02.12.2024

Keine Unmöglichkeit der Beherbergungsleistung nach Absage einer Messe

Auch wenn die Veranstaltung einer Messe als Anlass einer Hotelbuchung aus einem Hotelbeherbergungsvertrag ersichtlich ist, hat dies regelmäßig nicht zur Folge, dass die Durchführung der Messe derart Vertragsinhalt wird, dass der Hotelbetreiber seine vertraglichen Pflichten nur unter der Voraussetzung einer tatsächlichen Durchführung der Messe erfüllen kann. Vereinbaren die Parteien eines Beherbergungsvertrags nach pandemiebedingter Absage einer Messe einen neuen Buchungszeitraum für den verlegten Messetermin, so trägt in der Regel der Gast das Risiko einer erneuten Absage der Messe.

OLG Celle v. 15.11.2024 - 5 U 198/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin begehrte von der Beklagten Rückerstattung einer hälftigen Anzahlung für eine Hotelbuchung anlässlich einer Messe. Die ursprüngliche Buchung der Klägerin für die Messe betraf den Zeitraum 17. bis 20.11.2020. Da die Messe wegen der Corona-Pandemie auf den Zeitraum 9. bis 12.2.2021 verschoben worden war, vereinbarten die Parteien im Juli 2020 die Umbuchung der Zimmer auf den neuen Zeitraum, verbunden mit der Pflicht der Klägerin, vorab 50 % des Gesamtrechnungsbetrages an die Beklagte zu überweisen. Dem kam die Klägerin auch nach. Letztlich wurde die Messe auch im Februar 2021 nicht in Präsenz, sondern lediglich digital durchgeführt, sodass die Klägerin die gebuchten Zimmer nicht nutzte.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Gründe:
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Rückerstattung der Anzahlung für die Hotelbuchung i.H.v. 6.197,50 € zu. Ein solcher Anspruch ergab sich insbesondere nicht aus §§ 326 Abs.1, Abs. 4, 346 Abs.1 BGB. Der Beklagten war die Beherbergungsleistung nicht aus Rechtsgründen unmöglich geworden.

Auch wenn die Veranstaltung einer Messe als Anlass einer Hotelbuchung aus einem Hotelbeherbergungsvertrag ersichtlich ist, hat dies regelmäßig nicht zur Folge, dass die Durchführung der Messe derart Vertragsinhalt wird, dass der Hotelbetreiber seine vertraglichen Pflichten nur unter der Voraussetzung einer tatsächlichen Durchführung der Messe erfüllen kann. Ob dem Hotelbetreiber die Beherbergungsleistung aus rechtlichen Gründen unmöglich wird, weil nach den im vereinbarten Beherbergungszeitraum geltenden Bestimmungen der Nds. Corona-VO Übernachtungsdienstleistungen zu touristischen Zwecken untersagt und nur zu notwendigen Zwecken gestattet waren, ist an dem ursprünglich vereinbarten Zweck der Buchung zu orientieren, nicht hingegen daran, welchem - anderen - Zweck die Übernachtung nach Absage der Messe tatsächlich hätte dienen können.

Aus den vorstehenden Gründen ergab sich ein Anspruch der Klägerin auch nicht aus §§ 543 Abs. 1, 812 Abs. 1 Satz 2 Var.1 BGB. Vereinbaren die Parteien eines Beherbergungsvertrags nach pandemiebedingter Absage einer Messe einen neuen Buchungszeitraum für den verlegten Messetermin, so trägt in der Regel der Gast das Risiko einer erneuten Absage der Messe. Im Ergebnis kann der Senat sogar dahingestellt bleiben lassen, ob im konkreten Fall zumindest ein Anspruch der Klägerin auf Vertragsanpassung gem. § 313 Abs. 1 BGB bestand. Eine solche hätte angesichts der grundsätzlichen Risikoverteilung des Vertrags jedenfalls nicht zum Gegenstand, dass die Klägerin das Beherbergungsentgelt überhaupt nicht zu entrichten hätte. Vielmehr hat der Senat in Fällen, in denen eine (erstmalige) pandemiebedingte Absage einer Messe zur Zwecklosigkeit einer Hotelbuchung geführt hat, im Regelfall eine hälftige Aufteilung des Beherbergungsentgelts angenommen (Senat, Urt. v. 30.8.2024 - 5 U 202/22 und v. 24.10.2024, 5 U 197/22).

Allein der Umstand, dass sich der BGH noch nicht ausdrücklich mit der - in diesem Rechtsstreit zugespitzten - Frage befasst hat, ob nach Wegfall des ursprünglichen Buchungszwecks eine Geschäftsreise "sinnlos" geworden ist und deswegen die rechtliche Unmöglichkeit der Beherbergungsleistung an einem neuen, den veränderten tatsächlichen Umständen angepassten, von den Parteien aber nicht vereinbarten Vertragszweck zu orientieren wäre, rechtfertigt die Zulassung der Revision - etwa zur Fortbildung des Rechts - nicht.

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