Leasinggeber muss die ihm aus einem Schadensfall zustehenden Entschädigungsleistungen eines Versicherers dem Leasingnehmer zugutekommen lassen
BGH v. 22.9.2020 - VIII ZR 48/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Leasinggesellschaft, die Beklagte eine freiberufliche Rechtsanwältin. Im Juli 2012 schlossen die Parteien einen Leasingvertrag mit einer Laufzeit von drei Jahren über einen Pkw, den die Beklagte für ihre Anwaltskanzlei nutzen wollte. Der Restwert war mit rd. 56.0000 € netto vereinbart. Am 13.10.2013 kam es zu einem (ersten) Unfall der Beklagten mit dem Leasingfahrzeug. Nach der Reparatur verblieb ein merkantiler Minderwert i.H.v. 5.500 €, den der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners Anfang 2014 an die Klägerin auszahlte. Am 1.5.2015 kam es zu einem weiteren Unfall, nach dem sich der Restwert des Fahrzeugs noch auf rd. 38.700 € netto belief. Zu diesem Preis wurde das Fahrzeug an einen von der Beklagten benannten Restwertankäufer veräußert. Aus dem zweiten Unfall hat die Klägerin Zahlungen der Versicherung auf den Fahrzeugschaden nicht erhalten.
Im Juli 2015 teilte die Klägerin - noch in Unkenntnis des zweiten Unfalls - der Beklagten mit, dass angesichts des nahen Vertragsendes (31.7.2015) zum 1.8.2015 die offenen Leasingraten für die Monate Juni und Juli 2015 und der vereinbarte Restwert des Fahrzeugs abzüglich des für den Minderwert erhaltenen Betrags zu zahlen seien. Mit der vorliegenden Klage nahm die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von rd. 22.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem vereinbarten Restwert des Fahrzeugs i.H.v. rd. 56.000 € abzgl. des von dem Restwertankäufer gezahlten Kaufpreises von rd. 38.700 € - mithin rd. 17.300 € (netto) -, den noch offenen Leasingraten für die Monate Juni und Juli 2015 in einer Gesamthöhe von rd. 4.800 € (brutto) sowie berechneten Zinsen i.H.v. rd. 350 €. Der als merkantiler Minderwert aus dem ersten Unfall erhaltene Betrag von 5.500 € ist dabei nicht mehr angerechnet.
LG und OLG gaben der Klage - unter deren Abweisung im Übrigen - i.H.v. rd. 22.200 € (nebst Zinsen) - mithin ohne Anrechnung des merkantilen Minderwerts zugunsten der Beklagten - statt, i.H.v. rd. 17.300 € jedoch nur Zug um Zug gegen Rückabtretung der aus dem zweiten Unfallereignis resultierenden Versicherungsforderungen. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als i.H.v. 5.500 € nebst Zinsen zu deren Nachteil entschieden worden ist, und änderte das Urteil des LG insoweit ab, als dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin rd. 16.700 € - hinsichtlich eines Betrags von rd. 11.900 € jedoch nur Zug um Zug gegen Rückabtretung der aus dem Versicherungsverhältnis für den Pkw wegen des Schadensereignisses vom 1.5.2015 resultierenden Ansprüche - zu zahlen.
Die Gründe:
Die von der Klägerin i.H.v. rd. 17.300 € geltend gemachte Forderung auf Ausgleich des Restwerts ist in Höhe des in der Revisionsinstanz noch im Streit befindlichen Betrags von 5.500 € unbegründet. Denn die Klägerin hat in dieser Höhe mit Rücksicht auf den nach dem ersten Unfall verbleibenden merkantilen Minderwert des Fahrzeugs eine Zahlung der Versicherung erhalten, die ihre Ausgleichforderung entsprechend mindert.
Der Leasinggeber ist verpflichtet, die ihm aus einem Schadensfall zustehenden Entschädigungsleistungen eines Versicherers dem Leasingnehmer zugutekommen zu lassen, indem er sie für die Reparatur oder Wiederbeschaffung des Fahrzeugs verwendet oder diese bei Vertragsende auf den Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruch anrechnet. Eine Zahlung, die der Leasinggeber als Minderwertausgleich von dem Haftpflichtversicherer erhalten hat, mindert deshalb dessen Anspruch auf Restwertausgleich.
Dies gilt unabhängig davon, ob der Leasinggeber von einem vertraglich vereinbarten Andienungsrecht Gebrauch macht oder das Fahrzeug verwertet. Denn auch mit dem Andienungsrecht soll lediglich sichergestellt werden, dass der Leasinggeber bei Vertragsende den als Restwert vereinbarten und vom Leasingnehmer garantierten Betrag erhält. Das im Leasingvertrag vorgesehene Andienungsrecht setzt (selbstverständlich) voraus, dass dem Leasingnehmer Versicherungsleistungen, die der Leasinggeber erhalten hat, zugute gebracht werden, nämlich entweder durch Verwendung auf das Fahrzeug (Reparatur) oder bei einer zum Minderwertausgleich erbrachten Zahlung durch Minderung des nach erfolgter Andienung zu zahlenden Kaufpreises.
Es kann deshalb dahinstehen, ob das OLG in dem Schreiben der Klägerin vom 14.7.2015, in dem lediglich von einem Restwertausgleich, nicht aber von einer Andienung oder Übereignung des Fahrzeugs an die Beklagte die Rede ist, zu Recht eine Ausübung des Andienungsrechts gesehen hat. Denn auch bei einer Andienung hat der Leasinggeber die als Minderwertausgleich erhaltene Versicherungsleistung anzurechnen, so wie es die Klägerin im Übrigen in ihrem vom OLG als Ausübung des Andienungsrechts gewerteten Schreiben vom 14.7.2015 auch selbst vorgesehen hatte.
BGH online
Die Klägerin ist eine Leasinggesellschaft, die Beklagte eine freiberufliche Rechtsanwältin. Im Juli 2012 schlossen die Parteien einen Leasingvertrag mit einer Laufzeit von drei Jahren über einen Pkw, den die Beklagte für ihre Anwaltskanzlei nutzen wollte. Der Restwert war mit rd. 56.0000 € netto vereinbart. Am 13.10.2013 kam es zu einem (ersten) Unfall der Beklagten mit dem Leasingfahrzeug. Nach der Reparatur verblieb ein merkantiler Minderwert i.H.v. 5.500 €, den der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners Anfang 2014 an die Klägerin auszahlte. Am 1.5.2015 kam es zu einem weiteren Unfall, nach dem sich der Restwert des Fahrzeugs noch auf rd. 38.700 € netto belief. Zu diesem Preis wurde das Fahrzeug an einen von der Beklagten benannten Restwertankäufer veräußert. Aus dem zweiten Unfall hat die Klägerin Zahlungen der Versicherung auf den Fahrzeugschaden nicht erhalten.
Im Juli 2015 teilte die Klägerin - noch in Unkenntnis des zweiten Unfalls - der Beklagten mit, dass angesichts des nahen Vertragsendes (31.7.2015) zum 1.8.2015 die offenen Leasingraten für die Monate Juni und Juli 2015 und der vereinbarte Restwert des Fahrzeugs abzüglich des für den Minderwert erhaltenen Betrags zu zahlen seien. Mit der vorliegenden Klage nahm die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von rd. 22.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem vereinbarten Restwert des Fahrzeugs i.H.v. rd. 56.000 € abzgl. des von dem Restwertankäufer gezahlten Kaufpreises von rd. 38.700 € - mithin rd. 17.300 € (netto) -, den noch offenen Leasingraten für die Monate Juni und Juli 2015 in einer Gesamthöhe von rd. 4.800 € (brutto) sowie berechneten Zinsen i.H.v. rd. 350 €. Der als merkantiler Minderwert aus dem ersten Unfall erhaltene Betrag von 5.500 € ist dabei nicht mehr angerechnet.
LG und OLG gaben der Klage - unter deren Abweisung im Übrigen - i.H.v. rd. 22.200 € (nebst Zinsen) - mithin ohne Anrechnung des merkantilen Minderwerts zugunsten der Beklagten - statt, i.H.v. rd. 17.300 € jedoch nur Zug um Zug gegen Rückabtretung der aus dem zweiten Unfallereignis resultierenden Versicherungsforderungen. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als i.H.v. 5.500 € nebst Zinsen zu deren Nachteil entschieden worden ist, und änderte das Urteil des LG insoweit ab, als dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin rd. 16.700 € - hinsichtlich eines Betrags von rd. 11.900 € jedoch nur Zug um Zug gegen Rückabtretung der aus dem Versicherungsverhältnis für den Pkw wegen des Schadensereignisses vom 1.5.2015 resultierenden Ansprüche - zu zahlen.
Die Gründe:
Die von der Klägerin i.H.v. rd. 17.300 € geltend gemachte Forderung auf Ausgleich des Restwerts ist in Höhe des in der Revisionsinstanz noch im Streit befindlichen Betrags von 5.500 € unbegründet. Denn die Klägerin hat in dieser Höhe mit Rücksicht auf den nach dem ersten Unfall verbleibenden merkantilen Minderwert des Fahrzeugs eine Zahlung der Versicherung erhalten, die ihre Ausgleichforderung entsprechend mindert.
Der Leasinggeber ist verpflichtet, die ihm aus einem Schadensfall zustehenden Entschädigungsleistungen eines Versicherers dem Leasingnehmer zugutekommen zu lassen, indem er sie für die Reparatur oder Wiederbeschaffung des Fahrzeugs verwendet oder diese bei Vertragsende auf den Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruch anrechnet. Eine Zahlung, die der Leasinggeber als Minderwertausgleich von dem Haftpflichtversicherer erhalten hat, mindert deshalb dessen Anspruch auf Restwertausgleich.
Dies gilt unabhängig davon, ob der Leasinggeber von einem vertraglich vereinbarten Andienungsrecht Gebrauch macht oder das Fahrzeug verwertet. Denn auch mit dem Andienungsrecht soll lediglich sichergestellt werden, dass der Leasinggeber bei Vertragsende den als Restwert vereinbarten und vom Leasingnehmer garantierten Betrag erhält. Das im Leasingvertrag vorgesehene Andienungsrecht setzt (selbstverständlich) voraus, dass dem Leasingnehmer Versicherungsleistungen, die der Leasinggeber erhalten hat, zugute gebracht werden, nämlich entweder durch Verwendung auf das Fahrzeug (Reparatur) oder bei einer zum Minderwertausgleich erbrachten Zahlung durch Minderung des nach erfolgter Andienung zu zahlenden Kaufpreises.
Es kann deshalb dahinstehen, ob das OLG in dem Schreiben der Klägerin vom 14.7.2015, in dem lediglich von einem Restwertausgleich, nicht aber von einer Andienung oder Übereignung des Fahrzeugs an die Beklagte die Rede ist, zu Recht eine Ausübung des Andienungsrechts gesehen hat. Denn auch bei einer Andienung hat der Leasinggeber die als Minderwertausgleich erhaltene Versicherungsleistung anzurechnen, so wie es die Klägerin im Übrigen in ihrem vom OLG als Ausübung des Andienungsrechts gewerteten Schreiben vom 14.7.2015 auch selbst vorgesehen hatte.