das Mietverhältnis mit Schreiben vom 29.10.2019 gem. § 573a Abs. 1 BGB zum 30.11./1.12.2021 gekündigt. Danach kann der Vermieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom ihm selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen jederzeit ohne Grund beenden. Am 8.4.2021 hat die Klägerin, die nach dem Tod ihres Vaters Vermieterin geworden war, erneut die Kündigung des Mietvertrages nach § 573a Abs. 1 BGB erklärt.
Die Mieter hielten die Kündigung für unwirksam, weil die Vermieterin die andere Wohnung nicht im Sinne der Vorschrift bewohne. Das AG hat die Räumungsklage abgewiesen. Das LG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Klägerin steht gegenüber den Beklagten kein Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung nach § 546 Abs. 1 BGB zu.
Zutreffend ist das AG zunächst davon aus, dass es auf die Wirksamkeit der seitens des Vater der Klägerin nach § 573a BGB ausgesprochenen Kündigung nicht ankam, da dieser vor Ablauf der Kündigungsfrist verstorben war. Somit war der zwingend erforderliche Kündigungsgrund entfallen. Da die Klägerin die Wohnung zuvor nicht mit ihrem Vater gemeinsam bewohnt hatte, konnte die Kündigung des Vaters auch nicht zugunsten der Klägerin fortwirken.
Zudem war auch die seitens der Klägerin am 8.4.2020 ausgesprochenen Kündigung nach § 573a BGB unwirksam. Für die erleichterte Kündigung nach § 573a BGB reicht es nämlich nicht aus, dass der Vermieter die zweite Wohnung in dem Haus lediglich zusätzlich nutzt, selbst, wenn das vereinzelt, wie für das Jahr 2021 behauptet, insgesamt 40 Wochen waren. Vielmehr muss der Vermieter seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung haben. Eine enge Auslegung der Vorschrift ist insbesondere deshalb geboten, weil diese es ermöglicht, den Mietvertrag mit dem ansonsten von dem Gesetz erheblich geschützten Wohnraummieter zu beenden, ohne dass der Mieter eine Pflichtverletzung begangen oder der Vermieter sonst ein besonderes Interesse hieran hat.
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