23.03.2022

Kündigung einer Mietwohnung bei unpünktlichen Zahlungseingängen

Eine fortdauernde Zahlungsunpünktlichkeit kann als Ausdruck mangelnder Zahlungswilligkeit und -fähigkeit durchaus geeignet sein, die vertragliche Vertrauensgrundlage schwer zu erschüttern. Wegen der Warnfunktion der Abmahnung kommt dem Verhalten des Mieters nach deren Erhalt auf jeden Fall eine hervorgehobene Bedeutung zu.

AG Hamburg v. 25.2.2022 - 48 C 304/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Januar 2016 Vermieterin der Beklagten. Nach § 4 Nr. 1 des Mietvertragsformulars ist die Miete monatlich im Voraus, spätestens am 3. Werktag des Monats an den Vermieter zu zahlen. Nach der mietvertraglichen Regelung kommt es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung nicht auf die Absendung, sondern auf die Ankunft des Geldes an. Das Zahlungsverhalten der Beklagten war über einen längeren Zeitraum, namentlich von ca. 11 Monaten, von regelmäßiger und anhaltender Unpünktlichkeit gekennzeichnet. Ab Mai 2020 ging praktisch keine Mietzahlung pünktlich ein. Mit Schreiben vom 2.4.2021 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen Zahlungsverzugs und verspäteter Mietzahlungen ab und drohte die Kündigung des Mietverhältnisses an. In der Folgezeit kam es nur noch einmal, im Oktober 2021 zu einer verspäteten Zahlung.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 9.11.2021 ließ die Klägerin gegenüber der Beklagten das Mietverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich fristgemäß kündigen und forderte die Beklagte zur Herausgabe der Wohnung auf. Die Kündigung wurde mit dem Zahlungsverhalten der Beklagten trotz Erhalt der Abmahnung, insbesondere mit der bis dahin nicht gezahlten Oktobermiete begründet. Mit der Klageschrift vom 22.11.2021 sowie im Schriftsatz vom 27.1.2022 ließ die Klägerin erneut Kündigungen des Mietverhältnisses aussprechen. Die Klageschrift und der Schriftsatz wurden bei Gericht per beA eingereicht und der Beklagten per Post zugestellt.

Das AG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis wurde durch die mit Schreiben vom 9.11.2021 ausgesprochene Kündigung nicht beendet. Ein nach § 543 Abs. 1 BGB zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigender wichtiger Grund liegt hinsichtlich des Zahlungsverhaltens der Beklagten nicht vor.

Zwar kann eine fortdauernde Zahlungsunpünktlichkeit als Ausdruck mangelnder Zahlungswilligkeit und -fähigkeit geeignet sein, die vertragliche Vertrauensgrundlage schwer zu erschüttern. Erforderlich ist dabei, dass die Zahlungsunpünktlichkeit einen längeren Zeitraum umfasst, mögen die unpünktlichen Mietzahlungen auch teilweise vor und teilweise nach der gem. § 543 Abs. 3 BGB erforderlichen Abmahnung liegen. Die rechtliche Bewertung erfordert eine Gesamtabwägung, welche u.a. die Anzahl der Verspätungen, die betroffenen Zeiträume, die zwischen den Verspätungen liegenden Zeiträume, die Höhe der (kumulierten) verspäteten Beträge, eine dem Mieter bekannte besondere Angewiesenheit der Vermieterpartei auf pünktliche Zahlungseingänge und den bisherigen Verlauf des Mietverhältnisses berücksichtigt. Dabei kommt wegen der Warnfunktion der Abmahnung dem Verhalten des Mieters nach deren Erhalt hervorgehobene Bedeutung zu. Bei der Abwägung zu berücksichtigen ist ebenfalls das von Art. 14 GG geschützte Recht des Mieters, seinen Lebensmittelpunkt und schutzwürdigen Rückzugsraum nicht zu verlieren.

Nach diesem Maßstab trägt das Zahlungsverhalten der Beklagten die Annahme eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grundes nicht. Das Zahlungsverhalten der Beklagten vor Ausspruch der Abmahnung war zwar über einen längeren Zeitraum, namentlich von ca. 11 Monaten, von regelmäßiger und anhaltender Unpünktlichkeit gekennzeichnet. Jedoch ist auch festzustellen, dass die Zahlungen zumeist in zeitlichem Zusammenhang mit deren Fälligkeit nachgeholt wurden. Nur vereinzelt blieben Zahlungen über Monate aus. Letztlich wurden sämtliche Beträge stets restlos beglichen. Entscheidend gegen die Annahme eines wichtigen Grundes spricht überdies, dass nach der Abmahnung vom 2.4.2021, von deren Eintreffen bei der Beklagten entsprechend § 270 S. 2 ZPO am 6.4.2021 auszugehen ist, die Beklagte eine sofortige Besserung ihres Zahlungsverhaltens für geraume Zeit erkennen ließ.

Auch die mit der Klageschrift und dem weiteren Schriftsatz ausgesprochenen Kündigungen vermochten das Mietverhältnis nicht zu beenden. Denn diese genügten jedenfalls weder der nach § 568 Abs. 1 BGB einzuhaltenden Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB) noch der gem. § 126 Abs. 3 BGB ersatzweise zulässigen elektronischen Form (§ 126a Abs. 1 BGB). Bei elektronischer Einreichung eines mit gültiger Signatur des Absenders versehenen Schriftsatzes bei Gericht und Übermittlung dieses Schriftsatzes durch das Gericht an einen dritten Empfänger (hier: Postzustellung) wird die elektronische Form im Verhältnis zwischen Absender und Empfänger nicht eingehalten. Denn die Legitimationswirkung der Absendersignatur besteht in diesem Fall nur gegenüber dem Gericht.

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